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Gift City - ein kühner und großer (Ent-) Wurf?
Quelle: Patrick A. Hafner (3sat / ORF)©

3sat | Dokumentiert

Städte aus dem Nichts

Smarte Retortenstädte für Indiens Zukunft

1,3 Milliarden Menschen leben in Indien. Jährlich kommen 15 Millionen hinzu. Nicht nur wegen einer hohen Geburtenrate. Vielmehr hat sich die Gesundheit in Indien in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. In 50 Jahren stieg die durchschnittliche Lebenserwartung von rund 45 auf fast 70 Jahre. Gleichzeitig urbanisiert und modernisiert sich dieses rasant wachsende Land. Leben bisher nur etwa 400 Millionen Inder in Städten, so sollen es in 20 Jahren bereits über 700 Millionen sein. Diese Menschen drängen in der Hoffnung auf ein besseres Leben in die überbordenden Millionenstädte wie Mumbai mit seinen 18 Millionen Einwohnern. Doch für sie werden in einem ehrgeizigen Programm auch immer neue und hochmoderne Millionenstädte entworfen. Am Reißbrett und auf der grünen Wiese entstehen sogenannte Smart Cities, mit ferngesteuerten Verkehrsleitsystemen, intelligenten Energiesystemen und viel Überwachung. Ausgerichtet auf eine neue Konsumgesellschaft. Gesteuert von Immobiliengesellschaft, nicht mehr von gewählten Politikern. Patrick A. Hafner hat sich für 3sat in Indien die ersten dieser neuen Retortenstädte angesehen. Seine eindrucksvolle Reportage zeigt smarte, cleane und vor allem gigantische Megacities, die praktisch aus dem Nichts entstehen und die Zukunft des Landes sein sollen. So wie Gift City im Bundesstaat Gujarat, wo auf 360 Hektar Land gerade 25.000 Wohnungen, unzählige Bürotürme und zehnspurige Autobahnen im Entstehen sind. Doch er zeigt auch die Menschen, die am Rande des Highways in die Zukunft zurück bleiben. Etwa die Bauern, die für diese neuen Städte ihren Grund und Boden hergeben müssen – und deren Leben ungewisser ist denn je zuvor. Ein Film, der aber auch zeigt, wie außerhalb des alten Europas die Welt rasant wächst und wächst. Apropos: Auch in Europa entstehen kleine Retortenstädte, wie etwa das Europa-Viertel in Frankfurt. Nur die Dimensionen sind anders … (red.).