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Künftig öfter mal allein zu sehen
Quelle: lys.©

Lettre de France (lys.)

Wenn der Briefträger wieder klingelt

Frankreichs Post will sich um die Alten kümmern

In  Frankreich soll es bis 2030 über eine Million Menschen geben, die über 90 Jahre alt sein werden. Damit wird auch die Zahl der Älteren wachsen, die alleine leben. Besonders auf dem Land und bei Seniorinnen wird dies zum Problem (Frauen werden ja bekanntlich älter als Männer – das ist in Frankreich nicht anders als anderswo). Mehr als anderswo leben in Frankreich ältere Menschen alleine auf dem Land – in Dörfern, denen die jungen Leute den Rücken gekehrt haben. Doch auch in den Städten wird deren Zahl steigen. Und nur wenige werden die Chance haben, eine Studentin oder einen Studenten bei sich aufzunehmen. Wie französische Medien kürzlich berichteten, sind die Briefträger oft die einzigen, die regelmäßig bei isoliert lebenden älteren Leuten vorbeikommen … 

Das hat jetzt offenbar auch Frankreichs Post bemerkt – und als neues Geschäftsfeld für sich entdeckt. So hat »La poste« ein Konzept gestartet, bei dem sich die Briefträger um alleinstehende ältere Menschen kümmern sollen. Unter dem Slogan »Veiller sur mes parents« (»Auf meine Eltern aufpassen«) bietet sie ein Abonnement, bei dem bis zu sechs Besuche pro Woche gebucht werden können. Schaut der Postbote sechs Mal pro Woche bei einem älteren Verwandten vorbei und verschickt einen Bericht per SMS, kostet das 135 Euro pro Monat. Die Kosten sind steuerlich absetzbar, so dass der Besuch zwei Mal pro Woche nach Abzug der Steuern sogar nur 27,50 Euros kostet. Per SMS kann der Abonnent über den Briefträger auch noch Nachrichten an den Vater, die Mutter, die Oma oder den Opa ausrichten (lassen). Das Konzept wurde bereits erfolgreich in Westfrankreich getestet und wird jetzt im ganzen Land angeboten.

Im Zeitalter des Internets leidet auch die französische Post unter dem einbrechenden Kerngeschäft, weil immer weniger Briefe verschickt werden. Und dabei rückt für sie der wachsenden Markt der älteren Menschen immer mehr in den Fokus. So bietet das Unternehmen, das neben Finanzprodukten auch Handys verkauft, auch ein Tablet speziell für ältere Leute an – unter dem Namen »Ardoiz«. »Ardoise« ist das französische Wort für eine Geldsumme, die man in einem Laden oder in einer Kneipe schuldet, abgeleitet vom Namen der kleinen Schiefertafel, auf der etwas notiert wird und die Schüler früher mit in die Schule brachten. Damit nicht genug. Obendrein hat La poste auch Anteile an einem Unternehmen erworben, das auf Seniorenbetreuung spezialisiert ist. Und auch die neue Geschäftsidee geht man fast generalstabsmäßig an. 27.000 der 73.000 Briefträger erhalten dafür sogar eine spezielle Fortbildung. Kritik gab es allerdings auch bereits. So beklagte die Postgewerkschaft SUD PTT, dass jetzt Geschäft mit sozialen Kontakten gemacht werden solle … (lys.).