©

Urban:ist | Ein Nachbarschaftsprojekt

Die Frankfurter Straußwirtschaft

Annette Glosers Place to be zum Gemeinschaft (er)leben

Eigentlich kennt man die »Straußwirtschaft« aus den Weingegenden. Hinter Mainz zum Beispiel in Rheinhessen, auf den Dörfern und in den Höfen, da wo sich angeblich Fuchs und Hase gute Nacht sagen würden. Dort wo die Winzer ein paar Tische – oder auch ein paar Weinfässer – aufgestellt haben, um den Menschen aus dem Ort ein Stück Zuhause zu geben und um den Ausflüglern am Wochenende oder an lauen Abenden Wein, Essen und ein paar schöne Stunden anzubieten. Nachbarschaft und Gemeinschaft erleben für die einen, Seele baumeln lassen, neue Menschen kennenlernen und mal für ein paar Stunden in gewachsene Gemeinschaften eintauchen für die anderen …

Wäre das Ganze in einer Großstadt, würde man es wohl »Place to be« nennen. Müsste man aber nicht. Bereits im Jahr 2018 kamen die Kulturmacherin Annette Gloser und der Winzer Marco Hofmann auf die Idee, dass »Straußwirtschaft« auch in Frankfurt funktionieren könnte. Aber in der Großstadt, wo sich eigentlich niemand noch »gute Nacht« sagt, wo eigentlich Gemeinschaft und Nachbarschaft immer mehr auf dem Rückzug sind, und wo Winzer auch gar nicht so recht zu Hause sind? Nun ja, Annette Gloser war schon immer für kultige Kultur- und Gemeinschaftsprojekte bekannt und Marco Hofmann ist – Großstadt hin, Großstadt her – Winzer. So nehmen sie sich seither jeden Sommer »im größten Dorf« Frankfurts für ein paar Wochen den Arkadenhof der Sankt Josefs-Gemeinde seitlich der oberen Berger Straße, stellen ein paar Bierbänke auf, ein paar Weinkisten dazu und verlassen sich auf den noch intakten Gemeinschaftssinn der Bornheimer und Nordendler sowie zahlreicher Freunde und Freundinnen aus ganz Frankfurt. Die einen kommen um die Ecke, die anderen radeln mal aus den anderen Stadtteilen am Wochenende und/oder an lauen Sommerabenden herüber. Und machten aus dem Arkadenhof einen »place to be«, den aber hier garantiert keiner so nennen würde. Und mittendrin die »Gloserin«, die sich permanent kopfschüttelnd fragt, wo eigentlich die vielen Leute herkommen … (loe./vss.).