Wohnen [4] | Die neuen Hochhäuser

Statt Büros: Bäume und Bewohner

Wohnliche Wohnhochhäuser. Auch für weniger Betuchte

»Häuser sind zum Wohnen da«, sagte einst der Frankfurter und europäische Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit. Und er meinte damit, dass Wohnraum wichtiger sei als Büroraum. Und dass Wohnhäuser nicht nur praktisch und funktional, sondern auch schön und angenehm sein sollten. Heute könnte man seinen Satz leicht abwandeln und sagen: (Auch) Hochhäuser sind zum Wohnen da. Weltweit geht in den immer stärker urbanen und verdichteten Zentren der Trend zum Hochhaus als Wohnhaus. Und zwar zunehmend auch mit Stil und Grün sowie für Menschen mit nicht so großem Geldbeutel. Trends, welche in den letzten Jahren auch der seit 2008 in Frankfurt verliehene Internationale Hochhauspreis (IHP) der Stadt, des Architektur-Museums und der Deka-Bank spiegelt.

Im Jahr 2016 etwa waren unter den fünf Finalisten für den Preis vier Wohnhochhäuser. Sieger wurde schließlich der VIA 57 West, ein mitten in New York wie eine Pyramide eingerichteter »Courtscraper«. Der Name bezeichnet die Höhe eines Skyscrapers mit der ungewöhnlichen Umbauung eines Innenhofes (engl. court). Besonders an diesem Bau: Ein Teil der Wohnungen ist auch weniger wohlhabenden Bewohnern vorbehalten. Den zweiten zentralen Trend spiegelte der Preisträger 2014. »Bosco Vertikale / Vertikaler Wald« nannten die Mailänder Architekten von Boeri Studios ihren Versuch, ein scheinbar völlig begrüntes Wohnhochhaus mit Blick über die norditalienische Metropole zu schaffen. Allerdings – das muss man deutlich feststellen und belegen auch diese beiden Häuser – sind in den USA und in Europa Wohnhochhäuser doch vor allem ein Privileg reicherer Bevölkerungsschichten …

Trendsetter in Sachen Wohnhochhäuser – und zwar weit über das Bauen für Reiche hinaus – sind allerdings die rasant wachsenden Megastädte Asiens, allen voran das wohlhabende Singapur. Angesichts ihrer begrenzten Fläche als Stadtstaat musste die kleine Republik in Südostasien schon immer kreativ mit dem Raum umgehen. Begünstigt durch den Wirtschaftsboom in der Region hatten schon die Gründerväter die Vision einer Wohnstadt im Grünen, die mehrheitlich ihren Bewohnern gehört. Staatlich gefördert leben heute 80 bis 90 Prozent der Einwohner im Eigentum – wohl einmalig weltweit. Und dies gilt für (fast) alle Einkommensklassen. Da allerdings der Raum eben begrenzt ist, musste das grüne Bauen in Singapur in der Vertikale stattfinden. Mit teilweise ganz bemerkenswerten Ergebnissen. Unter den fünf IHP-Finalisten des Jahres 2016 waren zwei Baukomplexe aus Singapur – und jeder für sich ein eigenes mehr oder minder grünes Dorf … (vss.).