©
Lesen in Corona-Zeiten - Stilecht und mit Social distance in den Kolonnaden des Frankfurter Literaturhauses
Quelle: Barbara Walzer (bw.)©

Gast-Autorin, Open Air und Audio Walk

Pixel und Picknickdecken

Neue Ideen braucht die Kulturlandschaft

In Corona-Zeiten braucht die Kultur neue Ideen und neue Wege. Globalisierte Lesungen, Picknickdecken-Festivals oder Audio Walks könnten drei davon sein. 

[> Beitrag auf eigener Seite lesen]  In Corona-Zeiten ist es gar nicht so einfach, über neue Ideen im Kulturleben zu schreiben. Vor allem über solche, die »offline«, im realen Leben also, stattfinden. (Zu) viele dürsten bereits nach eben diesem realen Leben. Deswegen an dieser Stelle zuerst ein reales Beispiel, von dem wir allerdings nicht verraten, wo und wann es stattfindet. Es geht um einen spanischen Literaturkreis in Frankfurt. Seit Jahren lasen die Teilnehmer*innen spanisch-sprachige Bücher und plauderten im kleinen Kreise und zuweilen entsprechender kulinarischer Begleitung über die erlesenen Welten. In Corona-Zeiten fand der Kreis natürlich nicht mehr bei einem Mitglied im Wohnzimmer statt. Zoom und Social distancing waren angesagt. Das brachte die Teilnehmer*innen auf die Idee, dass in der Zoom-Konferenz auch eine Autorin aus Südamerika zugeschaltet werden könnte. Das stieß, so wird berichtet, auf der anderen Seite des Globus’ auf reges Interesse. Nicht alles klappte auf Anhieb, doch die Idee soll weiterverfolgt werden …

Neue Wege sind es, welche die Kultur in diesen Wochen benötigt. Solche, die für den Moment weiterhelfen, aber vielleicht auch über den Tag hinaus neue, zusätzliche Möglichkeiten schaffen. Das Beispiel des Literaturkreises ließe sich auch von einem Literaturhaus oder einer Buchhandlung umsetzen und auch nach Corona da und dort zusätzlich einsetzen. Mehr noch: Pfiffige Start ups könnten daraus eine Geschäftsidee machen, Gesprächs- und Lese-Kanäle rund um den Globus einrichten. Die Kunst der Kreativen – zu denen ja auch Kulturschaffende gehören (sollen) – dürfte künftig darin liegen, on- und offline kreativ zu verbinden. Und es kann neue Vernetzungen geben. Parks mit großen Grünflächen könnten im Sommer Orte der Kultur werden. Open Air-Filmfestivals können mit Großleinwand, Lautsprecher und – statt Bierbänken – Picknickdecken daherkommen. Sicher: Die Zahl der Besucher müsste beschränkt werden. Doch Picknickdecken würden mit ihren zwei mal zwei Metern Grundfläche die natürliche Social Distance schaffen (Wobei Familien auf die Doppel-Decke achten sollten). Möglich sind vielleicht auch neue Allianzen mit den ebenfalls gebeutelten Gastronomen. Ein anderer Ansatz kommt aus der Theater-Szene, wo verstärkt über die Kunstform des Audio Walks nachgedacht wird. Audio Walk meint sowohl (gut einzeln) begehbare akustische Installationen als auch gedanklich-künstlerische Spaziergänge, bei denen die Rezipienten Abstand voneinander halten und der Output idealerweise über ipods, das eigene Smartphone oder andere Geräte erfolgen kann. Ersteres hat etwa die Kreativen-Schmiede saasfee* in einem kleinen Park unweit des Eschenheimer Turms eingerichtet. Dies nur drei neue Ideen für die Zeit mit und nach Corona. Ach ja: Die einfachste und noch dazu uralte Form, Kultur im realen Raum zu genießen, ist das Lesen eines Buches – zu Hause oder auf der Picknickdecke im Park … (vss.).