Frankfurts Sommerstraße Mainkai 2020. In diesem Sommer ist er nun erneut für zwei Monate autofrei
Quelle: Moritz Bernoully©

Blaupause | Innenstädte

Sommerstraßen wie in Stockholm

Auch Frankfurt übt sanften Weg zur autofreieren City

Autofrei(er)e Innenstädte sind eine Vision so mancher Stadtplaner*innen und -bewohner*innen. Aber wie umsetzen gegen viele Widerstände? Stockholm hat sich für eine sanfte Möglichkeit entschieden, die sich mittlerweile fast so etwas wie »verselbständigt« zu haben scheint. Und zumindest sommers ist es auch eine Idee mit vielen Nachahmer*innen. Dies gilt in Deutschland vor allem für München. In Frankfurt gab es dieses Jahr auch so etwas ähnliches: einen »Sommerstraßentag«. Für sage und schreibe einen Tag wurden Anfang Juli rund zehn Straßen in diversen Stadtteilen für Autos gesperrt. Immerhin experimentiert man nun auch wieder am Mainkai, mit einem Stück Straße zumindest … Sommerstraße für Anfänger …   

Erst zwei, dann drei, dann vier – und plötzlich steht die autofrei(er)e Stadt in der Tür, pardon: im Zentrum. Geschehen und gesehen in Stockholm. Schwedens Kapitale hatte schon vor einigen Jahren eine einfache Idee: Straßen in der Innenstadt sommers einfach zu »Sommerstraßen« umzufunktionieren. »Levande Stockholm – lebendiges Stockholm« heißt noch heute das Programm dazu. Begonnen hatte alles 2015 mit zwei Straßenzügen mitten im Zentrum Stockholms, die man für den Autoverkehr gesperrt hatte. Statt dessen baute man Blumenkübel und Sitzmöbel auf. Die beiden Straßen wurden über den Sommer zu Begegnungsstätten – von Mai bis September. Was als Modellversuch begann, weitete sich schnell aus. Jedes Jahr kamen neue Straßen hinzu. 2021 soll deren Gesamtlänge schon rund drei Kilometer betragen haben. Hinzu kamen zudem Sommerplätze und Pop-up-Parks. 2017 begann man, einzelne Straßen sogar im Winter zu sperren. Proteste? Praktisch Fehlanzeige. Die Bewohner*innen begannen schnell, ihre Straße anzunehmen.

Grundvoraussetzung für die Akzeptanz, so Stadtplaner*innen wie etwa Melissa Gomez vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club, sei es, den Platz rasch neu zu definieren und zu bespielen. Etwa mit Kultur, mit Sport, mit Sitzflächen. Selbst vom Handel kamen wenig Einwände, da die Umsätze ersten Erkenntnissen zufolge teils sogar zunahmen. Nicht von ungefähr musste man irgendwann für die neuen Straßen gar nicht mal mehr werben. Aus den Straßen selbst trafen Bewerbungen ein. Interessanter Effekt dabei: Gerade aus Straßen, die zwischenzeitlich durch benachbarte Sommerstraßen unter mehr Verkehr litten, meldeten Anwohner*innen schnell selbst Interesse für die kommenden Jahre an. Ein Phänomen, das sich tatsächlich zum Konzept konzentrischer Entwicklung autofrei(er)er Städte entwickeln könnte.

Apropos: In Deutschland fand zumindest die sommerliche Idee schon Nachahmer, etwa in München. Nach ersten Versuchen im Jahr 2020 gibt es in bayerischen Metropole seither jedes Jahr rund zehn »Sommerstraßen«. Und Frankfurt? Laboriert vorerst noch etwas an und auf seinem Mainkai herum. Motto: Straße auf, Straße zu. Immerhin gibt es auch in diesem Sommer wieder einen, fast schon traditionellen zweimonatigen Modellversuch, mit dem diesmal mit einem »Sommer am Main« erprobt und experimentiert werden soll, wie Innenstadt auch aussehen könnte. Und: Frankfurt hatte 2021 zumindest eine »Spätsommerstraße« – in Bockenheim und fast einen halben Tag lang. Bereits im Jahr danach wurde das putzige Experiment fortgesetzt – und für Frankfurter Verhältnisse geradezu revolutionär ausgeweitet: Am 2. Juli wurden auf rund zehn Straßen im erweiterten Stadtgebiet (Früh-) Sommerstraßen eingerichtet. Natürlich wieder für einen ganzen halben Tag lang. Immerhin: Der »Erfolg« ist offenbar so bahnbrechend, dass mittlerweile schon mehrere halbe Tage folgten; sogar mehr als einmal im Jahr. Bei dieser Gelegenheit sei einmal auf das deutlich kleinere Wiesbaden verwiesen. Auch dort hatte man 2022 erstmals am ersten Juli-Wochenende zahlreiche Straßen und Plätze für den Autoverkehr gesperrt und einfach mal besetzt. Und schaffte dabei tatsächlich rund 100 solcher Straßen und Plätze. Und Frankfurt? Bastelt auch 2023 wieder an seinem Mainkai herum … (sfo.).