Das Crespo Haus - viel Platz für Kultur und Begegnung
Quelle: Veronika Scherer©

Neue Räume

Wo Kultur neu zu Hause ist

Crespo-Haus & Museum Reinhard Ernst

Kultur muss sparen. Das hört man in jüngster Zeit wieder öfter. Städte und Gemeinden müssen nach Corona wieder die Rotstifte auspacken. Und die, so scheint es, scheinen vielen Stadtkämmerern oft am besten zur Kultur zu passen. Umso erfreulicher, dass in der Region gerade in dieser Zeit durch außergewöhnliches privates Engagement zwei neue, ebenso außergewöhnliche Kultur-Häuser entstanden sind: in Frankfurt das Crespo-Haus, zu dem die Stadt mit einem 50er-Jahre-Sanierungsfall den Grundstein legte, und in Wiesbaden das gänzlich neue Museum Reinhard Ernst, bei dem nur das Grundstück der Stadt gehört und das praktisch komplett privat finanziert wurde durch den Unternehmer gleichen Namens. Doch auch in Frankfurt wurde das neue Haus nur möglich durch das posthume Engagement der verstorbenen Wella-Erbin Ulrike Crespo – selbst begeisterte und zuweilen begeisternde Fotografin –, aus deren Stiftungsvermögen das neue Haus komplett grundsaniert wurde, nunmehr auch betrieben wird und wo zur Zeit auch ausgewählte Werke von ihr zu sehen sind … (mehr lesen).

Veronika Scherer©
Sehr persönlich kommt der Hopper schon in der Werbung auf seiner Website daher
Quelle: kvgOF / Website Screenshot©

Region | On-Demand-Busse

Hopper – Lückenfüller und mehr

Ein beliebtes Zusatzangebot in Rhein-Main

Sie heißen »Hopper« oder »HeinerLiner«. Andere nennen sich »Emil«, »Knut«, »Carlos« oder auch »Colibri«. In weiten Teilen des Rhein-Main-Gebietes sind die rmv-Kleinbusse »on-demand« (also »auf Anfrage«) unterwegs, um Menschen nebst Bahnen und Bussen noch etwas passgenauer von da nach dort zu bringen – zumindest über kurze Strecken. Beim größten Anbieter, dem »Hopper« im Kreis Offenbach, sind wir im Städtchen Neu-Isenburg öfter mal mitgefahren … 

»Mein Freund hat bestellt. Ich bin die Sandra«. Der Fahrer sammelt die junge Frau, die beim Einsteigen nur kurz die Stöpsel aus dem Ohr nimmt, am Stadtrand auf dem Parkplatz eines Supermarkts ein. Er wusste eigentlich schon, wer ihn erwartete. Er kennt den Freund, der oft bucht, um selbst zwischen den Vororten Gravenbruch und Zeppelinheim zwischen seinem Zuhause und dem der Freundin zu pendeln. Manches Mal buche er aber auch für die Freundin, um auch ihr abseits der zuweilen etwas großflächig getakteten Buszeiten zwischen Kernort und den beiden Ortsteilen ein Fort- und vor allem abends ein gutes Nach-Hause-Kommen zu ermöglichen. Gebucht ist in der Tat schnell, wenn man sich zuvor im System registriert und eine Zahlungsweise hinterlegt hat. In der Regel loggt man sich dann mit dem Smartphone ein (es gibt auch Telefonbuchung), gibt Start und Ziel innerhalb eines bestimmten Gebietes ein und bekommt dann den Abholpunkt mitgeteilt. Rund 200 Meter, so hört man vom Betreiber, sind die Haltepunkte meist voneinander entfernt. Vor die Haustür wird Sandra also nicht gefahren. Aber zumindest nicht weit davon entfernt wird sie aussteigen – und an diesem Nachmittag von ihrem Freund abgeholt werden. Der Fahrer lächelt kurz. Mit dem Freund hat er sich schon oft bei den Fahrten  unterhalten … (weiter lesen).


Zuweilen hat Kulturschaffen auch durchaus viel mit Glücksspiel zu tun
Quelle: Veronika Scherer (ver.)©

IMPULS | KÜNSTLER*innenGAGEN

Fair ge-/behandelte Kunst

Ein Gastkommentar von Julia Eberz

Der Bund legt Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen für von ihm mehrheitlich geförderte Kulturprojekte fest. Städte wie Stuttgart und Frankfurt führen Ausstellungshonorare ein. Julia Eberz, Vorsitzende im Kulturausschuss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, sieht darin erste Ansätze zu »fair gehandeltem und behandeltem Kulturschaffen«. 

Zweifellos, sehr viele freischaffende Künstler*innen, insbesondere in der bildenden Kunst, aber auch in anderen Kulturbereichen, arbeiten in prekären Verhältnissen. Endlich hat auch die Bundesregierung reagiert und verknüpft die Förderung von Einrichtungen und Projekten, die zu mindestens 50 Prozent vom Bund gefördert werden, mit der Einhaltung von Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen. Dieser Schritt war längst überfällig und es bleibt zu hoffen, dass Länder und Kommunen, die ebenfalls viele Kulturprojekte und -einrichtungen fördern, diesen Schritt nachvollziehen. Erste Schritte da und dort in diese Richtung sind bereits zu verzeichnen. Frankfurt hat zum Beispiel gerade Ausstellungshonorare und neue Stipendien auf den Weg gebracht.

Was für Arbeitnehmer*innen mit dem Mindestlohn inzwischen völlig normal ist, muss auch für freischaffende Künstler*innen gelten. So weit so nachvollziehbar. Aber bringen Honoraruntergrenzen auch Nachteile mit sich? (weiter lesen)


Von außen ein Kaufhaus. Von innen das vielleicht größte Kultureldorado der Republik.
Quelle: Line Krom©

Blaupausen | Jupiter Hamburg

Kommunales Kultur-Kaufhaus

Hamburg übt den kulturellen City-Umbau

Innenstädte haben sich als Kommerzmeilen offenbar überlebt. Stadtregierungen suchen nach neuen Konzepten; mal halbherzig, mal recht konkret. In der Region haben etwa Fulda und Offenbach ihre »Kaufhöfe« erworben und versuchen, darin neue Konzepte für Bürger*innen umzusetzen. Hamburg hat die letzten beiden Jahre recht prominent mit einer Art »Kulturkaufhaus« experimentiert. 

Es hat etwas von einem »Kulturtempel«. Zumindest, wenn der Begriff nicht schon irgendwie anders besetzt wäre. Und doch: Das großflächige und mehrstöckige Kaufhaus mitten in Hamburg muss Kulturschaffenden wie ein Tempel vorkommen. Überall gibt es etwas Anderes, etwas Neues zu entdecken und zu Bespielen. Doch immer irgendwas mit Kultur im weitesten Sinne. Jede Etage wird von unterschiedlichen Projekten genutzt. Im Erdgeschoss finden sich Designershops und ein Café. Urban Art, Graffiti und Hip Hop-Kurse folgen im 1. OG, Kunst, Mode und Circular Economy im 2. OG, wechselnde künstlerische Nutzungen sind im 3. OG vorgesehen, Aktivitäten für Kids im 4. OG. Im 5. OG findet sich zwischen ausgesonderten Bühnenbildern und Requisiten großer Spiel- und Produktionsstätten die »Bar der Hanseatischen Materialverwaltung«, ein Pop-up-Ort für Konzerte, Bingo-Abende und sogar Tischtennisturniere. Der Rooftop schließlich kommt bei Yoga-Schüler*innen gut an. »Herzstück« ist gerade die den Kulturbetrieb spiegelnde Ausstellung »Imagine Transparency« im 3. Stock. Das »Kurativ«, das junge Kuratorinnen-Kollektiv Lara Bader, Sarah Thiemann und Manya Gramsch aus Hamburg, präsentiert darin eine kritische Auseinandersetzung mit Ausschlussmechanismen im Ausstellungsbetrieb. Mit 20 Künstler*innen vor Ort und über 50 im digitalen Raum suchen sie nach Antworten auf die Frage: Wer kann sich Zugang zur Kunst überhaupt leisten?

Der wechselweise als Kulturtempel oder auch scheinbares Eldorado für Kulturschaffende daherkommende Komplex ist ein von Leerstand betroffenes, also mehr oder minder ausgedientes Kaufhaus im Herzen der Hamburger Innenstadt. Passenderweise trägt es heute den Namen »Kreativplanet Jupiter« und ist ein von der Stadt Hamburg ins Leben gerufenes Projekt, um Leerstand kreativ zumindest zwischennutzen zu können (weiter lesen).

Line Krom©
Chris Kircher, eine der Gründerinnen, hier zwischen Nutzen, Machen und Wissen
Quelle: Alexandra Flieth©

Möglichmacher*innen | Gemüseheldinnen

Von Städter*- zu Gärtner*innen

Aktiv in Markt-, Wald- und Mirabellengärten

An diesem Morgen ist es ruhig in den Gärten der »GemüseheldInnen Frankfurt«, hier in der »Grünen Lunge«, einem ihrer Refugien nur wenige Schritte vom Günthersburgpark entfernt. Selbst im nun beginnenden Herbst gedeihen in den Gärten verschiedene Gemüse wie Salate, Auberginen, Paprika und Kräuter. Setzlinge von Feldsalat wurden gerade erst eingepflanzt und können bald abgeerntet werden. »Der Market Garden, in dem wir hier stehen, folgt dem Vorbild der Pariser Marktgärtnerinnen aus dem 19. Jahrhundert, die eine ganze Stadt mit Gemüse versorgt und dabei rein auf Wissen und Handarbeit gesetzt haben«, erzählt Chris Kircher, eine der Gründerinnen der GemüseheldInnen. Beim »Market Gardening« seien die Beete normiert und die Bepflanzung sehr dicht, wodurch der Boden zwar geschützt, der Ertrag pro Quadratmeter aber trotzdem maximiert werden könne. Damit sei es für jedermann/jederfrau im Prinzip möglich, bereits kleinste Flächen zu bewirtschaften, auch weil der Einsatz von Maschinen fehle und damit Investitionskosten niedrig wären.

Wer in die »Grüne Lunge« am Günthersburgpark kommt, findet meist zweierlei: einerseits ein üppiges grünes Refugium und lebendiges Biotop, andererseits aber auch viel geteiltes Wissen und zahlreiche Anregungen für eigenes (Mit-) Tun. Was 2019 mit der Idee begann, städtische Landwirtschaft nach Frankfurt am Main zu bringen sowie in Gemeinschaft nach den Prinzipien von Permakultur und Market Gardening eigenes Gemüse anzubauen, hat sich mittlerweile zu einer Bewegung in der Mainmetropole entwickelt … (mehr lesen).


Wo Offenbacher*innen sich bald aus tiefsten Tiefen in die Lüfte gen Frankfurt schwingen könnten ...
Quelle: OIMD / Moritz Zimmermann©

Region | Über den Städten schweben

Hibbdebach, Dribbdebach, Offenbach

Gedankenspiele für eine völkerverbindende Seilbahn

Es gibt zwei Antagonismen, über die Neu-Frankfurter*innen immer wieder staunen. Das eine ist die Geschichte von »Hibbdebach« und »Dribbdebach«. Wer nicht aus Frankfurt oder allernächster Umgebung kommt, kann mit den Begriffen wenig anfangen. Plastischer wird es, sich den Main als besagten »Bach« (zwischen beiden Teilen der Stadt) sowie »hibb« und »dribb« einfach als »hüben« und »drüben« vorzustellen. Der Main verbindet beide Teile der Stadt und der Stadtbevölkerung(en). Doch er trennt auch. Es braucht schon Brücken oder gar Tunnels, um die Menschen von hibb nach dribb und umgekehrt zu bringen. Und beide brauchen Zuführungen, was in der dichtbesiedelten Stadt auch kein einfaches Logistikproblem ist. Zudem: Seit das Auto nicht mehr das (Verkehrs-) Maß aller Dinge ist und neue Querungen eher dem ÖPNV dienen sollen, kommt auch fast nur noch der Tunnel in Frage. Und der ist teuer und aufwändig – und das beileibe nicht nur, um in Städten hibbdebach und dribbdebach zu verbinden. Brücken und Tunnels hingegen dürften nach Ansicht vieler alteingesessener und -sozialisierter Frankfurter*innen und Offenbacher*innen kaum ausreichen, den zweiten, leicht verschärften Frankfurter Antagonismus aufzulösen. Nämlich den, dass Frankfurter*innen Offenbacher*innen nicht mögen und umgekehrt. Und das, obwohl beide direkt aneinander grenzen. Zumindest grenzt Offenbach recht nah an Dribbdebach. Was es für Offenbacher*innen auch wieder besonders schwer macht, nach Hibbdebach zu kommen, ohne über Dribbdebach zu müssen. Dass an manchen Stellen zwischen Offen- und Dribbdebach noch Oberrad dazwischenliegt, ist da eher nebensächlich …

Bei so viel wohlgepflegten Gegensätzlichkeiten bedarf es schon pfiffiger und vielleicht sogar gewagter Ideen, die alten Antagonismen aufzulösen und die Menschen hier und dort einander näher zu bringen (weiter lesen) …


Peter Roehr zeigt Kunsthaus, Pae White zeigt Opelvillen
Quelle: Stadtmuseum Wiesbaden, Peter Roehr / VG Bild Kunst, Pae White / Jens Ziehe, Stadtarchiv Rüsselsheim©

(Zwölf) Ausstellungen

Innere und äußere Werte

Alte Häuser reihen neue Kunst aneinander

Zwei für eins – Gastronomen und Kaufhäuser werben ja gerne damit. Zwei Essen bestellen, eines bezahlen. Oder: zwei Kissen für den Preis von einem. Auf recht charmante Art und Weise kopieren nun sechs Ausstellungshäuser in der Rhein-Main-Region diesen Gedanken. Sechs Häuser mit Geschichte spannen mit ihren aktuellen Ausstellungen der nächsten Monate zusammen. Der Reigen der Ausstellungen ist bunt: Klang- und Installationskunst von und mit Peter Roehr, collagiertes Interieur zeitgenössischer Künstler*innen mit Jochem Hendricks, der Pilz in allen ökologisch-künstlerisch-gesellschaftlichen Variationen, Wohnen mit Künstler*innen ausgestellt und Wohnen von Künstlern kuratiert sowie last but not least eine zeichnerische Aufarbeitung von Leid und anderen existentiellen Themen. Eher monochrom kommt die Zugabe daher: Wer sich in Wiesbaden, Rüsselsheim, Bad Homburg, Frankfurt, nochmals Wiesbaden sowie Darmstadt auf diese Ausstellungen einlässt, bekommt überall noch einen zweite, meist kleine Schau gratis dazu. Ob Kunsthaus, Opelvillen, Sinclair Haus, Museum Giersch, Nassauischer Kunstverein oder TU Darmstadt – alle haben ihre denkmalgeschützten Häuser mit viel Geschichte aufarbeiten lassen und präsentieren sie ergänzend und/oder über eine begleitende Website. Häuser, die nicht selten ganz andere Bestimmungen hatten, als sie gebaut wurden: als Schulen, Wohnhäuser oder Werkshallen. Und einige, wie die Opelvillen unter der Initiatorin der Idee, Beate Kempfert, haben dabei auch geschickt das eine Sujet mit den anderen Objekten verbunden und interagieren lassen. Eine Zeitreise durch Geschichte und Gegenwart in zwölf Teilen … (vss.).