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Quelle: Günther Dächert©

Ausstellung / Porträtreihe

Wohnen im / mit / ohne Atelier

Annäherungen an das Leben von Künstler*innen

Wie wohnen, wie arbeiten, wie leben Kulturschaffende heutzutage? Dieser Frage geht eine Porträtreihe in Form von Ausstellungen und Artikelserien über Künstler*innen nach. Die Ausstellung »Lebt und arbeitet in …« und die Reihe »Künstler*innen. Leben. Orte.« waren eine Koproduktion zwischen »Urban shorts – Das Metropole Magazin« und dem Frankfurter »Heussenstamm. Raum für Kunst und Stadt«. Gemeinsam nähern sich die Porträts in Fotos von Günter Dächert (die im Herbst 2021 und im Sommer 2022 im Heussenstamm zu sehen waren) und Texten von Urban shorts-Autor*innen (die nach und nach auf dieser Seite erschienen sind) dem Leben, dem Wohnen und dem Arbeiten von Künstler*innen aus der Region an. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Orten. Auf Städten, in denen die Künstler*innen leben. Auf Wohnungen, in denen sie arbeiten. Auf Ateliers, in denen sie wohnen (müssen). Auf temporären Orten, die sie suchen oder die sie bespielen. Es geht in Altbauwohnungen und Hinterhofateliers, in Remisen und Reihenhäuser, in Atelierhäuser oder auch schlicht in die Denkräume in den Köpfen der Künstler*innen. Aktuell sind alle erschienenen Porträts auf der Seite THE.ARTISTS zu lesen (red.).

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Klaus Schneider zwischen Lebenskunst und Künstlerleben
Quelle: Günther Dächert©

KÜNSTLER. LEBEN. ORTE. [18]

Klaus S. – Der Lebenskulturschaffende

Ein Leben, fast wie aus dem Künstlerbilderbuch

Ein Idyll, eine Oase – zwei Worte würden ausreichen, Klaus (und Cosima) Schneiders kleine Welt in einem Hinterhof in Seckbach zu beschreiben. Von der staubigen Durchgangsstraße kommend, betritt man eine andere Welt: ein kleiner Hof mit Kopfsteinpflaster, ein altes zweistöckiges Hinterhaus, zugewachsen mit Efeu, kleine Sitzecke hinter verträumten Blumenkästen, ein ausladender Feigenbaum. Pittoresk – wie aus einem Fotobuch, irgendwo in Europas Süden aufgenommen. Der Frankfurter Künstler hat hier – man muss es so sagen – seinen »Lebensmittelpunkt«. Seit Jahrzehnten bewohnt er die 70 Quadratmeter im ersten Stock oder das kleine Erdgeschossatelier (neben dem hinter einem alten Garagentor noch das Lager liegt) – oder seit einigen Jahren beides zusammen. Ebenso wie er zeitweise in den zwei ineinandergehenden Atelier-Räumen auch mal wohnte und arbeitete zugleich, kurze Zeit gar zusammen mit seiner Frau. Ateliers »in der Stadt« hatte er immer nur temporär. Ein »Künstlerleben« ließe sich romantisierend sagen. Auch wenn durchschimmert, dass dies alles nicht nur »romantisch« ist. Wenn davon die Rede ist, dass alles am Haus selbst gemacht werden muss, und der Efeu im Winter auch zuweilen die einzige Dämmung ist. Oder wenn Schneider sagt, dass es oft das Einkommen der Buchgestalterin Cosima Schneider ist, das die Grundlage ihres Auskommens bildet – und er von seinen unregelmäßigen Einkünften dazugibt, was er kann. Zuletzt mal wieder etwas mehr, durch einen unverhofften Museumsankauf …

Ein Künstlerleben eben. Dass Schneider als Künstler durchaus einen Namen hat, Werke von ihm im öffentlichen Raum zu sehen sind, er als Hochschul-Dozent arbeitete, ihn sogar Museen angekauft haben – es ist alles kein Widerspruch dazu, eher die Regel. Gerne spricht man bei Kulturschaffenden von »Lebenskünstlern«. Bei Klaus (und wohl auch bei Cosima) Schneider träfe es der Begriff »Lebenskulturschaffende(r)« vielleicht noch besser. Wohnung, Atelier, der Vorplatz atmen Lebenskunst. Von den selbstgebauten Möbeln in der Wohnung über die akkurat drapierten Kunstwerke befreundeter Künstler*innen und aus dem eigenen OEuvre bis zum sorgsam zelebrierten Tee, den man zum Gespräch in farbigen Tassen gereicht bekommt. Dieses Leben spiegelt fast das vielgestaltige und auch ungewöhnliche Künstlerleben. Wort, Bild, Ton, Installation – die Genres verschwimmen nicht nur, sondern verbinden sich oft ungewöhnlich harmonisch. Sprache stand bei ihm einmal am Anfang – bevor er merkte, dass sie alleine nicht ausreichte, Dinge und Emotionen auszudrücken. Die Kunst hat Schneider fortan ungewöhnliche Wege geführt. Die Braille-Schrift, das Sehen und Nichtsehen sowie die hohe Kunst des Berührens (wortwörtlich und übertragen) haben lange einen guten Teil seiner Arbeit ausgemacht. Später haben es ihm Haikus in allerlei Variationen angetan. Ob als Bild, als Text oder als Installation – immer wieder spielt er mit dem harmonischen Verweben von 17 Elementen. In jüngerer Zeit versucht er, dies auch in eine musikalische Ebene auszudehnen. Lange Zeit hat er sein Wissen auch weitergegeben und Studierende das Zeichnen gelehrt, auch mit ungewöhnlichen Zugängen über Comics etwa. Obwohl Schneider sich viele Zugänge zu Kultur und Leben geschaffen und vieles dabei erschaffen hat, hat er wie viele Kulturschaffende keine Reichtümer angehäuft. Eher reiche Orte geschaffen. Orte, die Kunst und Menschen verbinden, Kultur schaffen. Und die ihm auch selbst neue Türen geöffnet haben. Eine zweite Heimat ist Italien geworden. Oft hat er dorthin sein Sommeratelier verlegt. Bis aus den Gastgebern ein befreundetes Ehepaar wurde. Seither können die Schneiders sommers immer wieder einige Wochen, gar Monate dort verbringen. Und längst steht im Süden auch ein dreidimensionales Haiku als Kunstwerk in der Landschaft. Während er offenbar wieder manches von der dortigen Kultur in sein hiesiges Leben und Schaffen mitgenommen hat. Eine Vision hat er noch: ein Konzert- und Veranstaltungsraum, dessen Außen aus 17 einzelnen Flächen besteht. Ein Ort vielfacher Harmonie … (vss.).

Günther Dächert©
Setareh Alipour: Auf der Suche nach Räumen
Quelle: Günther Dächert©

Künstlerinnen. Leben. Orte. [2]

Setareh A. – die Improvisierende

Von Orten, Chancen und Leben im Augenblick

Vielleicht war die Ausstellung vor ein paar Wochen auf dem grünen Rasen des Offenbacher Büsingparks jene, die am meisten über Setareh Alipour verrät. Es ging um Alltags-Rassismus, um die Erfahrungen junger Menschen, zusammengetragen vom Fotografen Zino Peterek, kuratiert für nur diesen einen Tag von Alipour mit Fotos und Texten, die an den Bäumen hingen und die Geschichten dieser Menschen mit deren eigenen Worten erzählten. Orte der Kunst und der Kultur können überall sein, sagt Alipour dazu. Orte des Lebens wohl auch. Setareh Alipour ist Kunstschaffende und Ausstellungsmacherin. Die 26-Jährige studiert derzeit an der »HfG« in Offenbach experimentelle Raumkonzepte sowie Akt- und konzeptionelles Zeichnen. Ein klassisches Atelier, in dem sie Ideen umsetzt, hat sie nicht. Sie nutzt einen Raum an der Hochschule. Gleiches mit der Wohnung. Ein Zimmer bei ihrer Mutter in Sachsenhausen, zu der sie nach einem Aufenthalt in Berlin vor vier Jahren wieder zurückgezogen ist, ist ihr Zuhause und auch einer der Orte, an dem sie Ideen für ihre künstlerische und kuratorische Arbeit entwickelt. Es sei aber nicht ihr Jugendzimmer, sagt sie und lacht. Das Wohnen bei ihrer Mutter – das sei heute eher wie in einer guten Wohngemeinschaft. Dass es aber für die Studentin im teuren FrankfurtRheinMain auch mit Geld zu tun hat, verhehlt sie in ihrer direkten Art nicht.

Seit 2013 – lange bevor sie 2019 mit ihrem Kunststudium begann – kuratiert Alipour Ausstellungen. Bisher stets Einzelausstellungen, ganz gleich ob mit einzelnen Kunstschaffenden oder einem Künstlerkollektiv, und immer an Orten, die ihr temporär in Frankfurt und Offenbach zur Verfügung standen: »Off Spaces«, also Orte außerhalb klassischer Ausstellungsräume wie Museen und Galerien. Es sei der Wechsel zwischen eigener Kunst und dem Sichtbarmachen Anderer, den sie spannend finde. Wobei es immer eine Zeit gebe, in der sie Ausstellungen organisiere, und eine, in der sie sich dem Studium widme. Der Frankfurter Kreative Hannibal Tarkan Daldaban hatte ihr den Zugang zum Kuratieren ermöglicht, sie mitgenommen in die Welt der Off Spaces, als sie 2013 als Praktikantin zu seinem Projekt »Punkt« dazukam. Damals wurde ein Raum an der Berliner Straße mit Kunst bespielt und sie von Anfang an in das Projekt einbezogen, erzählt sie. Später kam der »Oststern«, eine ehemalige Mercedes-Benz-Niederlassung an der Hanauer Landstraße, die bis zu ihrem Abriss temporär als ein Ort für Kultur und Ausstellungen genutzt wurde. Drei Schauen dort hat sie kuratiert und Erfahrungen im Projektmanagement gesammelt. Die Zusammenarbeit mit Daldaban besteht noch, zuletzt bespielten die zwei ein ehemaliges Geschäft für Trauringe an der Katharinenkirche unweit der Hauptwache. Das Projekt heißt »Umweg by Punkt«. Für Setareh Alipour eröffnen solche Orte die Möglichkeit, Menschen einzuladen, Räume aktiv mitzugestalten. Doch es müssen nicht immer leerstehende Räume sein. »Geschäfte sollten nicht nur Produkte ausstellen, sondern auch Ideen«, sagt sie. Die Vorstellung von Kunst sei zu sehr geprägt von Institutionen. Sich von diesen tradierten Vorstellungen zu lösen, versteht sie auch als Chance für eine Gesellschaft, Stadtentwicklung neu zu denken. Wie gesagt: Orte der Kunst und Kultur können überall sein … (vss.).

Günther Dächert©
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Quelle: Günther Dächert©

Künstler. Leben. Orte. [13]

Samuel B. K. – der Großdenkende

Warum weniger als eine Stadt als Atelier und Lager?

Ein Ein-Zimmer-Appartement mit Dachschräge, zwei Fenstern, Küchenzeile, Bad. Nicht schön, aber zweckmäßig. Der Blick aus dem Fenster: eine geflickte Pflasterstraße, Betonkuben, Industrieschornsteine, Kräne, eine Spielhalle, ein FKK-Club. Keine Cafés, keine Geschäfte. Viel soziales Leben oder gar deutschen Alltag gibt es in der Gegend nicht. Am Abend parken Luxuskarossen mit auswärtigen Nummern vor dem Haus. Tagsüber gehört die Straße den Lastwagen. Letzten Sommer heizte sich das Appartement fast unerträglich auf. Aber wer hätte in Deutschland mit Sommern um 40 Grad gerechnet, als das Haus gebaut wurde. Immerhin gibt es ÖPNV. Und wenn man es großzügig betrachtet, ist die Nebenstraße der Hanauer Landstraße fast noch Innenstadt. Das ist das Deutschland, das sich Samuel Baah Kortey immer wieder auftut, seit er vor einem Jahr aus Ghana als Stipendiat an die Städelschule kam. Dort arbeitet er auch in einem Gemeinschaftsatelier.

Welch’ andere Welt. Zuhause in Kumasi hat er die ganze Stadt als Atelier. Überall Orte und Menschen, die etwas für ihn lagern oder auftreiben. Diese Kontakte und die enge Vernetzung mit seiner Umgebung fehlten ihm in Frankfurt. Nicht nur, weil er nur Englisch spricht. Sein Künstlerdasein sei hier weniger frei, beschränkter. Es war schon ein Lernprozess, in Deutschland anzukommen. Er fühlte sich anfangs wie in einem Buch oder in einem Kinofilm. Deutschland sei da für ihn gewesen wie das Einstimmen in einen Chor. Einen Chor aber, der bereits singt. Zuerst der Papierkram. Nach dem Studium 2017 und mit der Einladung der Städelschule begann sein Kampf ums Visum. Hier angekommen, hieß ihn das Land mit der Steueridentifikationsnummer willkommen, gefolgt vom Schreiben der GEZ. »Germany, Germany«, seufzt er gespielt verzweifelt. Und seine Wohnung sei einfach zu klein. Zu klein zum Leben. Zu klein zum Arbeiten, zum Lagern, zum Archivieren. Denn er sammelt. Alles, Tickets genauso wie reichsdeutsches Inflationsgeld aus den 30er Jahren. Sammeln ist Teil seiner Arbeit. Und er arbeitet eigentlich immer …

Immerhin: Seine Kunst, so Baah Kortey, funktioniere überall. In jeder Kultur, jedem Raum. Denn es gehe immer um dasselbe: um Einflüsse und wie diese Teil des Menschen, des großen Ganzen, dessen Kultur werden. In Ghana sähe er Autos oder kleine Transporter mit deutschen Aufklebern. Die Menschen würden dies unbewusst konsumieren, nicht in Frage stellen. Aber es mache etwas mit ihnen. Wenn er hierzulande durch Tiefgaragen oder Parkhäuser läuft, checkt er Autos auf ihre »Zukunft«, also darauf, wann sie als »neuwertig« in Ghana landen. Sein hiesiger Kunstprofessor hatte in Ghana gar seinen alten Schulbus aus Gymnasialzeiten entdeckt. Für solche Zusammenhänge will Baah Kortey Bewusstsein schaffen. Wie wir die Welt anschauen, wie wir auf uns schauen, aber auch, wie wir die Dinge für alle gangbar machen können. Seit einem Jahr ist er nun hier. Eineinhalb Jahre werden es werden. Dazwischen mal wieder Kumasi. Ein Stipendienleben. In Ghana fühle er sich freier (auch wenn Künstler es nicht einfach hätten). In Deutschland zähle Wettbewerb und der Wettbewerb um Förderung. Er liebe es, zu arbeiten, zu organisieren und auch Nichtkünstler in sein Schaffen zu integrieren. Und er liebe es, mit Originalen zu arbeiten: mit Schlachtbänken oder mit Menschen, die in Schlachthöfen arbeiten. Doch alles benötigt Genehmigungen oder wird reglementiert. Seine Installationen brauchen Raum, den er hier nicht findet. Das führt mittlerweile dazu, dass er in immer kleineren Dimensionen arbeitet. Wenn seine wandgreifende Installation, die Assoziationen an die Beninbronzen im Britischen Museum weckte, auch eine der flächenmäßig größten Werke des Städelrundgangs 2022 war, so war sie doch wesentlich kleiner als das, was er normalerweise zeigt. Beschränkung ist das, was er sich auferlegen muss. Da, wo vielleicht hierzulande mancher meinen würde, dass es doch umgekehrt sein müsste. Egal was er sieht, ständig versucht er, Schichten aufzudecken und Überlagerungen und Zusammenhänge zu schaffen. In Ghana finanziert er sich größtenteils selbst. Nur so sei es ihm möglich, Kontrolle über sein Werk zu behalten. Denn was er ausstellt, werde dort immer kontrovers diskutiert. Kompromisse sind nicht sein Ding. Eher gar nicht als anders, als er es möchte. Einen Kompromiss ist er aber doch eingegangen. Eine Ausstellung nämlich hatte er auch hier in Frankfurt: in der 1822-Galerie – auf rund 40 Quadratmetern. Vielleicht wird Samuel Baah Kortey sich denn auch nicht nur grämen, wenn sein Stipendium vorbei ist – und er zu Hause wieder mehr Platz zum Arbeiten hat … (sfl.).


Elena und Nikolai: Ein Leben in Gemeinschaften
Quelle: Günther Dächert©

Künstler*innen. Leben. Orte. [4]

Elena K. – die Verbindende

Mit Kunst und Kultur neue Orte schaffen

»Terz« ist ein Begriff aus der Musik, aber auch ein Synonym für »Krawall«. Eine ungewöhnliche Kombination. Terz heißt auch die Katze von Elena und ihrem Mann, dem Musiker Nikolai, die es sich im Körbchen auf dem Arbeitstisch der Künstlerin gemütlich macht. Das Künstlerpaar hat die Samtpfote vor fünf Jahren adoptiert und vor vier Jahren mitgebracht nach Praunheim, wo die drei in einer von zwei geförderten Atelierwohnungen auf dem früheren Gelände der Praunheimer Werkstätten direkt an der Nidda leben. Und auch das ist eine ungewöhnliche Konstellation. Ein Großteil des Gebäudes ist seit Jahren ein Übergangswohnheim für geflüchtete Menschen. Elena und Nikolai organisieren gemeinsam mit dem Ehepaar der zweiten Atelierwohnung, Sängerin Pariya Dharmajiva und Musiker Leon Lissner, kreative Aktionen, die sie dann mit den Bewohner*innen des Übergangswohnheims umsetzen. Kunst, Musik und Kreativität sowie soziales Engagement sollen einen Beitrag dazu leisten, dass die dort lebenden Menschen ankommen können. So wie die beiden und ihre Katze.

Dahinter steht ein Konzept, das durch die Vereine basis Frankfurt und KunstWerk Praunheim entwickelt wurde. Hiermit sollen Künstler*innen gefördert werden, die sich dafür entscheiden, mit geflüchteten Menschen zusammen zu leben und zu arbeiten. Elena Kotikova-Muck, die nach ihrem Master für Kulturwissenschaften in Russland 2011 nach Frankfurt kam und am Main Kunstpädagogik studierte, beschreibt ihr Zuhause in Praunheim mit den Worten »mitten im Leben«. Schon mit den ersten Veranstaltungen, welche die Künstler*innen im Übergangswohnheim umsetzten, habe es so viele Impulse gegeben von den Menschen, die dort leb(t)en. Kunst und Musik, sagt sie, ermögliche sich auszudrücken und Sprachbarrieren zu überwinden. Und sie spannt dabei einen Bogen. »Meine eigene Arbeit bezieht sich auf Orte und auf meine Migration«, sagt die Künstlerin, die in Russland im Grenzgebiet zur Ukraine geboren wurde. Dieses Grenzgebiet ist geprägt durch Tschernobyl, viele Orte dort seien seit der Reaktor-Katastrophe verlassen. Was von ihnen übriggeblieben ist, hat sich Elena Kotikova-Muck auf einer Reise dorthin angesehen und ein Stück davon mitgenommen nach Frankfurt – in Form von Frottagen der Außenwände von Häusern und in eigenen Zeichnungen und Monotypien. Auch das fließt in ihre Arbeit hier. Das Atelier von Elena Kotikova-Muck ist Teil der Wohnung, auch ihr Mann hat ein eigenes Musikzimmer. Die neueste Errungenschaft der Künstlerin ist eine Radierpresse, die sie für ihre eigene Kunst, aber auch für Workshops, vor allem mit Kindern und Jugendlichen aus dem Übergangswohnheim nutzen möchte. Kunstbücher stehen aufgereiht im Regal, der Raum ist lichtdurchflutet, einige ihrer grafischen Arbeiten hängen an der Wand. Aktuell bereitet sie sich auf ihren zweiten Studienabschluss in Deutschland, auf den Bachelor in Kunstgeschichte, vor. Elena und Nikolai sind angekommen hier »mitten im Leben«. Einen Ort zu finden, an dem man zu Hause ist, ist auch das, was die Menschen im Wohnheim suchen. Mit ihren Kunst- und Musikprojekten trägt das Paar dazu bei und schlägt auch eine Brücke für diese Menschen zum Stadtteil und seinen Bewohner*innen. Und sie fühlen, was ihre Künste aus dem Ort machen (_us.).