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E-Roller sind schon fast überall - die Gesetze folgen teilweise erst noch ...
Quelle: Sebleouf • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Lettres de Lyon & de Hambourg (lys./sfo.)

Gesetze des Dschungels?

Elektroroller überrollen Europas Städte

Elektroroller überrollen zunehmend Europas Städte. Und zuweilen leider auch bereits ihre Städter*innen. Zumindest aber sorgen sie nicht nur für schnelle Fortbewegung, sondern schnell auch mal für Ärger mit anderen Verkehrsteilnehmern. Die Urban shorts-Korrespondenten Kirsten Ripper und Stephan Fockers haben sich in Frankreich und Deutschland mal nach ihnen umgeschaut … (red.).

Neun Anbieter gibt es in Paris, vier in Lyon. Die grünen, schwarz-roten oder weißen und per App auszuleihenden E-Scooter sind einfach überall, derzeit allein 15.000 in Paris – bis zum Jahresende sollen es dort bereits 40.000 sein. Schnell flitzen die Roller – oft auch mit zwei Personen darauf – über den Bürgersteig. Schon jetzt fahren Französinnen und Franzosen mit dem Roller zur Arbeit, nehmen ihn mit ins Büro, in die Metro, auf die Rolltreppe, in den Supermarkt – letzteres zumindest (noch) nicht fahrend. Sie rasen damit aber mitten auf der Straße, an den Autos vorbei, zwischen den Fahrzeugen durch. Die meisten »trottinettes électriques« fahren bis zu 25 km/h schnell, einige bis zu 40 km/h. Ganz schön schnell – wenn diese Roller an einem als Fußgängerin so vorbeirauschen.

Und das kommt mittlerweile immer häufiger vor. Denn auch die Bürgersteige sind nicht sicher vor ihnen. In Paris etwa ist es eigentlich verboten, mit dem Elektroroller auf dem Bürgersteig zu fahren. Aber das Bußgeld von 135 Euro kommt erst im Laufe des Sommers. Dann soll es auch 35 Euro Strafe kosten, die Roller einfach mitten auf der Fahrbahn oder auf dem Bürgersteig abzustellen. Tatsächlich stehen die vielen Gefährte zur Zeit einfach überall herum – frau und man kann sie einfach abstellen, wo sie oder er will. Wer dann mit dem nicht elektrischen Fahrrad oder zu Fuß unterwegs ist, muss oft höllisch aufpassen, um nicht in einen abgestellten Elektroroller zu crashen. Von den fahrenden Exemplaren ganz abgesehen. Längst überrollen die E-Scooter regelrecht die Städte. Und zuweilen auch Bürger, Bürgerinnen – und Behörden. Frankreichs Verkehrsministerin spricht bereits vom »Gesetz des Dschungels« und macht sich eilends daran, dem eigene Gesetze entgegenzusetzen (lys.).

Doch nicht nur in Frankreich sind die kleinen Elektroroller längst zum allgegenwärtigen Phänomen und zum (all-) gemeinen Problem geworden. Die einen feiern sie zusammen mit E-Bikes als neue umweltfreundliche Fortbewegungsmittel. Die anderen fürchten sie zunehmend, weil sie vor allem für den umweltfreundlichsten Verkehrsteilnehmer überhaupt zur immer plötzlicher auftauchenden Gefahr werden können: für den Fußgänger. Denn die »Neuen« haben gleich doppeltes »Überraschungspotential«: Sie nähern sich schnell und dazu noch fast lautlos. In Deutschland diskutiert man heftig über Sinn und Unsinn der Scooter, über Sicherheit und Versicherungen – und zimmerten Behörden eilends und offenbar recht planlos Gesetze für die Zulassung der kleinen Flitzer. Während anderswo die Roller zunehmend vom Trottoir verbannt werden, sollten hierzulande zunächst nur der schnellere Teil von ihnen (über 12 km/h) verwiesen werden. Mittlerweile soll dies zwar für alle E-Scooter gelten. Doch nun soll der Radweg ihre neue Heimat werden, wenn sie ab Mitte Juni auch in Deutschland rollen dürfen. Ob das der Weisheit letzter Schluss ist? Nicht nur, dass die Grenzen zwischen Fuß- und Radwegen oft fließend sind und die Radfahrer gerade erst vermehrt eigene Grenzen zu anderen motorisierten Gefährten erstreiten und sich obendrein auf ihrem Terrain auch noch der neuen E-Bikes erwehren müssen. Die Zahl der tödlichen Fahrradunfälle ist im vergangenen Jahr hierzulande um über 15 Prozent sprunghaft angestiegen. Und zwar fast genau um den Prozentsatz, der bei diesen Unfällen auf die Beteiligung eben jener E-Bikes entfällt. Ob dies besser wird, wenn auf den schmalen Radwegen künftig normale Räder, E-Bikes und E-Scooter miteinander konkurrieren … (sfo.)?