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Schon heute hält sich Singapurs Verkehr in Grenzen
Quelle: Devender Goyal • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Singapur | Autofrei(er)e Stadt [4]

Autofrei in zehn Jahren?

Singapur begrenzt die Zahl der Autos

Im Stadtstaat Singapur leben knapp sechs Millionen Menschen. Und sie besitzen knapp 600.000 Autos. Zum Vergleich: Rund 750.000 Frankfurter*innen besitzen rund 375.000 Autos, also rund fünf Mal so viele. Nun ist es nicht so, dass sich Singapurianer*innen keine Autos leisten könnten. Mit rund 60.000 Euro im Jahr verdienen sie ein Drittel mehr als Deutsche. Aber so viel kann in Singapur gut und gerne alleine die Zulassung eines Autos mal kosten (in Frankfurt sind es übrigens 27 Euro). Wenn man denn eine bekommt. Vor zwei Jahren nämlich wurde im Stadtstaat ein Wachstumsstopp für Autos verkündet und seither gibt’s neue Zulassungen nur nach Stilllegung eines alten Autos. Und damit nicht genug. Steuern, Mautgebühren, sehr teure Parkplätze und sonstige Kleinigkeiten machen Autos im kleinen Stadtstaat in Südostasien richtig teuer.

Singapur hält die Zahl der Autos nämlich bewusst niedrig, im Interesse von Luft- und Lebensqualität. Die Regierung kann sich dies erlauben. Singapur ist seit Jahrzehnten quasi ein Einparteienstaat. Doch es gibt auch wenig Widerstände. Die Luftqualität ist erheblich besser als in anderen asiatischen Millionenstädten, die mit dem täglichen Verkehrschaos kämpfen. Staus halten sich in Grenzen, es gibt sehr viel Grün. Und: Singapur besitzt eines der besten Nahverkehrssysteme der Welt: schnell, günstig und sauber. Und Unpünktlichkeiten sind so selten, dass sie am nächsten Tag sogar in der Zeitung stehen. Bezahlt wird dies alles von den Autofahrer*innen. Deren Gebühren und Steuern – letztere machen Autos gleich vier Mal so teuer wie in Europa – fließen fast vollständig in den öffentlichen Nahverkehr. Der wird Jahr für Jahr massiv ausgebaut. Hinzu kommt, dass die Regierung in großen Kampagnen ÖPNV und Fahrräder propagiert und Autofahren hingegen als »uncool« abstempelt. Nötig wäre letzteres kaum. Denn hört man sich um neben den Straßen Singapurs, dann ist vor allem das in vielerlei Hinsicht blitzsaubere Nahverkehrsangebot das schlagende Argument gegen das Auto in dieser Stadt. Und der jüngste Wachstumsstopp ist womöglich nur eine Zwischenstation. Regierungsmitglieder und Verkehrsexperten sprechen heute schon davon, dass Singapur in zehn oder 15 Jahren autofrei sein könnte. Als dann vermutlich sogar erster Staat der Welt. Und wahrscheinlich der einzige der Welt, in dem wohlhabende Einwohner*innen dann wohl regelmäßig mit der U-Bahn in die Nachbarländer fahren – nicht zum Shoppen, sondern zum Autofahren …

Apropos. Singapurs »Modell Preisschraube« ließe sich übrigens leicht auf Frankfurt übertragen: Die 750.000 Frankfurter*Innen zahlen für eines ihrer 375.000 Autos derzeit nur 27 Euro Zulassung. Viel Luft also nach oben. Ebenso bei Park- und sonstigen Kosten. Und der Verkehrsverbund rmv mahnt schon lange Geld für den dringlichen Ausbau des aus den Nähten platzenden Netzes an. Apropos Singapore. Die Stadt war schon einmal Frontrunner. 1975 wurde dort die erste Citymaut eingeführt (vss.).