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Shorts at Moonlight - abgetaucht und online wieder aufgetaucht
Quelle: sam©

Kultur in Corona-Zeiten

Zwischen-Zeiten-Kultur

On- / Offline - die Mehr-Kanal-Kulturen

Der Kultur-Sommer ist ein schwieriger. Viele Häuser und Akteur*innen suchen ihren Platz darin. Manche versuchen es abgespeckt offline, andere irgendwie online, manche setzen auf Mehr-Kanal-System … Ein kleiner Überblick. 

[> Beitrag auf eigener Seite lesen] Es ist viel Bewegung in den Kulturlandschaften an Rhein und Main. Sollen sollen die Häuser und Kulturschaffenden schon wieder ziemlich viel. Dürfen dürfen sie allerdings bisher noch lange nicht alles. Vor allem letzteres ist gar nicht so einfach für Kulturschaffende. Insofern erleben wir zur Zeit noch immer eine Kulturlandschaft zwischen den Zeiten und mit vielen Experimenten. Große Häuser wie die beiden Staatstheater in Darmstadt und Wiesbaden setzten bis zu ihren Sommerferien etwa auf ein Mehr-Kanal-System. Sie öffneten vorsichtig ihre Bühnen für einen Re-Start, experimentierten mit ersten Aufführungen, mit selektiv-ausgedünntem Publikum und eben solchen Ensembles. Auf den Bühnen werden corona-affine Stücke gegeben, aber auch verstärkt nachgedacht über Monologe oder über aufgeteilte Orchester. Daneben führten diese Häuser ihre Corona-Online-Angebote fort. Darmstadt etwa seine »Tägliche Dosis«, seine Lesungen von Mitgliedern des Ensembles und sogar einen »Theater-Lieferservice«.

Nicht alle Häuser und Festivals gingen so weit wie die beiden Staatstheater. Manche haben wie der Frankfurter Mousonturm nach Wochen der virtuellen Parallelkultur im »Digitalen Mousonturm« schlicht beschlossen, sich ohne reales Theater in den Urlaub und die Sommerpause zu verabschieden. Vielleicht ohnehin das Beste, was Theatermacher*innen in diesen Zeiten tun können. Andere – vor allem Festivals – wiederum wie die Burgfestspiele Bad Vilbel wollen zumindest Flagge zeigen und setzen auf ein abgespecktes Programm. Oder sie bespielen wie das kultige Kurzfilmfestival Shorts of Moonlight »nur« den corona-affinen zweiten Kanal und verwandeln sich kurzerhand in ein Online-Festival. Letzteres garantiert – den Erfahrungen bisheriger Vorläufer in diesem Jahr folgend – zumindest neue Zuschauer-Rekorde. Denn egal, wie es die offline spielenden Häuser und Festivals drehen und wenden. Ihr größtes Problem ist das Publikum. Es muss auf Distanz gehalten werden – von den Bühnen und von sich selbst. Das muss mit viel Aufwand organisiert werden. Und sorgt auch dann noch für Einbussen. Zum Beispiel bei den Kinos; selbst bei modernen Exemplaren wie im Filmmuseum, wo es großzügige Zugangswege, Platz im Kinosessel und keine Berührungspunkte mit Schauspieler*innen auf der Leinwand gibt. Doch wegen Corona dürfen statt 131 nur zwei, drei Dutzend Personen in den Kinosaal. Das deckt kaum die Kosten. Doch das größere Problem (für die Kosten gibt es Hilfs-Programme): Mit den paar Leuten kommt auch keine Kino-Atmosphäre auf. Nun haben Häuser wie das Filmmuseum noch die Möglichkeit für Online-Angebote, die sie ebenfalls weiterhin fortsetzen werden. Kleine Programmkinos haben diese Möglichkeit kaum. Trotzdem öffnen auch viele von ihnen, um über den Sommer präsent zu sein. Und spielen dann wie etwa das Mal seh’n in Frankfurt vor knapp zwei Dutzend Leuten. Bleibt nur auch hier, zahlreiche Doppel-Vorstellungen einzuplanen und anzubieten. Einen Trend für den Sommer macht derzeit die Centralstation in Darmstadt vor. Die recht großzügige Bühnen- und Konzert-Location nimmt neben eigenen Künstler*innen im neuen Programm »Null auf 100« auch kleinere Häuser und Gruppen huckepack und stellt ihnen ihre Bühnen zur Verfügung. Gäste sind unter anderen das TheaterGrüneSosse aus Frankfurt oder das theater die stromer aus Darmstadt. Eine ähnliche Idee verfolgt das Capitol in Offenbach, das mit dem »Kleinen Kultursalon« einen seiner Räume anderen Akteuren öffnet. So oder so – es ist nicht nur eine Zwischen-den-Zeiten-, sondern irgendwie auch einen Zwischen-allen-Stühlen-Kultur in diesem Sommer. Und spannender als dieser Sommer wird nur noch der Herbst, der in der Regel in der Kultur bereits im Spätsommer beginnt – wenn er den dieses Jahr beginnt … (vss.).