Selbst ist der Mensch - selbst mitten in Frankfurt
Quelle: GemüseheldInnen©

Orte & Menschen | Stadtfarm

Tunnelblick für gutes Gemüse

Stadtfarm - gemeinsame (Sehr-) Nahversorgung

Der Herbst ist eingezogen auf dem rund 4.500 Quadratmeter großen Gelände der Stadtfarm in Frankfurt-Sachsenhausen. In den »Tunneln«, die gleich am Eingang stehen und die Funktion von Gewächshäusern haben, blüht und wächst es trotz der kühleren Temperaturen: Auberginen reifen am Strauch und die letzten Tomaten für dieses Jahr warten darauf, gepflückt zu werden. »In Gemeinschaft für die Gemeinschaft Gärtnern« lautet nicht nur das Motto der »GemüseheldInnen«, die die Stadtfarm betreiben. Es ist auch die Grundlage des Konzeptes, mit dem die Aktiven das Gärtnern nach den Prinzipien von Permakultur und Market Garden, also dem Gemüseanbau auf kleiner Fläche, vermitteln wollen.

Das Gelände hat der Verein GemüseheldInnen von der Stadt gepachtet und es gibt viel zu tun, an dem sich Interessierte beteiligen können. »Wir haben feste Teams und bieten auch die Möglichkeit, sich an bestimmten Sonntagen auf dem Gelände mit einzubringen und zu gärtnern«, erklärt es Chris Kircher, praktisch von Anfang an dabei bei den Held*innen. Eine Mitgliedschaft im Verein sei aber kein Muss. Kircher gibt auf der Stadtfarm auch Kurse zu verschiedenen Themen wie »Kompostieren« oder »Stecklinge« und ist Teil des Teams, das Interessierte zu »Stadtfarmer*innen« ausbildet. Die verschiedenen Module dieser Ausbildung, die allerdings kostenpflichtig ist, werden monatlich über einen Zeitraum von einem Jahr an den Wochenenden angeboten. Das Angebot richtet sich besonders an Interessierte, die in Frankfurt, aber auch anderen Orten ähnliche Projekte realisieren oder die vermittelten Prinzipien in ihrem eigenen Garten umsetzen möchten.

Ein zentrales Projekt auf der Stadtfarm ist derzeit das Anlegen eines großen Teiches: der Aushub ist bereits gemacht und die Teichfolie in Eigenarbeit verlegt. Im kommenden Jahr soll der Teich zu einem Biotop für Insekten, Amphibien und Pflanzen werden. Auf der Stadtfarm geht es nämlich vor allem um das Gärtnern im Einklang mit der Natur und um die Idee, mit dem richtigen Pflanzkonzept nachhaltig über das Jahr verteilt saisonal und regional Gemüse zu ernten – auch und eben besonders in der Stadt (alf.).


Über zwei Jahrhunderte Leben
Quelle: Karsten Thormaehlen©

Zur Schau | 100-Jährige

Gesichter des Lebens

Langzeitprojekt von Karsten Thormaehlen

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Gesichter – auch sie sagen oft mehr als 1000 Worte. Mehr über das Leben von Menschen, als es 1000 Worte oftmals vermögen könnten. Vor allem, wenn dies Gesichter von Menschen sind, die ein langes und die ein gelebtes Leben spiegeln. Ein »Langzeitprojekt« könnte man das Foto-OEuvre des Fotografen Karsten Thormaehlen nennen. Eine »Leidenschaft« nennt er es selbst. Ein halbes Jahrhundert bereits fotografiert er rund um den Globus Menschen. Menschen, die ihrerseits fast alle mindestens im hundertsten Lebensjahr stehen. Menschen, deren Gesichter von diesen Leben erzählen. Menschen, aus deren Gesichtern oft genug das Leben selbst noch immer spricht. In seinen Büchern und Ausstellungen reiht er buchstäblich die Jahrhunderte aneinander, erzählt in seinen Bildern von Leben und vom Leben. Ganz persönliche Jahrhunderte aus allen Teilen dieser Welt. Eine Auswahl seiner Bilder – nicht nur Gesichter, aber diese sind sicher die eindrucksvollsten unter ihnen – ist derzeit in Hofheim am Taunus zu sehen. Der genaue Ort, er ist wohl gewählt: ein Klinikum für Geriatrie. Viele Worte über diese Ausstellung zu machen, erübrigt sich mit Blick auf die Bilder und Gesichter … (vss.).


Von außen ein Kaufhaus. Von innen das vielleicht größte Kultureldorado der Republik.
Quelle: Lara Bader©

Blaupausen | Jupiter Hamburg

Kommunales Kultur-Kaufhaus

Hamburg übt den kulturellen City-Umbau

Innenstädte haben sich als Kommerzmeilen offenbar überlebt. Stadtregierungen suchen nach neuen Konzepten; mal halbherzig, mal recht konkret. In der Region haben etwa Fulda und Offenbach ihre »Kaufhöfe« erworben und versuchen, darin neue Konzepte für Bürger*innen umzusetzen. Hamburg hat die letzten beiden Jahre recht prominent mit einer Art »Kulturkaufhaus« experimentiert. 

Es hat etwas von einem »Kulturtempel«. Zumindest, wenn der Begriff nicht schon irgendwie anders besetzt wäre. Und doch: Das großflächige und mehrstöckige Kaufhaus mitten in Hamburg muss Kulturschaffenden wie ein Tempel vorkommen. Überall gibt es etwas Anderes, etwas Neues zu entdecken und vor allem zu bespielen. Doch immer etwas mit Kultur im weitesten Sinne. Jede Etage wird von unterschiedlichen Projekten genutzt. Im Erdgeschoss finden sich leicht kommerziell Designershops und ein Café. Urban Art, Graffiti und Hip Hop-Kurse folgen im 1., Kunst, Mode und Circular Economy im 2., wechselnde künstlerische Nutzungen schließlich im 3. Obergeschoss. Aktivitäten für Kids sind im 4. OG vorgesehen. Im 5. OG findet sich zwischen ausgesonderten Bühnenbildern und Requisiten großer Spiel- und Produktionsstätten die »Bar der Hanseatischen Materialverwaltung«, ein Pop-up-Ort für Konzerte, Bingo-Abende und sogar Tischtennisturniere. Der Rooftop schließlich kommt bei Yoga-Schüler*innen gut an. »Herzstück« ist gerade die den Kulturbetrieb spiegelnde Ausstellung »Imagine Transparency« im 3. Stock. Das »Kurativ«, das junge Kuratorinnen-Kollektiv Lara Bader, Sarah Thiemann und Manya Gramsch aus Hamburg, präsentiert darin eine kritische Auseinandersetzung mit Ausschlussmechanismen im Ausstellungsbetrieb. Mit 20 Künstler*innen vor Ort und über 50 im digitalen Raum suchen sie nach Antworten auf die Frage: Wer kann sich Zugang zur Kunst überhaupt leisten?

Der wechselweise als Kulturtempel oder auch scheinbares Eldorado für Kulturschaffende daherkommende Komplex ist ein von Leerstand betroffenes, also mehr oder minder ausgedientes Kaufhaus im Herzen der Hamburger Innenstadt. Passenderweise trägt es heute den Namen »Kreativplanet Jupiter« und ist ein von der Stadt Hamburg ins Leben gerufenes Projekt, um Leerstand kreativ zumindest zwischennutzen zu können (weiter lesen).


Zuweilen hat Kulturschaffen auch viel mit Glücksspiel zu tun
Quelle: Veronika Scherer©

Impuls | Künstler*innengagen

Fair ge-/behandelte Kunst

Ein Gastkommentar von Julia Eberz

Der Bund legt Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen für von ihm mehrheitlich geförderte Kulturprojekte fest. Städte wie Stuttgart und Frankfurt führen Ausstellungshonorare ein. Julia Eberz, Vorsitzende im Kulturausschuss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, sieht darin erste Ansätze zu »fair gehandeltem und behandeltem Kulturschaffen«. 

Zweifellos, sehr viele freischaffende Künstler*innen, insbesondere in der bildenden Kunst, aber auch in anderen Kulturbereichen, arbeiten in prekären Verhältnissen. Endlich hat auch die Bundesregierung reagiert und verknüpft die Förderung von Einrichtungen und Projekten, die zu mindestens 50 Prozent vom Bund gefördert werden, mit der Einhaltung von Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen. Dieser Schritt war längst überfällig und es bleibt zu hoffen, dass Länder und Kommunen, die ebenfalls viele Kulturprojekte und -einrichtungen fördern, diesen Schritt nachvollziehen. Erste Schritte da und dort in diese Richtung sind bereits zu verzeichnen. Frankfurt hat zum Beispiel gerade Ausstellungshonorare und neue Stipendien auf den Weg gebracht.

Was für Arbeitnehmer*innen mit dem Mindestlohn inzwischen völlig normal ist, muss auch für freischaffende Künstler*innen gelten. So weit so nachvollziehbar. Aber bringen Honoraruntergrenzen auch Nachteile mit sich? Ja, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Einrichtungen, die nicht oder eben zu unter 50 Prozent vom Bund gefördert werden, sind von dieser Regelung ausgenommen. Die Folge: Es kann nun erst recht ein Ungleichgewicht entstehen zwischen Künstler*innen, die mehr, und Künstler*innen, die weniger Honorar für vergleichbare Leistungen erhalten. Auch Künstler*innen, die ihre Leistungen für ausschließlich kommunal- oder ländergeförderte Einrichtungen anbieten, fallen durch das Raster; wobei es bei Ländern und Kommunen ja bereits einige Ausnahmen gibt, die schon jetzt die Förderung mit Honoraruntergrenzen verknüpfen, wie zum Beispiel NRW oder Stuttgart. Gleiches Geld für vergleichbare Leistungen, wie es eigentlich im Jahr 2024 der Normalfall sein sollte, bleibt daher wohl eher noch Wunschdenken in der Kultur … (mehr lesen).


Spielerisch an Stadt und Gesellschaft bauen und vor allem bauen lassen
Quelle: Polytechnische©

Serie • Starke Partner

Ein Labor des Miteinanders

Polytechnische Stiftung und Gesellschaft

Kaum eine Stiftung symbolisiert die traditionelle Bürgerstadt Frankfurt so wie die »Stiftung Polytechnische Gesellschaft«. Gemeinsam mit ihrer Mutter-Gesellschaft, gestaltet kaum eine Stiftung Stadt und Gesellschaft an so vielen Stellen mit – und bietet Menschen in der Stadt so viele Experimentierräume zum Mitgestalten an. Erfreulicherweise gesteht sie sich dabei selbst zuweilen Dinge zu, zu denen sie andere ermutigen möchte. Was nicht der schlechteste Ansatz dazu ist … 

Frankfurt, im Sommer, mitten in der Stadt und doch irgendwie in einem etwas abgelegenen Labor. Im mächtigen Hörsaalgebäude, gefühlt hoch droben auf dem Uni-Campus, tagte ein »Parlament«. Nun ja, ein selbst berufenes, um Stadt – diese Stadt – ein bisschen besser, lebenswerter, vielleicht nachhaltiger zu machen, idealerweise die Stadt der Zukunft zu entwickeln oder zumindest zu diskutieren. Gekommen waren zwei-, dreihundert Menschen, manche vertraten gesellschaftliche Organisationen, andere einfach sich selbst. Eineinhalb Tage lang stellten Stadt-Menschen Ideen vor, hörten andere Stadt-Menschen zu, debattierten alle miteinander – meist in kleinen »Podien«, irgendwo zwischen Hörsaal und Ausschuss. Es ging um nachhaltige Städte, um smarte Städte, um gesunde Städte, um gerechte Städte, um effiziente Städte. Um Gemeinschaft und viel um die Frage, wie Menschen daran mitwirken können. Manchmal waren es sogar kleine »Sternstunden«, wenn Migrant*innen aufzeigen konnten, wie sie anderen Mitgrant*innen in dieser migrantischen Stadt-Gesellschaft Wege auftun konnten. Manchmal auch vertane Chancen, wenn fast die ganze Zeit Stadtbedienstete und Immobilienentwickler ihre so vorbildlichen Projekte vorstellen konnten. Noch erstaunlich oft blieb die Frage im Raume: »Und wo können wir nun mittun …?«

»Frankfurt Next Generation« ist gerade das Vorzeigeprojekt der Polytechnischen Gesellschaft und ihrer Förderinstitution Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Und es atmet vieles von dem, was beide sein wollen: Labore einer neuen Stadt, eines neuen Miteinanders angesichts vieler Herausforderungen … (mehr lesen).


Sehr persönlich kommt der Hopper schon in der Werbung auf seiner Website daher
Quelle: kvgOF / Website Screenshot©

Region | On-Demand-Busse

Hopper – Lückenfüller und mehr

Ein beliebtes Zusatzangebot in Rhein-Main

Sie heißen »Hopper« oder »HeinerLiner«. Andere nennen sich »Emil«, »Knut«, »Carlos« oder auch »Colibri«. In weiten Teilen des Rhein-Main-Gebietes sind die rmv-Kleinbusse »on-demand« (also »auf Anfrage«) unterwegs, um Menschen nebst Bahnen und Bussen noch etwas passgenauer von da nach dort zu bringen – zumindest über kurze Strecken. Beim größten Anbieter, dem »Hopper« im Kreis Offenbach, sind wir im Städtchen Neu-Isenburg öfter mal mitgefahren … 

»Mein Freund hat bestellt. Ich bin die Sandra«. Der Fahrer sammelt die junge Frau, die beim Einsteigen nur kurz die Stöpsel aus dem Ohr nimmt, am Stadtrand auf dem Parkplatz eines Supermarkts ein. Er wusste eigentlich schon, wer ihn erwartete. Er kennt den Freund, der oft bucht, um selbst zwischen den Vororten Gravenbruch und Zeppelinheim zwischen seinem Zuhause und dem der Freundin zu pendeln. Manches Mal buche er aber auch für die Freundin, um auch ihr abseits der zuweilen etwas großflächig getakteten Buszeiten zwischen Kernort und den beiden Ortsteilen ein Fort- und vor allem abends ein gutes Nach-Hause-Kommen zu ermöglichen. Gebucht ist in der Tat schnell, wenn man sich zuvor im System registriert und eine Zahlungsweise hinterlegt hat. In der Regel loggt man sich dann mit dem Smartphone ein (es gibt auch Telefonbuchung), gibt Start und Ziel innerhalb eines bestimmten Gebietes ein und bekommt dann den Abholpunkt mitgeteilt. Rund 200 Meter, so hört man vom Betreiber, sind die Haltepunkte meist voneinander entfernt. Vor die Haustür wird Sandra also nicht gefahren. Aber zumindest nicht weit davon entfernt wird sie aussteigen – und an diesem Nachmittag von ihrem Freund abgeholt werden. Der Fahrer lächelt kurz. Mit dem Freund hat er sich schon oft bei den Fahrten  unterhalten … (weiter lesen).