Mauern, Dach und Kellerdecke: Drei Wärmepolster fürs Haus
Quelle: us / Open Clipart©

Haus einpacken (Teil 2)

Dach, Keller und Mauern

Im Haus gut eingepackt durch den Winter

Heizungen waren das Thema des vergangenen Jahres. Zugegeben: Wer die richtige Heizung einbaut, produziert womöglich gar kein neues CO₂. Doch für viele Expert*innen war das stets nur die halbe Wahrheit. So wie man oft erst einen Pullover anziehen sollte, bevor man die Heizung aufdreht, ist das »Einpacken« eines alten Hauses oft die erste Maßnahme, um Umwelt und Geldbeutel zu schonen. Urban shorts – Das Metropole Magazin schaut auf beide Möglichkeiten, (s)ein Haus richtig einzupacken: mit Grün und mit Dämmstoffen. In dieser Folge geht es um Dach, Mauern und Keller – die ureigene Hülle des Hauses also. Ein Thema nicht nur für Hausbesitzer*innen. 

Kulturschaffende kennen Harald Etzemüller als einen der Köpfe hinter dem Bornheimer Atelier- und Ausstellungsraum »Eulengasse«. Im Hauptberuf ist Etzemüller aber Architekt, spezialisiert auf ökologisches Bauen und Umbauen. Gerne erzählt er von einem Hausumbau, bei dem ein Dachgeschoss zu Wohnzwecken umgestaltet und zugegebenermaßen nicht jeder Euro zwei Mal umgedreht werden musste. So entschlossen sich Architekt und Bauherren, das Dachgeschoss des Einfamilienhauses erst einmal ganz abzutragen und dann die Hülle aus Mauern, Dach und Gauben nach besten ökologischen Maßstäben neu aufzusetzen; inklusive modernster Dämmung und Begrünung an buchstäblich allen Ecken und Enden. Der Effekt: Das ganze Geschoss ließ sich danach durch eine kleine Elektroheizung erwärmen, da zum einen die Aufluft aus dem Treppenhaus und zum anderen das strikte Verhindern von Wärmeverluste über die Hülle optimale Bedingungen schuf … (mehr lesen).

Nachgeschaut | Stadtfotografin

Die Stadt – sie grünt so grau

Jana Hartmann auf der Spur des Grüns

Dem Grün auf der Spur – In gewisser Weise konnte der Titel dieser Ausstellung kaum besser gewählt sein. In Städten muss man das Grün oft schon suchen. Grau ist hier häufig die vorherrschende »Farbe«. Sofern man Grau wirklich eine Farbe nennen mag. Ein Jahr lang war die für dieses eine Jahr ernannte Darmstädter Stadtfotografin Jana Hartmann auf den Plätzen, in den Straßen, auf den Baustellen, in den Grünanlagen, auf Dächern und in Unterführungen unterwegs, um dem Grün buchstäblich nachzugehen und vor allem dem Umgang mit ihm nachzuspüren. Mit der Kamera hat sie die Ergebnisse festgehalten. Grün, dem Raum gelassen wurde. Grün, das sich Raum genommen hat. Grün, das keinen Raum bekommen hat. Und immer im Vordergrund: das Verhältnis der Stadt zu diesem Grün, des Menschen zu diesem Stück Natur. Skurriles steht neben Tiefgründigem, Besonderes steht neben kaum Beachtetem. Erstaunlich häufig mit dabei: Grünes auf Hauswänden, Bretterzäunen oder Absperrungen, das meist ein vielfach Graues dahinter verbergen sollte. Die grau-grüne Collage einer Stadt. Urban shorts –Das Metropole Magazin zeigt in seiner Collage zum Durchklicken einen kleinen Ausschnitt. In der Ausstellung selbst waren neben diesen Bildern vielfach Bildpaare zu sehen, um den Betrachtenden mehr Raum für eigene Gedanken zu geben … (vss.).

Best of | Gärten

Grüne Lungen

Ausgewählte Grünanlagen

Im Sommer luden wieder einmal Offene Gärten, Gartenpforten oder Grünanlagen landauf, landab zur Stippvisite ein. In der Region wohl am berühmtesten sind die Offenen (Privat-) Gärten in Buchschlag und die Offenen (Wild- und Schreber-) Gärten in der »Grünen Lunge« in Frankfurt. Beide öffneten Mitte Juni ihre Gartentürchen. Eine sehr charmante Abwandlung oder auch Ausweitung dieser Idee sind die »Blühenden Gärten«, welche der Regionalverband und die Kulturregion FrankfurtRheinMain initiiert hatten. Es ist dies zum einen ein offener Fotowettbewerb, für den die schönsten grünen Oasen der Region eingereicht werden können. Gekürt wurden sodann je fünf »Gewinnergärten« in den Kategorien Private Gärten, Private Balkone und Städtische Grünflächen. Besonders wichtig nur: klimabewusst und insektenfreundlich sollten sie sein. Aus den Gewinnergärten wurde dann eine Veranstaltungsreihe: Zu Besuch in den Blühenden Gärten. Bürger*innen konnten sich anmelden, einige der Plätze und Gärten (Balkone waren ausgenommen) zu besuchen, sie zu genießen und auch ein Stück weit aus ihnen zu lernen. Denn zu lernen gibt es in diesen Oasen der Artenvielfalt vieles. Bestes Beispiel der mehr oder minder blühende Garten war jener in Kelkheim, in dem es auch ein »Sandarium« zu sehen gibt. Es dient (auch) in der Erde lebenden Insekten wie Wildbienen als willkommenes Zuhause. Und man sieht gerade dort: Grün muss nicht immer grün sein, um grün zu sein … (ver.).


Eine von vielen kleinen grünen Gemeinschafts-Oasen im Herzen Frankfurts
Quelle: Stefanie Kösling©

Urban_Green | Gärtnern

Grüne Oasen des Miteinanders

Urbanes (Er-) Leben in Gemeinschaftsgärten

Im Bewusstsein für Nachhaltigkeit steigt das Interesse an neuen Formen der Gemeinschaft, der (Selbst-) Versorgung und des Umgangs mit Lebensmitteln. Gemeinschaftsgärten liegen im Trend – für mehr Regionalität von Lebensmitteln oder für eine Ökologie, die energieaufwendige Transporte vermeiden und Wasser sparen hilft. Oder auch im Wunsch nach urbanem Grün und Gemeinschaft.  

Man findet sie immer öfter in Hinterhöfen, auf freien Flächen, manchmal buchstäblich am Wegrand: kleine grüne Oasen, mit Hochbeeten, Gemüse und Obstbäumen, kleinen Bänken und Feuerstellen, dazu wuselnde Menschen, die Blumen gießen, Tomaten ernten oder einfach plauschen. Immer öfter suchen Großstadtbewohner*innen, die keinen eigenen Garten haben, nach solchen Gemeinschaftsgärten. Sie ermöglichen das Anbauen von Lebensmitteln zusammen mit Gleichgesinnten auf öffentlich zugänglichem Boden. Die Teilnehmer*innen versorgen sich ein Stück weit selbst, entwickeln ein gutes Gefühl für die Umwelt und haben ganz nebenbei Gewissheit über Herkunft, Frische und Natürlichkeit ihrer Ernährung. Als Nebeneffekt tragen sie zur Veränderung ihres Stadt- oder Stadtteilbildes bei und schaffen Orte für Begegnungen – für sich und andere, die oftmals rasch hinzukommen. Die Idylle dieser kleinen Gärten bietet nicht nur Zeit zum Unterhalten und Gärtnern, sondern auch eine gute Gelegenheit, eigenen Gedanken freien Lauf zu lassen. Auf einer Bank zwischen den Hochbeeten sitzend und umhüllt vom Geruch des Frühlings. Rings herum ein paar farbenfrohe Blumen und in den Ohren das Summen der Bienen (weiter lesen) …

Orte & Menschen

Im Garten der Welt

Offenbachs Interkulturelle Gärten

Der Ort hat in vielerlei Hinsicht etwas von einer »Nische«. Etwas eingeklemmt auf einer Grundstücksbrache zwischen Bahndamm, Busbahnhof und einem grauen Häuserblock nahe dem alten Offenbacher Hauptbahnhof. Zugleich eine Nische mitten in der Stadt. Nur etwas weitläufiger für eine Nische. Und wo sonst vieles grau, versiegelt, wenig einladend ist, hat sich fast buchstäblich »in einer Ecke« – genauer: auf einem Eckgrundstück, das eigentlich ziemlich versiegelt war – ein Biotop aufgetan. Mit fünf Hügeln, Hochbeeten, Bauwagen, Bäumchen, Grünflächen, Spielflächen, Lichterketten – und einer bunten Schar von Menschen. Neben Menschen, die im Grünen werkeln und plaudern, sind es heute viele, die zwischen improvisierten Tischen mit allerlei Gerät, Büchern und Klamotten schlendern. Flohmarkt ist angesagt an diesem Wochenende in Offenbachs kleinem Biotop, den »Interkontinentalen Gärten«.

Die »Interkontinentalen Gärten« sind mehr als ein Nischenprojekt. Im Gegenteil: Sie setzen ein klares Zeichen für Offenbachs Vielfalt und Gemeinschaft. Das Projekt startete im Frühjahr. Auf dem von der Stadt gestellten Gelände entstanden in Kooperation mit Scape°, dem Amt für Planen und Bauen sowie engagierten Bürger*innen erste Gärten. In einer Stadt, die oft als die internationalste in Deutschland gilt, werden auf einer fast vergessenen Brachfläche am Rande der Innenstadt gemeinsam mit diesen Bürger*innen diese Gärten angelegt. Fünf bepflanzte Hügel bilden das Herzstück einer lebendigen Landschaft aus Beeten, Hochbeeten und Spiel- und Aufenthaltsflächen. Bauwagen, bunte Tische, Grillplätze und Lichterketten sorgen für eine einladende Atmosphäre. Das Besondere: Es dominieren Zier- und Nutzpflanzen aus den Herkunftsländern der Menschen. Diese Gärten, die die fünf Kontinente repräsentieren, sind mehr als nur Orte des Anbaus – sie stehen für Offenbachs interkulturelles Miteinander und sind Ausdruck der Geschichte(n), welche die Bewohner*innen mitbringen. Jeden Donnerstag um 18 Uhr versammeln sich Nachbar*innen, Aktivist*innen und Interessierte, um gemeinsam zu gärtnern, Feste wie Hochzeiten zu feiern oder gemütliche Abende am Feuer zu verbringen.

Doch nicht nur an diesen Abenden oder am Wochenende ist hier etwas los. Das Projekt, initiiert vom bereits an anderen urbanen Stellen aktiven Team des »Diamant Offenbach« um HfG-Professor Heiner Blum sowie die beiden Projektmacher*innen Sonja Drolma Herrmann und Jihae An, hat viele Facetten. Eine »Interkontinentale Schule« etwa begleitet das Garten-Biotop mit Workshops und Veranstaltungen für alle Altersgruppen. Kinder und Jugendliche können Insektenhotels und Vogelhäuser bauen, Gemüse pflanzen, Erntedankfeste feiern und bei Expeditionen die Stadt und Natur erkunden. Vormittags gibt es ein spezielles Programm für Schulklassen, während nachmittags AGs und offene Projektgruppen angesprochen werden. Workshops und Vorträge zu Themen wie Fermentieren oder Einwecken bereichern das Angebot. Die Schule ist zugleich ein naturnaher Spielplatz, der Kindern und Jugendlichen mitten in der Stadt eine Alternative zu digitalen Medien bietet. Und sie steht symbolisch für das, was »die Gärten« sein sollen: ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der gemeinsamen Gestaltung – offen für Menschen aller Kulturen und jeden Alters. Ein Ort, an dem man nicht nur Pflanzen, sondern eben auch sich selbst einbringen kann. Allerdings: Die Zukunft dieses Ortes ist wohl endlich. Ende des Jahres wird die Brache wohl zur Baustelle. Dann wird man sehen, wo die Saat dieser Idee an anderer Stelle neu aufgehen wird … (set.).

Stefanie Kösling©
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Quelle: Stefanie Kösling©

Urban_Green | Obst to go

Gebotene Früchte

Die Plattform Mundraub.org

Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Mirabellen, Beeren, Nüsse und Kräuter, die niemand erntet? Am Straßenrand oder auf Wiesen und Feldern trifft man oft auf solche Früchte. Die Plattform »mundraub.org« listet seit einigen Jahren solche wilden und freistehenden Obstbäume in der ganzen Republik auf. Das Ziel: sie zum kostenlosen Abernten freizugeben, bevor die kostbaren Nahrungsmittel verrotten. In den meisten Fällen sind die Besitzverhältnisse vorab geklärt. Fehlerhafte Einträge werden, so die Betreiber der Seite, zügig gelöscht. Besitzer von Obstbäumen, Streuobstwiesen und Obstgärten können ihr Eigentum auf dem Portal allerdings auch selbst freigeben.

Auf einer großen interaktiven Karte sind die zur Zeit mehrere zehntausend Fundstellen eingetragen, sortiert nach den einzelnen Fruchtsorten. Vorderhand können sich alle dort bedienen. So vergammelt das Obst nicht – und viele Menschen kommen in den Genuss der frischen Früchte. Außerdem trägt das Portal zum Erhalt der Obstkulturlandschaften bei, umschreiben die Gründer die Idee ihres Portals. Ziel sei es, in Vergessenheit geratene Früchte aus den Regionen wieder in den Fokus und ihren Wert wieder in das Bewusstsein der Menschen zu rücken. Sie sollen als Teil der Kulturlandschaft und der Biodiversität dauerhaft erhalten bleiben. Ein wenig Vor- und Nachsicht ist allerdings geboten. Die Seite basiert auf privater Initiative. So ist denn auch nicht jeder Fundort gleich ergiebig. Zudem sei eine kleine Warnung mitgegeben: Grundsätzlich kann Mundraub strafbar sein, wenn man sich an Früchten bedient, die nicht herrenlos oder von den Besitzer*innen freigegeben sind. Hier muss man dann schon ein wenig den gesunden Menschenverstand walten lassen, ist doch bei aller Prüfung der ehrenamtlichen Plattform ein fehlerhafter Eintrag nicht ausgeschlossen. Für die Zukunft denken die Betreiber übrigens auch darüber nach, über die Plattform ein Pflanzen öffentlicher Obstbäume durch Privatpersonen zu organisieren. Ihr Ziel sind »essbare« Städte und Landschaften. Ganz nebenbei erfüllt die Plattform noch einen weiteren Zweck. Sie konterkariert den in den letzten Jahren um sich greifenden Mundraub-Wildwuchs, der sich vor allem an viel befahrenen Ausflugsstrecken durch Radler*innen bemerkbar macht. Diese bedienen sich nämlich oftmals einfach mal so an nicht freigegebenen Stellen, von deren Nutzung ihre Besitzer*innen eigentlich leben müssten. Ein Phänomen, das gerade in Zeiten der E-Bikes immer mehr um sich greift …  (loe.).

Stefanie Kösling©
Mit etwas Kreide ins Blickfeld gerückt
Quelle: Julia Krohmer©

Urban_Green | Verkanntes Grün

Nicht mehr mit Füßen treten

Von Plant Blindness und Krautschauen

An das letzte Tier, das sie gesehen haben, erinnern sich die meisten Menschen. Und oft können sie es auch noch in allen Details beschreiben. Aber die letzte Pflanze? Vor dem Haus? Ein Baum halt. An der Straße? Eine Hecke. Und sonst? Die Form der Blätter, die Besonderheiten der Gehölze? Das können die wenigsten sagen. Viele nehmen Pflanzen lediglich als grünen Hintergrund oder »Straßenbegleitgrün« wahr. Die US-Botaniker*innen Elisabeth Schussler und James Wandersee prägten dafür den Begriff »Plant Blindness« (Pflanzenblindheit) – »die Unfähigkeit, die Pflanzen in der eigenen Umgebung zu sehen«. Ein BBC-Beitrag aus dem Jahr 2019 brachte auf den Punkt, warum dies gerade heute gefährlich ist: Es führt zur mangelnden Wertschätzung von Pflanzen – und zu einem begrenzten Interesse an ihrem Schutz und ihrer Bewahrung. Fatal gerade in Städten, wo wir Pflanzen dringend brauchen, um die Folgen des Klimawandeln abzumildern.

Doch dabei geht es nicht nur um Bäume und Hecken. Wer hinschaut, findet in unseren von Beton und Asphalt geprägten Städten fast überall Pflanzen. Sogar unter unseren Füßen. Zunächst springt einem dort zwar der Müll ins Auge, die Scherben und unzählige Zigarettenstummel. Doch dazwischen entdeckt man winziges, zähes Grün fast überall: zwischen Pflastersteinen, in Rinnsteinfugen und in Mauerritzen. Und nicht nur einfach Grün – sondern eine Vielzahl von Kräutern, Gräsern und Moosen, die sich an diese extremen Bedingungen angepasst haben und kleine Mikro-Ökosysteme für zahlreiche Insekten und andere Organismen bilden. Sie sind unbedingt einen zweiten Blick wert. Und immer mehr Menschen schauen inzwischen tatsächlich genauer hin. Dank der Aktion »#Krautschau«, eine − im wahrsten Wortsinn − Grassroot-Bewegung von Botaniker*innen und Pflanzenfans. Den Anfang machte in Frankreich der Toulouser Botaniker Boris Presseq, der ein neues Bewusstsein für die Präsenz von Wildpflanzen auf Gehwegen und überhaupt für die Natur in Städten schaffen wollte. Von dort kam sie über England, wo die Botanikerin Sophie Leguil ihr den Namen »More Than Weeds« gab, nach Deutschland. Auch hier hat sich neben #Krautschau auch der Hashtag #MehrAlsUnkraut etabliert. Beider Prinzip ist einfach: Jede/r, wer möchte, kann den pflanzlichen Kämpfernaturen in Mauern und unter unseren Füßen mit etwas Kreide Aufmerksamkeit verschaffen, dies fotografieren und im Netz teilen. Apps wie FloraIncognita (floraincognita.com) helfen auch Botaniklaien bei der zielsicheren Bestimmung dieser Kleinstflora, bei deren Vielfalt man gerne mal in die Knie geht: wegen ihres Wuchsortes, aber auch vor Bewunderung für die omnipräsenten Überlebenskünstlerinnen. Wer also verwunderte Blicke der Passanten nicht scheut, ist eingeladen, diesen Streifzug durch die städtische Mikro-Wildnis mit Gleichgesinnten zu unternehmen … (juk.).