Das Festival | GoEast Filmfestival
(Nicht nur) Bange Blicke gen Osten
Sieben Tage lang Filme, Debatten, Begegnungen
Nicht erst seit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ist GoEast das wohl politischste Filmfestival, das die Region zu bieten hat. Sieben Tage lang fokussiert das führende »Festival des mittel- und osteuropäischen Films« den Blick wie unter einem Brennglas auf den Osten Europas. Sieben Tage lang treffen sich dazu in Wiesbaden Film- und Kulturschaffende aus dem hiesigen und aus dem östlichen Teil des Kontinents; für manche der Osteuropäer*innen dabei sogar eine seltene Gelegenheit des Austausches. Sieben Tage lang erfahren dabei auch Menschen hierzulande einmal wieder komprimiert mehr über jenen Teil des Kontinents, der auch Jahrzehnte nach dem Fall des »Eisernen Vorhangs« und ein Jahr nach dem russischen Angriffsbefehl auf Kiew vielen Menschen hierzulande noch fremd ist.
Auch in diesem Jahr steht der Krieg im Fokus. Gleichzeitig mit der Frage, welche Kultur und welche Kulturschaffenden Russlands dabei auf diese Bühne gehören (Wobei sich die GoEast-Macher*innen anders als andere Festivalmacher in der Landeshauptstadt nie die Frage stellen lassen mussten, auf welcher politischen Seite des Konfliktes sie stehen). Doch einmal mehr zeigt das Festival, dass es weit über diesen Tag hinaus im besten Wortsinn »relevant« ist, weil es in Osteuropa schon immer und auch jetzt ebenso das im Blick hat, was sonst zu kurz kommt. Gleich zur Eröffnung etwa mit einem bemerkenswerten Film über den Genozid an den Armenier*innen vor über 100 Jahren. Für ihn gilt wohl noch mehr als für andere Beiträge: ein schreckliches und nicht zu vergessendes Thema, trotz allem in einen wunderschönen, wenn auch zuweilen beklemmenden Film gepackt. Während dieser Film weit zurück schaut, blicken viele andere Filme sehr fokussiert auf die Gegenwart und den Alltag Osteuropas, auf die man im Westen abseits des Krieges sonst so selten schaut. Die Palette reicht von »wichtigen« Themen, etwa zur Umwelt, bis zu »unterhaltenden« Genre-Filmen (bis hin zu einem Western aus dem Osten). Ein besonderer Fokus liegt wie so oft bei GoEast auf Minderheiten in diesem Teil Europas, in diesem Jahr nicht ohne Grund vor allem auf solchen im russischen und ehemaligen sowjetischen Territorium und auf deren selten leichtem Filmschaffen. Ganz nebenbei kann man Osteuropa in diesen Tagen auch sonst auf Schritt und Tritt in Wiesbaden begegnen, sei es beim »Ostkiosk« vor dem Museum oder bei den vielen filmschaffenden Gästen. Apropos: Es sind weniger als noch vor einigen Jahren. Die Preise, um sie einfliegen zu lassen, sind massiv gestiegen. Nicht nur vom Thema her ist der Krieg mit im Fokus dieses Festivals … (vss.).