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Dicke Luft über Europa

Lebenswertere Städte durch weniger Autos

Weltweit atmen 90 Prozent der Stadtmenschen mit Feinstaub belastete Luft. In New Delhi, der Stadt mit der schlechtesten Luft überhaupt, überschreitet der Feinstaubanteil an manchen Tagen die laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) zulässigen Grenzwerte bereits um das 100-fache. Asien steht im Fokus dieser Umweltkatastrophe. »Airpokalypse« oder »asiatische braune Wolke« nennen Wissenschaftler die gewaltige Verschmutzung in und über Chinas und Indiens Millionenstädten. Verantwortlich sind vor allem Industrie- und Autoabgase. Abgase, die Menschen töten, Krankheiten fördern und immer mehr Leben verkürzen. Weltweit sterben pro Jahr sieben Millionen Menschen an den Folgen der Feinstaubbelastung. Bei Erwachsenen steigt die Zahl der Krebserkrankungen drastisch, Kinder leiden immer häufiger an Asthma.

Doch die »Airpokalypse« ist längst kein asiatisches Problem mehr. Seit vielen Jahren bereits gibt es dieses Phänomen auch in Europa, lediglich mit kleineren braunen Wolken. »Europas dicke Luft« heißt die Reportage von Claus Schenk, welche genau darauf eingeht und sich den immer gefährlicheren Folgen der Industrie- und vor allem der Autoabgase über den Städten widmet. Und damit zugleich die Frage nach der Zukunft des Autos in den Mittelpunkt der Frage nach lebenswerteren Städten stellt. In der Tat sind Autos mittlerweile in manchen Metropolen fast zu einer Art »Krebsgeschwür« geworden. In Paris etwa schlängeln sich jeden Tag eine Million Exemplare durch die Stadt. Die blanke Zahl und die schlechte Luft über der Stadt machen denn auch deutlich, dass viele aktuelle Diskussionen zu kurz greifen. »Es geht nicht um Diesel gegen Benziner, sondern um die Frage, welche Art von Mobilität wir wollen«, sagt etwas Karine Léger vom französischen Umweltministerium. Paris setzt deshalb auf Umweltzonen, mehr Busse und mehr Fahrräder, um den Autoverkehr generell zu verringern. Andere Stadt, gleiches Problem: London. In der britischen Hauptstadt schildert eine Umweltaktivistin das Problem am eigenen Leib: »Wir haben eine Gesundheitskrise. Die hohen Schadstoffwerte finden sich in der gesamten Stadt, schädigen die Gesundheit aller. Auch ich bin betroffen. Ich leide unter Asthma. Bei hohen Feinstaubwerten muss ich mich mehr drinnen als draußen aufhalten«.  Aber es gehe ihr mit ihrem Protest gar nicht um sich, sondern um Babys, Kinder und Senioren, »die Schwachen unserer Stadt«. Asthma verschlimmere sich, es könne zu Schlaganfällen und Herzinfarkten kommen. Menschen würden häufiger in die Notaufnahmen der Krankenhäuser eingeliefert. »Das«, so die Aktivistin. »ist gefährlich und letztlich auch illegal«. Wahrlich kein abstraktes Problem mehr, das Schenk in seiner Reportage schildert. Doch ein Problem, dass sich wohl mit weniger Autos bessern würde. Schenks vorweggenommenes Fazit: »das Auto, ein Auslaufmodell für den Schrottplatz« … (sfo).