The Cube von Jens J. Meyer
Quelle: Internationaler Waldkunstpfad©

Orte & Menschen | Darmstadt

Zur Kunst in den Wald

Der Internationale Waldkunstpfad

In Europa lebten die Menschen ja bekanntlich vornehmlich im Wald. In manchen Ländern wie Österreich gäbe es sogar ganze »Waldstädte«. Zugegeben: Das war ein Gerücht, in die Welt gesetzt von einem einst im Weißen Haus residierenden einschlägigen Europa-Experten, der noch dazu Fachmann für Gerüchte und Fake News war. Doch so ganz Fake war diese News dann ausnahmsweise mal doch nicht. Zwar scheint an den Waldstädten wenig dran zu sein. Aber ein Internationales Waldkunstzentrum gibt es sehr wohl in Europa. Und das liegt im Wald bei Darmstadt. Und das ist durchaus renommiert, war es doch das erste seiner Art, das auch bereits Nachahmer in China, den USA und sogar in Österreich gefunden haben soll (was vielleicht auch das Gerücht wiederum erklärt).

Nun, mit Venedig oder der Documenta kann das seit nunmehr bereits zwei Jahrzehnten bestehende Zentrum mit dem zugleich ersten Internationalen Waldkunstpfad noch nicht mithalten. Doch eine Biennale gibt es auch im Wald bei Darmstadt. Im Sommer 2022 war zu sehen: die Jubiläumsbiennale unter dem Motto »Kunst/Natur/Wandel«. Rund zwei Dutzend Künstler*innen aus verschiedenen Ländern füllten dabei den Wald mit Kunst rund um Klima-, sozialen und digitalen Wandel. Zuvor war im Corona-Jahr 2020 »Kunst/Natur/Identität« das Biennale-Motto. Die Künstler*innen füllen diese Themen dann immer wieder aufs Neue mit Leben und mit zahlreichen Installationen, Performances und BankART. Da man im Waldmuseum aber nicht dazu neigt, nach einer Biennale alles wieder wegzuräumen, lassen sich auch nach und zwischen den Biennalen viele der Kunstwerke immer noch auf eigenen Führungen oder auch einfach so besichtigen. Und auch zur Zeit sind nicht nur Werke von 2022 zu sehen. Der digitale Wandel ist übrigens auch im Waldkunstzentrum und auf dem zugehörigen Pfad eingekehrt. Gemeinsam mit dem Verein »Kultur einer Digitalstadt« wurde das Ganze auch digital vermessen und digitalisiert. Zum einen, um den Waldkunstpfad auch im Netz zugänglich zu machen. Zum anderen, um eingeladenen Künstler*innen auch ein Vorbereiten oder sogar Gestalten ihrer Werke aus der Ferne zu ermöglichen. Der Fokus soll allerdings weiterhin darauf liegen, ein realer Ort der Begegnung zu sein, Natur, Kunst und Menschen zueinander zu bringen; 2022 sogar erstmals mit einem »Jungen (Kunst-) Wald«, den Schulklassen gestaltet haben. Ach ja, schlecht besucht ist das »Waldmuseum« auch nicht gerade. Bis zu 200.000 Menschen sollen sich dort pro Jahr einfinden. Deutlich weniger zwar als im Städel, der Schirn oder dem Senckenberg-Museum in Frankfurt, aber ebenso deutlich mehr als im Historischen Museum, dem für Angewandte und erst recht dem für Moderne Kunst in Frankfurt. Und das sind denn in der Tat keine Gerüchte, sondern ganz und gar belastbare Fakten … (ver.).


Stockholms Kulturhuset - ein vielgestaltiger Kulturpalast im Herzen der Stadt
Quelle: Johan Stigholt • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Blaupause Kultur | Schweden

Mehr als Schweden-Happen

Nordische Langzeitförderung für Künstler*innen

Das »Swedish Arts Grants Commitee« (Schwedisches Komitee für Kunststipendien) vergibt jedes Jahr zahlreiche Stipendien an professionelle, in Schweden lebende und arbeitende Künstler*innen unterschiedlichster Sparten, beispielsweise für bildende Kunst, Fotografie, Design, Kunsthandwerk oder Architektur. Das Besondere: Neben Kurz- gibt es auch Langzeitstipendien für fünf oder zehn Jahre. 

»Als vor fünf Jahren der Bescheid eintraf, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich konnte mein Glück kaum fassen«. Der in Stockholm lebende Fotokünstler Carl Johan Erikson hatte eines der begehrten Langzeitstipendien des Swedish Arts Grants Commitee über fünf Jahre erhalten. Zwar konnte er damals bereits auf eine lange Karriere zurückblicken, dennoch war das Langzeitstipendium für ihn etwas besonderes. Anerkennung seiner künstlerischen Leistung der Vergangenheit – und ein Stück künstlerische Unabhängigkeit für die Zukunft. Ein Stipendium über fünf oder gar zehn Jahre ist eine Seltenheit in der internationalen Kunstszene. Die umgerechnet 10.000 Euro pro Jahr nutzt Erikson für die Ateliermiete, für Forschungsreisen, als Unterstützung für seine Ausstellungsprojekte und für die Produktion seiner Fotobücher. Dafür ist es auch gedacht, denn »zum Leben« würde es in Schweden kaum reichen. Der Betrag entspräche gerade einmal rund 15 Prozent eines normalen Jahreseinkommens in dem skandinavischen Land. Alle seine Kolleg*innen arbeiteten denn auch auf Stellen im Kunstbetrieb oder in anderen Branchen. Er selbst hat etwa eine 50%- Stelle als Senior Lecturer am Royal Institute of Art in Stockholm. Der Job ermöglicht ihm sein Auskommen, das Stipendium die künstlerische Arbeit … (mehr lesen)


Grüne Oasen wie im Grüneburgpark halten Städte wie Frankfurt am Leben
Quelle: Veronika Scherer (ver.)©

Städte brauchen Grün

Ein Stück überholte Politik

Straße statt Wald - heute noch zeitgemäß?

Grün ist eine wichtige Lebensgrundlage in unseren Städten. Nicht von ungefähr lobt sich die Stadt Frankfurt gerade sehr für einen neuen Rennbahn-Park im Westen der Stadt. Im Osten, am anderen Ende, schickt sie sich allerdings gerade an, Wald zu vernichten. Und zwar, um eine neue Schneise für Autos auf einer Autobahn zu schaffen. »Ein gewaldiger Fehler«, findet unsere Autorin Julia Krohmer. 

Städte brauchen Grün. Großstädte brauchen noch mehr Grün. Ansonsten, so die einfache Wahrheit in Zeiten des Klimawandels, würden sie früher oder später unbewohnbar. Grundsätzlich sind Städte mit ihren dichtbebauten Zentren nämlich wahre »Wärmeinseln«. Mit diesen Stadtzentren sind sie bis zu zehn Grad heißer als ihr Umland – und das derzeit vor dem Hintergrund der ohnehin schon allgemeinen Erwärmung im Zuge des Klimawandels. Frankfurt etwa verzeichnete im erneuten Extremsommer 2022 – ein Sommer, der sehr wahrscheinlich bald das neue Normal werden wird – wieder fast 100 Tage mit Temperaturen über 25° Celsius. Und davon wiederum 44 »heiße Tage« mit Höchsttemperaturen über 30° Celsius. Vor allem für ältere Menschen, für Kleinkinder und für Menschen mit (Vor-) Erkrankungen ist das ein Problem, denn ihr Organismus kann sich schlechter an die hohe Wärmebelastung anpassen. Was also tun? Stadtverwaltungen auf der ganzen Welt zerbrechen sich aktuell die Köpfe, wie sie ihre Städte in Zukunft kühlen und damit nicht nur lebenswert, sondern teilweise überhaupt bewohnbar halten. »Nature based solutions« – Lösungen, die auf der Natur basieren – sind hier der vielversprechendste Ansatz, da sie oft effizienter und ökologischer sowie meist kostengünstiger sind als technische Lösungen. Eine der wirkungsvollsten Maßnahmen ist »grüne Infrastruktur«, also vor allem die schlichte Erhöhung des Grünflächenanteils. Kurzum: mehr Wald, mehr Parks, mehr Rasen, mehr begrünte Fassaden. Damit wird parallel auch noch die biologische Vielfalt gefördert, um die es bekanntermaßen vielerorts auch nicht gut steht … (mehr lesen).


Barcelona - einst das erste LNG-Terminal Spaniens
Quelle: Port of Barcelona©

Optionen für einen Wandel

Wind, Sonne und Häfen

Spanien - ein europäischer Energiepark?

Rund die Hälfte der deutschen Energie kam bisher aus Russland. Um diese Abhängigkeit abzubauen, schaut man in den Nahen Osten, tauscht aber damit womöglich nur einen Krieg führenden und Menschenrechte verletzenden Diktator gegen einen anderen. Klüger könnte es sein, den Blick Richtung Iberische Halbinsel oder sogar weiter auf den afrikanischen Kontinent zu wenden. 

Spanien ist, was seine Energieversorgung angeht, weiter und nachhaltiger unterwegs als viele andere Teile Europas. Rund ein Drittel der spanischen Energie kommt bereits heute aus erneuerbaren Rohstoffen. Strom produziert das Land sogar bereits zur Hälfte aus Energien wie Sonne oder Wind. Beides gibt es schließlich auf der Iberischen Halbinsel zur Genüge. Importiertes Gas wird hingegen nur zu 15 Prozent für die Stromerzeugung genutzt. Wobei Spanien – und Nachbar Portugal – beim Gas sogar fast völlig unabhängig von Russland sind. Der Grund: An den Küsten der Halbinsel liegt fast die Hälfte der europäischen LNG-Häfen, an denen Tanker etwa aus den USA, aus Nigeria oder aus Norwegen Liquefied Natural Gas, also verflüssigtes Gas, anliefern können. Direkt vor Ort wird das Gas wieder in den Originalzustand versetzt und weitertransportiert. Sechs der Häfen liegen an der spanischen, einer an der portugiesischen Küste. Dort könnte ein Teil der jährlich bis zu 50 Mrd. Kubikmeter LNG ankommen, das allein die USA in den kommenden Jahren nach Europa liefern sollen. Die beiden iberischen Nachbarn hatten früher als viele andere europäische Staaten auf diese Häfen gesetzt. Portugal kann damit seinen kompletten Gasbedarf decken. Spanien wäre sogar in der Lage, mit einer Kapazität zur Löschung von 30 Tankern pro Monat einen Teil des Gases nach Europa weiterzuliefern. Ähnliches gilt auch für Solar- oder Windenergie, welche auf oder vor der Halbinsel produziert werden könnten. Spanien nutzt seine Kapazitäten vielfach gar nicht aus.

Nicht von ungefähr sehen Spanien und Portugal nicht nur Chancen für eine eigene Autarkie von russischer Energie, sondern Iberien sogar als Energie-Reservoir oder zumindest Durchgangsstation für Europa. Allerdings hat die Sache bisher noch zwei überraschende Haken. Zum einen ist Spanien so gut wie gar nicht mit dem Stromnetz Resteuropas verbunden. Zum anderen gibt es nur zwei, noch dazu recht leistungsschwache Gas-Pipelines durch die Pyrenäen nach Frankreich, eine dritte endet bei Girona gar im Niemandsland. Doch selbst wenn alle drei Pipelines funktionieren würden, flöße mit gut 15 Mrd. Kubikmetern Gas im Jahr nur ein gutes Viertel des Volumens von Nord Stream I durch diese Verbindungen. Dabei wäre ein Ausbau beider Netze nicht nur kurzfristig ein Gewinn. Sowohl die Häfen als auch die Pipelines könnten langfristig auch für sogenannten grünen Wasserstoff umgerüstet werden. Er ist umweltfreundlicher als das LNG und kann mit Sonne, Wind und Wasser sowohl in Spanien als auch in und um Afrika im großen Stil produziert werden. Deutschland etwa arbeitet zur Zeit gemeinsam mit Namibia an entsprechenden Versuchsanlagen im südlichen Afrika (wenn auch bisher noch ohne eigene Abnahmehäfen in Deutschland selbst). Ganz nebenbei verfügt auch Mittelmeeranrainer Algerien über große Gasvorkommen und könnte über zwei Pipelines ganz klassisch über 20 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr nach Spanien pumpen. Allerdings ist dieser Teil des Ganzen politisch heikel, da dazu auch das Transitland Marokko teilweise mit eingebunden werden müsste. Dieses aber liegt wegen der West-Sahara mit Spanien und Algerien im Streit. So oder so könnte die Iberische Halbinsel in Zukunft für die Energieversorgung Europas zunehmend wichtiger werden – sei es selbst als Produzent von Energie oder zumindest als Anlande- und Transitland Richtung Zentral-Europa. Das größte Manko aber: Die Europäische Union müsste vorher kräftig in den Anschluss der Halbinsel investieren. Und eines noch: Angesichts von 155 Mrd. Kubikmetern russischen Gases, das 2021 alleine in die EU floss, werden die Anlagen Iberiens alleine das Energie-Problem Europas nicht lösen. Aber laut Fachleuten sollen sie gemeinsam mit den Kapazitäten der anderen Häfen in Europa rund zwei Drittel des russischen Gases ersetzen können … (sfo.).


Am Morgen im Schatten der Hochhäuser
Quelle: Julia Krohmer©

Urban_Green [6] | SoLaWi

Von der Acker-Allmende

Mit SoLaWis können alle besser leben

Auf der Webseite »Solidarische Landwirtschaft« findet man aktuell rund 400 »SoLaWis« in Deutschland (dazu bald 100 weitere in Gründung). SoLaWi boomt. Und warum auch nicht? Das Prinzip ist bestechend: Landwirt*innen in der Region produzieren, Verbraucher*innen nehmen direkt ab und beteiligen sich bedingt auch am Risiko. Es wird Obst und Gemüse produziert, manchmal auch Eier und Honig, seltener Milch und Fleisch. Die Produkte kann man abholen oder sich umweltfreundlich liefern lassen. Sehr häufig liegen SoLaWis in oder nahe Ballungsräumen – wo die Städter*innen dann beim exotisch geworden Landleben nicht nur mitreden, sondern bei gemeinsamen Pflanz-, Jät- und Ernteaktionen auch gerne selbst die Ärmel hochkrempeln und mit anpacken können. Wenn sie denn wollen …

Ein schnelles Googeln ergibt in Frankfurt und naher Umgebung gleich neun SoLaWis: SoLaWi Frankfurt, SoLaWi Maingrün, SoLaWi Ffm, SoLaWi Guter Grund, SoLaWi Luisenhof, SoLaWi 42, der Birkenhof Egelsbach, Auf dem Acker und Die Kooperative. Auch in Frankfurt, der engen, von Banken und Börsen regierten Hessenmetropole, und der aus allen Nähten platzenden, verkehrszerfurchten Rhein-Main-Region gibt es also Raum für sowas. Ein Sechstel des Frankfurter Stadtgebiets (4000 Hektar, also 40 Quadratkilometer!) ist landwirtschaftliche Fläche. In der Metropolregion FrankfurtRheinMain sind es sogar 42 Prozent – reichlich Platz also nicht nur für die übliche marktorientiert-produzierende konventionelle Landwirtschaft, sondern auch für viele Direktvermarkter und SoLaWis. Eine davon ist die 2018 gegründete, schnell und pragmatisch wachsende »Kooperative« mit ihrer Demeter-zertifizierten »Cityfarm« in Oberrad sowie weiteren Flächen des Quellenhofs in Steinbach. Sie versorgt bereits 550 Frankfurter Haushalte mit diversen Angeboten (groß/klein, Obst und/oder Gemüse, mit/ohne Eier etwa). Wobei für einen kleinen Haushalt mit einer kleinen Obst-Gemüse-Kiste, ein paar Eiern und, nicht zu vergessen, zwei Hühnern im Jahr etwa 25 bis 30 Euro die Woche plus/minus anfallen können (ohne Gewähr natürlich). Das eigene Sortiment der Kooperative wird durch Kooperationen mit anderen Höfen noch erweitert. Wenn nicht gerade Corona ist, kann man auch mitmachen. Man kann Obstbäume pflanzen, mitgärtnern und -imkern, Marmelade kochen oder Sauerkraut herstellen. Es gibt Kinderkurse, Pflanz- und Ernte-Tanz-Feste, Schnittkurse, aber auch Versammlungen, zahlreiche Dialogprozesse, ein Online-Forum und vieles mehr. Kommunikation und das gemeinsame Beschließen ist allen SoLaWis sehr wichtig. Doch man kann sich natürlich auch einfach nur wöchentlich die per Fahrradkurier direkt vom Feld ins Depot gelieferte Kiste abholen, ein bisschen mit anderen Abholer*innen schwatzen und hin und wieder nach Oberrad radeln, um die zutraulichen Hühner in ihrem Hühnermobil auf der grünen Wiese zu besuchen.

SoLaWis gibt es in Deutschland schon seit fast 50 Jahren. Ursprünglich kam die Idee aus Japan. Dort schlossen sich 1974 engagierte Landwirt*innen und Verbraucher*innen im Kampf gegen Agrarchemie und Kunstdünger zusammen und »erfanden« so diese Form der Direktvermarktung und -gewinnung. Sie basiert auf gegenseitigem Vertrauen zwischen Erzeuger*innen und Verbraucher*innen, garantiert letzteren gesunde Nahrungsmittel mit geringem ökologischem Fußabdruck durch Produktion und Transport, viel Mitsprache und heute oft auch viel Mitmachen. Die Landwirt*innen können ihrerseits wegen der garantierten Abnahme und Bezahlung ihrer Produkte durch die mehr oder weniger straff organisierte Gruppe frei von Marktzwängen arbeiten. Mögliche Risiken, etwa durch Ernteausfälle, werden gemeinsam getragen – solidarisch eben. Damit steht SoLaWi, die solidarische Landwirtschaft, nicht nur zum gegenteiligen Vorteil, sondern meist auch zum Nutzen der Umwelt – denn hier wird meist aus Überzeugung ökologisch gewirtschaftet (juk.).

Zukunft des Verkehrs

Der Blick von unten

Wie Kids sich Mobilität wünschen

Die Stadt Frankfurt arbeitet derzeit mit ihren Bürger*innen einen »Masterplan Mobilität« aus. Teil der Bürger*innen-Beteiligung waren auch Planspiele und Befragungen an Schulen. Gemeinsam mit dem Verein »Umwelt lernen« wurden an 35 Schulen fast 1.800 Kids einbezogen. Die Vorstellungen der Schüler*innen präsentierten sich in eigenen Schaubildern, umfangreichen Auswertungen sowie einem eigenen Podium beim 3. Frankfurter Mobilitätsforum 2022.  

Gut, ein Wunsch Frankfurter Schülerinnen und Schüler wird sich nicht so leicht erfüllen: dass Autos und E-Roller sich einfach in Bäume verwandeln. Doch sonst haben fast 1.800 Kids, die sich in 35 Schulen an einem Planspiel zur künftigen Mobilität in der Mainmetropole beteiligt haben, nicht nur klare und naheliegende, sondern auch realisierbare Vorschläge. Und das erstaunlich differenziert und begründet. Ganz oben auf allen Listen: günstigere ÖPNV-Tickets, mehr Grün in der Stadt und vor allem mehr Platz und mehr Sicherheit für nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer*innen. »Wenn mehr mit dem Bus fahren, ist mehr Platz auf den Straßen«, war ein Argument, warum Tickets günstig oder kostenlos sein müssten. Und zwar nicht nur für Oberstufen-Schüler*innen, die überraschenderweise oft ihre Tickets selbst bezahlen müssen. Genauso wichtig ist ihnen die Sicherheit am Straßenrand, »weil Autos oft zu schnell sind«. Also Brücken statt Zebrastreifen, längere Grünphasen an Ampeln, Schwellen vor Überwegen, mehr Kreisel oder breitere und baulich abgetrennte Radwege. Und: weniger Mülltonnen dort, weil sie – völlig überraschend – die Sicht verdecken.

Da Kids durchaus eine ganz andere Sicht auf den Verkehr haben, bekamen sie auch beim 3. Frankfurter Mobilitätsforum Mitte 2022 im Haus am Dom eine eigene Ausstellung mit »ihren« Ergebnissen (s. Bildergalerie) und eines von drei Podien alleine für sich. Und auf dem Podium zeigten alleine zwölf Schüler*innen aus vier Schulen sehr schnell, was ihnen wichtig ist. Nicht nur der Blick auf den Verkehr stand im Fokus: mehr Bäume, mehr Blumen, »straffreies Urban Gardening«, überhaupt mehr Grün und Plätze zum Spielen und »zum Abhängen« (nicht nur für sich), forderten sie ganz allgemein ein. Aber auch beim Blick auf die Straße(n) gab es Prioritäten: weniger Autos auf der Fahrbahn und am Straßenrand, bis hin zu einer völlig autofreien Berger Straße. Und immer mit einem besonderen Blick für die Schwächeren: Erstaunlich viel Raum bekamen Hilfen für Rolli-Fahrer*innen und Blinde (»Die können ja nichts für ihre Behinderung. Deshalb müssen wir uns für sie einsetzen.«). Zwischendrin auch die Forderung nach weniger Ausgrenzung von Obdachlosen. Null Verständnis gab es für schmale Gehwege und vor allem für herumliegende E-Roller. Doch nicht nur diese Art von »Müll« würden Kids gerne aus dem Stadtbild verbannen. Auch sonst ist es ihnen viel zu viel Unrat auf und neben den Straßen. Und auch Busse und Bahnen bekommen ihr Fett weg. Die Kids, die schon quasi »von Berufs wegen« Busse, Bahnen und Fußwege nutzen, finden es überall zu dreckig, wünschen sich weniger klebrige Kaugummis sowie Busse, Bahnen und Gehwege, bei denen es mehr Spaß mache, sie auch zu benutzen. Denn eines ist auch ihnen erstaunlich klar: Es reicht nicht, nur einfach mehr Menschen in den ÖPNV, auf Rad- und Fußwege zu bringen. Diese müssten auch in der Lage sein, sie aufzunehmen. Ach ja, und an noch jemanden denken die Schüler*innen. Kostenlos müsse nicht alles sein. Denn auch die, die dort im ÖPNV und bei der Straßenreinigung arbeiteten, »müssen ja auch was verdienen …«. Manchmal hatte man das Gefühl, dass auf Podien ein »Blick von unten« auf den Verkehr öfter nicht unbedingt schaden würde … (vss.).