Wohnen im Atelier: Einmal Küche und zurück
Quelle: Günther Dächert©

Künstler. Innen. Orte.

Zwischen Wohnung und Wäscherei

Wie Kulturschaffende Raum für Kultur schaffen

Wie schaffen Kulturschaffende Räume für Kultur? Wie wohnen, wie arbeiten, wie leben Kulturschaffende heutzutage? Diesen Fragen geht das Projekt »Künstler. Innen. Orte.« mit einer Porträtreihe in Form von Ausstellungen und Artikelserien über Kulturorte und Kulturschaffende der Rhein-Main-Region nach. Den Auftakt bildete die gleichnamige Ausstellung »Künstler. Innen. Orte.«, die am 23. Oktober im Foyer des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach u.a. gemeinsam mit dem Offenbacher Oberbürgermeister, Felix Schwenke, eröffnet wurde. Der Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main, die Stadt Offenbach und der Deutsche Wetterdienst sind Projekt- und Förderpartner. Organisiert wird die Ausstellung von Urban Spaces FRM e.V., dem Trägerverein von Urban shorts – Das Metropole Magazin. Passend zum Ort der ersten Eröffnung werden in dieser ersten Ausstellung Kulturorte und Kulturschaffende vornehmlich aus Stadt und Kreis Offenbach und Umgebung gezeigt. Sie werden in Fotoporträts regionaler Fotograf*innen sowie in Texten von Urban shorts-Autor*innen vorgestellt (weiter lesen).

Nachgeschaut | NeuliXt

Der Mensch in der Kunst

Fotografische Beobachtungen auf Vernissagen

Galerien gehören zu jenen Kunst-Orten, an denen Kunst und Menschen sich stets besonders nahe kommen. Ein steter Beobachter solcher ganz eigenen »Mensch und Kunst«-Begegnungen ist der Offenbach-Frankfurter Fotograf Hans-Jürgen Herrmann. Seit über einem Jahrzehnt hält der passionierte Vernissagen-Gänger das Aufeinandertreffen von Kunst und Kunstbetrachtern vornehmlich in den Galerien und Off spaces von Frankfurt und Offenbach fotografisch fest. Für sein Facebook-Blog »neuliXt« sind auf diese Art und Weise rund 400 Fotoserien mit gegen 4.000 Aufnahmen entstanden. Es sind Bilder, die im wahrsten Wortsinn die Menschen in der Kunst zeigen. Aber auch die Menschen mit der Kunst. Und die damit etwas zeigen, was (fast) keine Ausstellungsbesprechung aufzeigt und aufzuzeigen vermag: die Wirkung der Kunst auf die(se) Menschen. Wobei nicht selten Kunst und Kunstbetrachter*in bei diesen zufälligen Aufeinandertreffen eins werden – für sich, aber oft auch für die Betrachter*innen der Betrachtenden und des Betrachteten. Nicht selten der Moment zweier erstaunlicher, zuweilen tiefer, zuweilen auch skurriler Symbiosen – und allein für diesen Moment festgehalten. Urbans shorts – Das Metropole Magazin präsentiert einige dieser Momente in obiger Galerie zum Durchklicken (vss.).


Ausnahmsweise eine Kunstinstallation und nichts, was Direktorin oder andere auch noch aufräumen müssen
Quelle: Veronika Scherer©

Kultur lebt Denkmal

Viel Alltag im Ambiente

Beate Kemfert und Rüsselsheims Opelvillen

»Die Opelvillen« – Für ein Museum klingt der Titel fast mondän, nach viel gediegenem Ambiente, einem üppigen Staff und einem ebensolchen Etat. Doch im Rüsselsheimer Ausstellungshaus am Main steckt vielmehr viel Arbeit, mit den historischen Gebäuden, mit Ausstellungen und Vermittlung, mit Akquise von Geld und Mitteln. Direktorin Beate Kemfert über ihr trotzdem nur kleines Team und dessen Alltag zwischen Vernissagen und Finanzplänen, rührig-aufwändiger Vermittlungsarbeit und defekten Pumpenschächten. Und über das hartnäckige Gerücht vom Autokonzern im Rücken … 

»Nein, wir sind kein Museum der Opel Automobile GmbH«. Auch wenn über zwanzig Jahre seit dem Start unseres Wirkens vergangen sind, bleibt dieser Satz ein fester Bestandteil unseres Alltags. Bei meinen Leihgesuchen und Förder-Akquisen, bei vielen neuen Gästen und selbst bei manchem Menschen aus Rüsselsheim erläutere ich immer zunächst, dass wir weder zum Autokonzern gehören noch von diesem finanziell unterstützt werden, sondern dass unser Name auf den einstigen Firmenmitinhaber Friedrich (»Fritz«) Opel, einem Sohn des Firmengründers Adam Opel, zurückgeht. Unser Namenspatron ließ von 1931 bis 1933 die größere Villa, das sogenannte Herrenhaus, erbauen. Den Komplex mit Wintergarten und der kleinen Villa Wenske bewohnten er und seine Frau bis zu seinem Tode 1938. Nach dem Krieg war es erst Lazarett, später Krankenhaus. Zeitzeugen konnten mir noch anschaulich erzählen, in welchem Zimmer ihnen im Kindesalter die Mandeln in den Opelvillen entfernt wurden. Und wahrscheinlich könnten manche noch von Scheidungen und Nachbarschaftsstreits erzählen, nachdem hier später das Amtsgericht und einige Ämter angesiedelt wurden … (weiter lesen).


Zuweilen hat Kulturschaffen auch durchaus viel mit Glücksspiel zu tun
Quelle: Veronika Scherer (ver.)©

Impulse | KÜNSTLER*innenGAGEN

Fair ge-/behandelte Kunst

Ein Gastkommentar von Julia Eberz

Der Bund legt Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen für von ihm mehrheitlich geförderte Kulturprojekte fest. Städte wie Stuttgart und Frankfurt führten Ausstellungshonorare ein. Julia Eberz, Vorsitzende im Kulturausschuss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, sieht darin erste Ansätze zu »fair gehandeltem und behandeltem Kulturschaffen«. 

Zweifellos, sehr viele freischaffende Künstler*innen, insbesondere in der bildenden Kunst, aber auch in anderen Kulturbereichen, arbeiten in prekären Verhältnissen. Darauf hatte letztes Jahr auch die Bundesregierung reagiert und verknüpfte die Förderung von Einrichtungen und Projekten, die zu mindestens 50 Prozent vom Bund gefördert werden, mit der Einhaltung von Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen. Dieser Schritt war längst überfällig und es bleibt zu hoffen, dass Länder und Kommunen, die ebenfalls viele Kulturprojekte und -einrichtungen fördern, diesen Schritt nachvollziehen. Erste Schritte da und dort in diese Richtung sind bereits zu verzeichnen. Frankfurt hat zum Beispiel Ausstellungshonorare und neue Stipendien auf den Weg gebracht.

Was für Arbeitnehmer*innen mit dem Mindestlohn inzwischen völlig normal ist, muss auch für freischaffende Künstler*innen gelten. So weit so nachvollziehbar. Aber bringen Honoraruntergrenzen auch Nachteile mit sich? (weiter lesen)


Jakob Sturm: Ein Leben für die Stadtkultur
Quelle: Katrin Binner / www.katrinbinner.de©

Möglich-Macher*innen

Jakob Sturm … denkt Räume

Eine Basis auf dem Radar möglichen Wohnens

Ein Atelierhaus für Künstler*innen, eine Agentur zur Vermittlung von Räumen an Kreative, Bücher über Orte möglichen Wohnens (und Arbeitens), Beratung für Städte und Stadtobere, eigene Aktionen und Ausstellungen – Jakob Sturm denkt und schafft seit vielen Jahren Räume für eine urbane Kultur der Stadt. »Frei-« und »Denkräume« inklusive. Er schafft Möglichkeiten en gros und verändert subtil und weniger subtil. Werke von ihm sind zur Zeit gleich in mehreren Ausstellungen zu sehen … 

»Ich mach’ das, damit etwas passiert«. Der Satz klingt banal. Und doch steckt darin das gesamte Credo Jakob Sturms. »Machen« ist das, was er seit zwei Jahrzehnten in dieser Stadt macht. Oder mit dieser Stadt. Und »Denken« – ebenfalls in, über und sogar mit ebenjener Stadt. Gemeint ist Frankfurt. Herausgekommen ist bereits vieles: das Atelierhaus Basis mit über 100 Räumen für Künstler*innen und Kreative oder die Leerstandsagentur Radar mit Dutzenden neuen Kreativ-Räumen und Fördergelder für Umbau und Gestaltung obendrein. Doch damit hört er nicht auf zu denken und zu machen. Basis und Radar waren gestern, heute denkt er weiter: über Wohn- und Atelierhäuser – über neue Formen von Wohnen und Leben und Arbeiten eben. Und fast ist auch das wieder gestern, ist doch das erste davon in Praunheim schon entstanden. Und nein, auch das reicht nicht. Er denkt – und macht – auch Stadt anders, mischt vielfach mit, berät und stößt an, mit Ausstellungen, Fotoserien, vor allem aber eigenen Installationen, die selbst oft Räume beschreiben wie andere Jugendherbergen, neue Wohnformen in Büroetagen oder das einst gegründete Kunstbüro, in dem erst recht drinnen steckt, dass Kunst etwas Vermittelndes hat … (weiter lesen).


Stockholms Kulturhuset - ein vielgestaltiger Kulturpalast im Herzen der Stadt
Quelle: Johan Stigholt • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Blaupause Kultur | Schweden

Mehr als Schweden-Happen

Nordische Langzeitförderung für Künstler*innen

Das »Swedish Arts Grants Commitee« (Schwedisches Komitee für Kunststipendien) vergibt jedes Jahr zahlreiche Stipendien an professionelle, in Schweden lebende und arbeitende Künstler*innen unterschiedlichster Sparten, beispielsweise für bildende Kunst, Fotografie, Design, Kunsthandwerk oder Architektur. Das Besondere: Neben Kurz- gibt es auch Langzeitstipendien für fünf oder zehn Jahre. 

»Als vor fünf Jahren der Bescheid eintraf, ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Ich konnte mein Glück kaum fassen«. Der in Stockholm lebende Fotokünstler Carl Johan Erikson hatte eines der begehrten Langzeitstipendien des Swedish Arts Grants Commitee über fünf Jahre erhalten. Zwar konnte er damals bereits auf eine lange Karriere zurückblicken, dennoch war das Langzeitstipendium für ihn etwas besonderes. Anerkennung seiner künstlerischen Leistung der Vergangenheit – und ein Stück künstlerische Unabhängigkeit für die Zukunft. Ein Stipendium über fünf oder gar zehn Jahre ist eine Seltenheit in der internationalen Kunstszene. Die umgerechnet 10.000 Euro pro Jahr nutzt Erikson für die Ateliermiete, für Forschungsreisen, als Unterstützung für seine Ausstellungsprojekte und für die Produktion seiner Fotobücher. Dafür ist es auch gedacht, denn »zum Leben« würde es in Schweden kaum reichen. Der Betrag entspräche gerade einmal rund 15 Prozent eines normalen Jahreseinkommens in dem skandinavischen Land. Alle seine Kolleg*innen arbeiteten denn auch auf Stellen im Kunstbetrieb oder in anderen Branchen. Er selbst hat etwa eine 50%- Stelle als Senior Lecturer am Royal Institute of Art in Stockholm. Der Job ermöglicht ihm sein Auskommen, das Stipendium die künstlerische Arbeit … (mehr lesen)