Stockholms Kulturhuset - ein Kulturpalast im Herzen der Stadt
Quelle: Johan Stigholt • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

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Nordische Langzeitförderung für Künstler*innen

Das »Swedish Arts Grants Commitee« (Schwedisches Komitee für Kunststipendien) vergibt jedes Jahr zahlreiche Stipendien an professionelle, in Schweden lebende und arbeitende Künstler*innen unterschiedlichster Sparten, beispielsweise für bildende Kunst, Fotografie, Design, Kunsthandwerk oder Architektur. Das Besondere: Neben Kurz- gibt es auch Langzeitstipendien für fünf oder zehn Jahre. 

»Als vor fünf Jahren der Bescheid eintraf, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich konnte mein Glück kaum fassen«. Der in Stockholm lebende Fotokünstler Carl Johan Erikson hatte eines der begehrten Langzeitstipendien des Swedish Arts Grants Commitee über fünf Jahre erhalten. Zwar konnte er damals bereits auf eine lange Karriere zurückblicken, dennoch war das Langzeitstipendium für ihn etwas besonderes. Anerkennung seiner künstlerischen Leistung der Vergangenheit – und ein Stück künstlerische Unabhängigkeit für die Zukunft. Ein Stipendium über fünf oder gar zehn Jahre ist eine Seltenheit in der internationalen Kunstszene. Die umgerechnet 10.000 Euro pro Jahr nutzt Erikson für die Ateliermiete, für Forschungsreisen, als Unterstützung für seine Ausstellungsprojekte und für die Produktion seiner Fotobücher. Dafür ist es auch gedacht, denn »zum Leben« würde es in Schweden kaum reichen. Der Betrag entspräche gerade einmal rund 15 Prozent eines normalen Jahreseinkommens in dem skandinavischen Land. Alle seine Kolleg*innen arbeiteten denn auch auf Stellen im Kunstbetrieb oder in anderen Branchen. Er selbst hat etwa eine 50%- Stelle als Senior Lecturer am Royal Institute of Art in Stockholm. Der Job ermöglicht ihm sein Auskommen, das Stipendium die künstlerische Arbeit.

Das Swedish Arts Grants Commitee vergibt jährlich zahlreiche Stipendien. Dies sind zum einen ganz klassisch Stipendien mit einer kurzen Laufzeit von ein und zwei Jahren. Diese sind mit deutschen Projektstipendien vergleichbar, denn sie dienen der Entwicklung und Realisierung einzelner Projekte. Die ungewöhnlichen und begehrten Langzeitstipendien über fünf und zehn Jahre bieten hingegen die Möglichkeit, sich einmal eine ganze Zeitlang unabhängig vom künstlerischen Überlebensdruck zu machen, künstlerische Projekte fortzusetzen und künstlerische Ideen und Methoden zu vertiefen. Die Höhe der Förderung beträgt in allen Fällen pro Jahr umgerechnet circa 10 000 Euro. Die normalen Kurzzeitstipendien sind steuerfrei, während auf die Langfriststipendien Steuern fällig werden. Aus diesem Grund sind die Abschläge dieser Förderung höher dotiert. Im Endeffekt bleibt der Betrag, der den Künstler*innen nach Abzug der Steuern zur Verfügung steht, in etwa gleich. Dass auf die mehrjährigen Stipendien Steuern gezahlt werden, ist für die Künstler*innen erfreulich, da sie so ihre Rentenansprüche erhöhen können. Erikson berichtet, dass in einigen Teilen des Landes – vor allem im Norden – die Lebenshaltungskosten niedriger seien, so dass es einige seiner Kolleg*innen in die eher ländlichen Regionen ziehen würde. Die Stipendien sind allerdings auf alle Regionen im Land gleichmäßig verteilt, sodass sich jede/r Künstler*in unabhängig vom Wohnort gleichberechtigt bewerben kann. Während für die kürzeren Arbeitsstipendien Nachweispflichten über die Projekte bestehen, gibt es für die Langzeitförderungen keine Verpflichtung, regelmäßig Nachweise über den Verlauf der Arbeit vorzulegen. Aber spätestens, wenn man/frau sich um einen Folgeantrag bewirbt, muss belegt werden, was in den vergangenen fünf oder zehn Jahren geleistet wurde. Und Folgeanträge kommen nicht selten vor, da diese Langzeitförderung schon viel Sicherheit gibt. Der Wettbewerb um die Stipendien ist allerdings hart, nur ein geringer Teil der Anträge führt zum Ziel. Für viele schwedische Künstler*innen ist das Langzeitstipendium auch deshalb etwas besonderes, weil es eben auch als eine Art Privileg oder Auszeichnung verstanden wird. Es motiviert zu zahlreichen Experimenten, Arbeiten und Ausstellungen, wie das Beispiel Carl Johan Erikson belegt. Er wollte von Anfang an möglichst viel aus dem Stipendium herausholen. So war er in den bald fünf Jahren an nunmehr 28 Ausstellungen beteiligt und hat sieben Fotobücher veröffentlicht. Ein Fotobuch, das die letzten Jahre zusammenfasst, will er noch herausbringen, bevor er sich in Kürze wieder um ein neues Fünf-Jahres Stipendium bewirbt und auf weitere fünf Jahre Verlängerung hofft … (lkr.).