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Setareh Alipour: Auf der Suche nach Räumen
Quelle: Günther Dächert©

Künstlerinnen. Leben. Orte. [2]

Setareh A. – die Improvisierende

Von Orten, Chancen und Leben im Augenblick

Vielleicht war die Ausstellung vor ein paar Wochen auf dem grünen Rasen des Offenbacher Büsingparks jene, die am meisten über Setareh Alipour verrät. Es ging um Alltags-Rassismus, um die Erfahrungen junger Menschen, zusammengetragen vom Fotografen Zino Peterek, kuratiert für nur diesen einen Tag von Alipour mit Fotos und Texten, die an den Bäumen hingen und die Geschichten dieser Menschen mit deren eigenen Worten erzählten. Orte der Kunst und der Kultur können überall sein, sagt Alipour dazu. Orte des Lebens wohl auch. Setareh Alipour ist Kunstschaffende und Ausstellungsmacherin. Die 26-Jährige studiert derzeit an der »HfG« in Offenbach experimentelle Raumkonzepte sowie Akt- und konzeptionelles Zeichnen. Ein klassisches Atelier, in dem sie Ideen umsetzt, hat sie nicht. Sie nutzt einen Raum an der Hochschule. Gleiches mit der Wohnung. Ein Zimmer bei ihrer Mutter in Sachsenhausen, zu der sie nach einem Aufenthalt in Berlin vor vier Jahren wieder zurückgezogen ist, ist ihr Zuhause und auch einer der Orte, an dem sie Ideen für ihre künstlerische und kuratorische Arbeit entwickelt. Es sei aber nicht ihr Jugendzimmer, sagt sie und lacht. Das Wohnen bei ihrer Mutter – das sei heute eher wie in einer guten Wohngemeinschaft. Dass es aber für die Studentin im teuren FrankfurtRheinMain auch mit Geld zu tun hat, verhehlt sie in ihrer direkten Art nicht.

Seit 2013 – lange bevor sie 2019 mit ihrem Kunststudium begann – kuratiert Alipour Ausstellungen. Bisher stets Einzelausstellungen, ganz gleich ob mit einzelnen Kunstschaffenden oder einem Künstlerkollektiv, und immer an Orten, die ihr temporär in Frankfurt und Offenbach zur Verfügung standen: »Off Spaces«, also Orte außerhalb klassischer Ausstellungsräume wie Museen und Galerien. Es sei der Wechsel zwischen eigener Kunst und dem Sichtbarmachen Anderer, den sie spannend finde. Wobei es immer eine Zeit gebe, in der sie Ausstellungen organisiere, und eine, in der sie sich dem Studium widme. Der Frankfurter Kreative Hannibal Tarkan Daldaban hatte ihr den Zugang zum Kuratieren ermöglicht, sie mitgenommen in die Welt der Off Spaces, als sie 2013 als Praktikantin zu seinem Projekt »Punkt« dazukam. Damals wurde ein Raum an der Berliner Straße mit Kunst bespielt und sie von Anfang an in das Projekt einbezogen, erzählt sie. Später kam der »Oststern«, eine ehemalige Mercedes-Benz-Niederlassung an der Hanauer Landstraße, die bis zu ihrem Abriss temporär als ein Ort für Kultur und Ausstellungen genutzt wurde. Drei Schauen dort hat sie kuratiert und Erfahrungen im Projektmanagement gesammelt. Die Zusammenarbeit mit Daldaban besteht noch, zuletzt bespielten die zwei ein ehemaliges Geschäft für Trauringe an der Katharinenkirche unweit der Hauptwache. Das Projekt heißt »Umweg by Punkt«. Für Setareh Alipour eröffnen solche Orte die Möglichkeit, Menschen einzuladen, Räume aktiv mitzugestalten. Doch es müssen nicht immer leerstehende Räume sein. »Geschäfte sollten nicht nur Produkte ausstellen, sondern auch Ideen«, sagt sie. Die Vorstellung von Kunst sei zu sehr geprägt von Institutionen. Sich von diesen tradierten Vorstellungen zu lösen, versteht sie auch als Chance für eine Gesellschaft, Stadtentwicklung neu zu denken. Wie gesagt: Orte der Kunst und Kultur können überall sein … (vss.).