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Filmausschnitt aus: Die böse Mutter
Quelle: GoEast©

Filme | »Hair« + »Die böse Mutter«

Das. Eigene. Leben.

22.04. | GoEast-Tagestipp von Stefan Adrian

Der preisgekrönte Debütfilm der georgischen Regisseurin Ana Urushadze, »Die böse Mutter« entfesselt an unserem Festivalsonntag einen archaischen Kampf zwischen Freiheit und Ordnung. Manana lebt mit ihrer Familie in einem riesigen Wohnkomplex. Doch anstatt sich um ihre Familie oder ihr Äußeres zu kümmern, zieht sie sich mehr und mehr in ihr Zimmer zurück und schreibt wie besessen an ihrem ersten Roman. Als Manana ihrer Familie eines Tages den lang erarbeiteten Text vorliest, platzt die Bombe: allen Ekel, alle Perversion ihrer eigenen Lebensverhältnisse porträtiert sie darin. »Die böse Mutter« entwirft einen verstörenden, teils surrealen Horrortrip und erzählt darin vom Dilemma zwischen Selbstverwirklichung und Alltag und von der gefährlichen Grenze zwischen Genie und Wahnsinn. Die herausragende Bildkomposition und das vielschichtige Sounddesign machen den Film zu einem außergewöhnlichen Seherlebnis. Ich muss aber heute unbedingt noch einen weiteren Film erwähnen. Um den kürzlich verstorbenen tschechischen Altmeister Miloš Forman zu ehren, haben wir sein Musical »Hair« spontan ins Programm genommen. Wie bei den besten Filmmusicals der Fünfziger (»Singin’ in the Rain«) und Sechziger (»A Hard Day’s Night«) jagt bei »Hair« eine Nummer die nächste und reißt das Publikum mit. Claude, ein Farmerjunge aus Oklahoma, glaubt an Gott, und er glaubt, dass Gott ihn glaubt. Er kommt als Patriot nach New York, um sich zum Militäreinsatz im Vietnamkrieg zu melden. Im Central Park trifft er auf eine Gruppe von Hippies, erfährt Freiheit, Drogen und trifft seine erste Liebe Sheila. Nach und nach hört er auf, an die Sachen zu glauben, die er bisher als richtig empfand. Diese Antikriegsparabel voller Hippieliebe, psychodelischer Fantasien und herausragender Musik fand ihren Ursprung in einem Jahrzehnt, als die Revolte zu Ende der 60er Jahre noch keine nostalgische Erinnerung war. Zwei Filme, ein großes Thema: der Konflikt zwischen dem Individuum und einer Gesellschaft, die Anpassung und Gehorsam fordert (Stefan Adrian).