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Maike Häusling: Kunst und Künstlerin im Schaufenster
Quelle: Günther Dächert©

Künstlerinnen. Leben. Orte. [5]

Maike H. – die Ausstellende

Künstlerin zwischen Wohn- und Arbeitswelten

Maike Häuslings Atelier ist an einem besonderen Ort: in einem ehemaligen Laden der Hellerhofsiedlung im Gallus, die in den 1920er Jahren Teil des von Stadtbaurat Ernst May aufgelegten Wohnungsbauprogramms »Das Neue Frankfurt« war. Ein Stück Frankfurter Baugeschichte. Und selbst ein Stück Geschichte, ist die Künstlerin doch hier, weil Läden in solchen Wohnvierteln nicht mehr gefragt sind und die Stadt solche Leerstände deshalb in Ateliers umwandelt. Ein Glücksfall: Das Ladenlokal ist durch die Fensterfronten lichtdurchflutet und öffnet der Künstlerin Einblicke auf das, was auf der Straße passiert. Aber auch Passanten können ihr von draußen bei der Arbeit zusehen. Wenn sie möchte. Sonst streicht sie die Scheiben mit leicht abwaschbarer Buttermilch ein. Das Licht dringt weiter ins Atelier, aber niemand könne mehr hineinschauen. Gestaltung, Licht, Farben und Materialien sowie die Umgebung bedeuten ihr viel. Sie schätze Räume, die funktional und leicht sind und die eine Beweglichkeit haben, in denen sie das Mobiliar ändern und umstellen könne. Es sei auch ein Unterschied, an welcher Stelle im Raum sie arbeite.

Häusling ist dort nicht die einzige Künstlerin. Rechts und links von ihr sind weitere Ateliers. »West-Ateliers« nennen sie sich und organisieren zusammen regelmäßig Schaufensterausstellungen. »Ich merke sehr deutlich, wie wir mit unserem Dasein und unserer Arbeit positiv in den Stadtteil hineinwirken«, sagt sie. Anfang 2020 hat sie ihr Atelier bezogen. »Zum ersten Mal habe ich richtig viel Platz. Meine Arbeiten können sich über einen längeren Zeitraum entwickeln, da ich sie nicht sofort Beiseite räumen muss, wenn ich etwas Neues beginne«. Für sie sei wichtig, Arbeits- und Wohnort zu trennen. Sie mag es, morgens »zur Arbeit« zu gehen und eine Nacht Abstand zu bekommen, auf das, was am Tag in ihrem Atelier an Ideen entstanden sei. Seit dem Umzug steht auch der Schreibtisch hier. Ein Glücksfall, selbstverständlich für viele Arbeitende, aber nicht für alle Künstler*innen. Ein Glücksfall, der sie auch das Zuhause anders erleben lässt. Ihr Zuhause, das sind 57 Quadratmeter in Bockenheim – die Entfernung zwischen beiden Stadtteilen legt sie täglich mit dem Fahrrad zurück. In einer teuren Stadt wie Frankfurt sei es als freischaffende Künstlerin schwierig, Wohnung und Atelier zu bezahlen. Es habe schon Zeiten gegeben, in denen sie in ihrer Wohnung eines der beiden Zimmer untervermieten musste. »Ein großes Atelier würde ich einer größeren Wohnung immer vorziehen. Hier verbringe ich die meiste Zeit vom Tag und der Platz hat Auswirkungen auf meine Arbeit.« Obwohl sie in letzter Zeit ihre künstlerische Arbeit weiterentwickeln konnte, sei diese Freiheit fragil. Um experimentell und frei von Marktzwängen arbeiten zu können, verdiene sie ihren Lebensunterhalt vor allem durch freiberufliche Kunstvermittlung. Falle ein Auftrag weg, könnten die laufenden Kosten für das Atelier kritisch werden. Ein Wunsch für die Zukunft? »Ich fände es super, die Miethöhe für Ateliers von der Höhe des Einkommens abhängig zu machen. Und nicht die Größe des Ateliers von den finanziellen Möglichkeiten.« Ein Wunsch, der auf den angespannten Frankfurter Mietmärkten wohl ein Wunsch bleiben wird (_us.).