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Klimts Werke als begehbare Projektionen
Quelle: Atelier des Lumières©

Lettre de Paris (lys.)

Klimt digital in Paris

Ausleuchtung statt Ausstellung

Es ist die derzeit angesagteste und wohl zugleich gewöhnlichste Ausstellung in Paris: Gustav Klimt – einmal ganz anders als digitale Projektion – im »Atelier des Lumières« in der Rue Saint Maur im 11. Arrondissement. Dorthin kommen Touristen normalerweise nur, um den berühmten VIP-Friedhof Père Lachaise zu besuchen. Doch jetzt stehen Tag für Tag Menschen Schlange vor den Kassen, an denen man die nicht ganz billigen Tickets kaufen kann. Die gegenüber wohnenden Nachbarn sind überrascht, die Betreiber der umliegenden Läden und Restaurants beglückt. Ursprünglich wollten die Ausstellungsmacher der privat organisierten digitalen Show bis Mitte November 300.000 Besucher anlocken. Doch nun sind schon in den ersten vier Wochen seit Mitte April mehr als 150.000 Menschen gekommen. Zuweilen waren es 7.000 pro Tag.

Es ist eine ungewöhnliche Schau, auf die nicht nur die französischen Medien aufmerksam machen. Auch die Mundpropaganda funktioniert, denn die auf die Wände der 3.000 Quadratmeter großen ehemaligen Eisengießerei projizierten riesigen Bilder Klimts beeindrucken – und begeistern sogar. Die Meinungen gehen allerdings auseinander. Nicht wenige Kunstexperten sprechen von »Disneyland« oder gar von »ekelhaftem Kitsch«. Doch ob die stark vergrößerten Reproduktionen von Klimts Werken, die von 140 Beamern auf die Wände und sogar auf den Boden gestrahlt werden, nun Kunst oder Kitsch sind, ist sicher auch Geschmacks- oder zumindest Ansichtssache. Günstig ist die Schau auf jeden Fall nicht. 14,50 Euro kostet der Eintritt für Erwachsene, 9,50 Euro für unter 25-Jährige, nur für Kinder unter fünf Jahren ist sie kostenlos. Das Atelier des Lumières will damit Menschen anziehen, die sonst nicht ins Museum gehen. Kleinen Kindern könnte der Aufenthalt in dem oft dunklen Raum etwas Angst machen, aber ganz sicher ist der Besuch der digitalen Show unterhaltsamer als der in vielen traditionellen Museen. Oder zumindest anders. Fast alle Besucher machen Fotos oder Videos mit ihren Smartphones. Und da es nicht viele Bänke gibt, sitzen viele Leute sogar auf dem Boden. Übrigens kann man die Rue Saint Maur von der Bastille oder der Place de la République aus gut zu Fuß erreichen und macht so einen interessanten Spaziergang durch eine bei Franzosen selbst sehr beliebte Gegend ihrer Hauptstadt (lys.).