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28.09. - 13. Infobörse Gemeinschaftliches Wohnen
Quelle: Netzwerk©

Wohnen [2] | Gemeinschaftliches Wohnen

»Wie eine große Familie … «

Netzwerk Frankfurt - die WG-Infobörse

»Wie eine große Familie …«.  So beschreibt Ute-Gesche Schönberger an diesem Samstagnachmittag im gemütlichen Gemeinschaftswohnzimmer ihr Zusammenleben in der »Wohngemeinschaft unterm Dach« in Ajas Gartenhaus. Die warmherzige ältere Dame lebt bereits seit 2007 hier mit fünf weiteren Frauen und drei Männern unter einem Dach zusammen. Jeder Bewohner, jede Bewohnerin hat dabei eine eigene hübsche kleine Wohnung auf etwa 50 Quadratmetern. Der Rest ist «Gemeinschafts-Raum« im doppelten Wortsinn. Frau Schönberger spricht davon, wie das Zusammenleben immer besser werde und wie wichtig dabei eine gemeinsame Basis sei. Die hat dieses Wohnprojekt der neun älteren Menschen, die inzwischen 72 bis 85 Jahre alt sind. Es ist deren gemeinsame Liebe zur Anthroposophie. Kurz gesagt: »Verantwortung zu übernehmen für die anderen und für das Weltgeschehen – weil alles zusammenhängt!« …

Die Begegnung mit Frau Schönberger war im Sommer 2018. Das rührige »Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen e.V.« hatte einen »Tag des Offenen Wohnprojektes« ausgerufen, an dem Interessierte sich elf derartige Projekte in und um Frankfurt ansehen konnten. Das »Netzwerk« ist die vielleicht wichtigste Anlaufstation für Menschen, die sich in dieser Region für gemeinschaftliches Wohnen interessieren oder bereits entsprechende Projekte betreiben. Zu dessen Angeboten gehört auch die »Infobörse«, die einmal im Jahr am Frankfurter Römer stattfindet, und bei der sich einige auf dem Weg befindliche Initiativen vorstellen. In diesem Jahr am 28. September in der Evangelischen Akademie und in den Römerhallen. Und dazu gehören zahlreiche Infoveranstaltungen: wie man Gleichgesinnte findet, wie man ein Vergabeverfahren bestreitet oder wie man die Finanzierung für ein solches Projekt aufstellt. »Herzstück« dieses Netzwerkes ist die Koordinatorin Birgit Kasper. Von ihr erfährt man, wie schwierig es in Frankfurt mittlerweile für Projektgruppen ist, an günstige Immobilien zu kommen. Gerade deshalb sei es so wichtig, dass sich die Menschen, die sich eine gemeinschaftliche Form des Wohnens wünschen, zusammentun – auch, um in der Politik etwas zu bewegen. Denn die gesellschaftliche Akzeptanz ist noch immer gering, sieht man einmal von Studenten und Senioren ab. Dazwischen gelten die eigenen vier Wände als das Nonplusultra vieler Menschen in diesem Lande. Und erst langsam hat auch die Stadt begonnen, solche Modelle zu fördern und bei ersten Neubauprojekten auch zu fordern …

So vielfältig wie die Modelle und Menschen, die sich in diesem Netzwerk wiederfinden, sind auch die Phasen der Projekte: von seit Jahrzehnten etablierten Wohnprojekten wie ProWo und KultA e.V. auf dem Frankfurter Berg bis zu Baustellen wie Hestia in Harheim. So gibt es aktuell drei bis vier Dutzend Wohninitiativen – also Gruppen, die dabei sind, sich beziehungsweise passende Objekte zu finden. Rund ein Dutzend Wohnprojekte werden derzeit gebaut, rund zwei Dutzend sind bereits realisiert. Immer im Frühjahr/Sommer können Interessierte bei solchen Tagen der offenen Türen mit Initiativgruppen und Bewohnern ins Gespräch kommen, an Führungen durch Wohngemeinschaften teilnehmen und aktiv werden. Zum Beispiel bei einem Architekturworkshop. Oder bei den etablierten Initiativen wie KultA, einem Gemeinschafts-Experiment, das vor rund 20 Jahren begann und in dem inzwischen etwa 40 Menschen verschiedenen Alters leben. Dort stärkte man sich etwa mit Selbstgebackenem und machte dann eine Tour durch Wohnungen, Gemeinschaftsräume und den gar nicht so selten obligatorischen Garten – den fast klassischen Gemeinschaftsraum. Dort wachsen Kräuter und Gemüse, stehen Bäume, welche die Bewohner selbst gepflanzt haben. Und neben den bereits schlafenden Hühnern steht – fast schon nicht mehr zu sehen in der Dämmerung – sogar noch der Bauwagen, mit dem einst alles begann … (mep. / vss.).