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Banale Baustelle, produktives Büro oder Künstler*innen-Atelier?
Quelle: Stadt Wiesbaden / Kunsthaus©

Kultur lebt Denkmal [1]

Unter Künstler*innen

Monique Behr im Kunsthaus Wiesbaden

Es war einst ein Schulhaus, dann Kunstschule und Atelierhaus. Derzeit ist das »alte« Kunsthaus Wiesbaden eine Baustelle mit viel künstlerischer Aura auf dem Weg zum neuen Kunsthaus. Der übliche Sanierungsbedarf eben. In Teil 1 der Reihe »Kultur lebt Denkmal« schreibt Monique Behr über ihren Alltag zwischen alten Zeichensälen und Phantasien von neuen Tanzböden.  

Lange Zeit haben mein Team und ich im ehemaligen Zeichenraum der alten Werkkunstschule gearbeitet. Ein schönes Gefühl, das alte Gemäuer der imposanten Schulvilla auf dem Schulberg hoch über Stadt. Noch schöner das Gefühl, sich vorzustellen, dass genau hier einst Dieter Rams und Peter Roehr – um nur die bekanntesten Absolventen der Werkkunstschule zu nennen – ihren Unterricht hatten. Vor kurzem sind wir dann in eines der neu fertiggestellten Atelier umgezogen. Neue Räume. Und wieder so ein »Glücksgefühl«: die Vorstellung, wie glücklich heutige Künstler*innen hier bald werden wirken können. Denn nach einer umfassenden Sanierung wird das Haus genau zu diesem Zweck bald wieder neueröffnet.

Arbeiten in einer Baustelle mit Geschichte – Das ist derzeit das Besondere an meiner Arbeit im alten und neuen Wiesbadener Kunsthaus. Seit sieben Jahren wird hier saniert (die Geschichte des Hauses selbst wurde im Rahmen des »Interior-Projektes« unter die Lupe genommen) und konzentriert sich unsere sichtbare Arbeit auf den 2011 erbauten angrenzenden Neubau, genannt Kunsthalle, in dem sich im Untergeschoss auch die Artothek befindet. Der Altbau hingegen steht hier seit 1863, wurde damals als Schule von dem bedeutenden Wiesbadener Architekten Philipp Hoffmann in der Gründungsphase zur Residenzstadt gebaut. Er wurde dann nach dem Zweiten Weltkrieg Sitz der Werkkunstschule Wiesbaden, bevor diese in den Neubau der neu gegründeten Hochschule Rhein Main einging. Seit 1989 gehört das denkmalgeschützte Haus zudem zum Referat Bildende Kunst des Kulturamts Wiesbaden.

Geschichte ist aber hier sozusagen gleich in doppelter Weise lebendig. Und macht das Arbeiten in dieser Baustelle nicht nur anstrengend, sondern zugleich auch überaus spannend. Mit dem historischen Wissen im Kopf läuft man durch dieses Haus und nimmt durch den steten Baufortschritt immer wieder neue Aspekte dieses Gebäudes war. Und diese Gänge prägen auch die Gedanken, wie nach Ende der Sanierung der Altbau wieder in Betrieb genommen wird, werden könnte. Natürlich werden wieder Künstler*innen in die ehemaligen Schulräume einziehen. Die Räume sind groß und hell, ideal als Ateliers, und haben durch die Sanierung noch mehr Atmosphäre bekommen. Wie viele Personen können einen solchen ehemaligen Schulraum künftig als Gemeinschaftsatelier nutzen? Welche Kunstsparte könnte die neu ausgewiesenen Ateliers unterm Dach gut nutzen? Die ehemalige Aula wird nach der Sanierung auch nicht mehr als solche wiederzuerkennen sein. Sie wird eher eine Art »White Cube«, mit einer guten Akustik, ideal für Musikveranstaltung und Performances. Für Tanzveranstaltungen ist der Boden nicht ideal, das haben wir schon festgestellt. Aber vielleicht – so einer der vielen Gedanken, die uns derzeit durch die Köpfe gehen – kann man einen ausrollbaren Tanzboden gesponsert bekommen und diesen für den Bedarf irgendwo lagern.

Es macht Spaß, durch ein so werdendes und doch schon irgendwie lebendiges Haus zu laufen, und ein Gefühl für die Räume zu bekommen und Ideen für deren weitere Nutzung zu entwickeln. Wenn ich Menschen durch das Haus führte, war es auch immer interessant, Geschichten rund um das Haus und die Wahrnehmung von anderen zu hören. Auch das war inspirierend für meine Vorstellungen zur zukünftigen Nutzung dieses Hauses. Natürlich ist die kulturpolitische Situation und mein Blick auf die Wichtigkeit von Kunst und ihre Förderung grundlegend bei der Entwicklung meiner Ideen. Was aus diesen ganzen Eindrücken dann geworden sein wird, wird im nächsten Jahr nach der Wiederöffnung wahrzunehmen sein. Wir freuen uns alle jetzt schon sehr darauf, nicht nur die Zeit der Baustelle hinter uns zu lassen, sondern vor allem auf die Rückkehr der Künstlerinnen und Künstler in die Ateliers und auf einen wieder belebten Altbau, passend zu den jetzt schon sehr rührigen Aktivitäten, die in der Kunsthalle und in der Artothek stattfinden! Wenn nicht mehr nur eine alte Aura und unsere Phantasie(n) diese Räume füllen, sondern die Aura und die Phantasien der vielen Kulturschaffenden – und der Gäste …