Zur Schau | Darmstadt

Die Stadt – sie grünt so grau

Jana Hartmann auf der Spur des Grüns

Dem Grün auf der Spur – In gewisser Weise könnte der Titel dieser Ausstellung kaum besser gewählt sein. In Städten muss man das Grün oft schon suchen. Grau ist hier häufig die vorherrschende »Farbe«. Sofern man Grau wirklich eine Farbe nennen mag. Ein Jahr lang war die für dieses eine Jahr ernannte Darmstädter Stadtfotografin Jana Hartmann auf den Plätzen, in den Straßen, auf den Baustellen, in den Grünanlagen, auf Dächern und in Unterführungen unterwegs, um dem Grün buchstäblich nachzugehen und vor allem dem Umgang mit ihm nachzuspüren. Mit der Kamera hat sie die Ergebnisse festgehalten. Grün, dem Raum gelassen wurde. Grün, das sich Raum genommen hat. Grün, das keinen Raum bekommen hat. Und immer im Vordergrund: das Verhältnis der Stadt zu diesem Grün, des Menschen zu diesem Stück Natur. Skurriles steht neben Tiefgründigem, Besonderes steht neben kaum Beachtetem. Erstaunlich häufig mit dabei: Grünes auf Hauswänden, Bretterzäunen oder Absperrungen, das meist ein vielfach Graues dahinter verbergen sollte. Die grau-grüne Collage einer Stadt. Urban shorts –Das Metropole Magazin zeigt in seiner Collage zum Durchklicken einen kleinen Ausschnitt. In der Ausstellung selbst sind neben diesen Bildern vielfach Bildpaare zu sehen, um den Betrachtenden mehr Raum für eigene Gedanken zu geben … (vss.).


Das Crespo Haus - viel Platz für Kultur und Begegnung
Quelle: Veronika Scherer©

Neue Räume

Wo Kultur neu zu Hause ist

Crespo-Haus & Museum Reinhard Ernst

Kultur muss sparen. Das hört man in jüngster Zeit wieder öfter. Städte und Gemeinden müssen nach Corona wieder die Rotstifte auspacken. Und die, so scheint es, scheinen vielen Stadtkämmerern oft am besten zur Kultur zu passen. Umso erfreulicher, dass in der Region gerade in dieser Zeit durch außergewöhnliches privates Engagement zwei neue, ebenso außergewöhnliche Kultur-Häuser entstanden sind: in Frankfurt das Crespo-Haus, zu dem die Stadt mit einem 50er-Jahre-Sanierungsfall den Grundstein legte, und in Wiesbaden das gänzlich neue Museum Reinhard Ernst, bei dem nur das Grundstück der Stadt gehört und das praktisch komplett privat finanziert wurde durch den Unternehmer gleichen Namens. Doch auch in Frankfurt wurde das neue Haus nur möglich durch das posthume Engagement der verstorbenen Wella-Erbin Ulrike Crespo – selbst begeisterte und zuweilen begeisternde Fotografin –, aus deren Stiftungsvermögen das neue Haus komplett grundsaniert wurde, nunmehr auch betrieben wird und wo zur Zeit auch ausgewählte Werke von ihr zu sehen sind … (mehr lesen).


Peter Roehr zeigt Kunsthaus, Pae White zeigt Opelvillen
Quelle: Stadtmuseum Wiesbaden, Peter Roehr / VG Bild Kunst, Pae White / Jens Ziehe, Stadtarchiv Rüsselsheim©

(Zwölf) Ausstellungen

Innere und äußere Werte

Alte Häuser reihen neue Kunst aneinander

Zwei für eins – Gastronomen und Kaufhäuser werben ja gerne damit. Zwei Essen bestellen, eines bezahlen. Oder: zwei Kissen für den Preis von einem. Auf recht charmante Art und Weise kopieren nun sechs Ausstellungshäuser in der Rhein-Main-Region diesen Gedanken. Sechs Häuser mit Geschichte spannen mit ihren aktuellen Ausstellungen der nächsten Monate zusammen. Der Reigen der Ausstellungen ist bunt: Klang- und Installationskunst von und mit Peter Roehr, collagiertes Interieur zeitgenössischer Künstler*innen mit Jochem Hendricks, der Pilz in allen ökologisch-künstlerisch-gesellschaftlichen Variationen, Wohnen mit Künstler*innen ausgestellt und Wohnen von Künstlern kuratiert sowie last but not least eine zeichnerische Aufarbeitung von Leid und anderen existentiellen Themen. Eher monochrom kommt die Zugabe daher: Wer sich in Wiesbaden, Rüsselsheim, Bad Homburg, Frankfurt, nochmals Wiesbaden sowie Darmstadt auf diese Ausstellungen einlässt, bekommt überall noch einen zweite, meist kleine Schau gratis dazu. Ob Kunsthaus, Opelvillen, Sinclair Haus, Museum Giersch, Nassauischer Kunstverein oder TU Darmstadt – alle haben ihre denkmalgeschützten Häuser mit viel Geschichte aufarbeiten lassen und präsentieren sie ergänzend und/oder über eine begleitende Website. Häuser, die nicht selten ganz andere Bestimmungen hatten, als sie gebaut wurden: als Schulen, Wohnhäuser oder Werkshallen. Und einige, wie die Opelvillen unter der Initiatorin der Idee, Beate Kempfert, haben dabei auch geschickt das eine Sujet mit den anderen Objekten verbunden und interagieren lassen. Eine Zeitreise durch Geschichte und Gegenwart in zwölf Teilen … (vss.).

Zur Schau | Offenbach

Der Mensch in der Kunst

Fotografische Beobachtungen auf Vernissagen

Galerien gehören zu jenen Kunst-Orten, an denen Kunst und Menschen sich stets besonders nahe kommen. Ein steter Beobachter solcher ganz eigenen »Mensch und Kunst«-Begegnungen ist der Offenbach-Frankfurter Fotograf Hans-Jürgen Herrmann. Seit über einem Jahrzehnt hält der passionierte Vernissagen-Gänger das Aufeinandertreffen von Kunst und Kunstbetrachtern vornehmlich in den Galerien und Off spaces von Frankfurt und Offenbach fotografisch fest. Für sein Facebook-Blog »neuliXt« sind auf diese Art und Weise rund 400 Fotoserien mit gegen 4.000 Aufnahmen entstanden. Es sind Bilder, die im wahrsten Wortsinn die Menschen in der Kunst zeigen. Aber auch die Menschen mit der Kunst. Und die damit etwas zeigen, was (fast) keine Ausstellungsbesprechung aufzeigt und aufzuzeigen vermag: die Wirkung der Kunst auf die(se) Menschen. Wobei nicht selten Kunst und Kunstbetrachter*in bei diesen zufälligen Aufeinandertreffen eins werden – für sich, aber oft auch für die Betrachter*innen der Betrachtenden und des Betrachteten. Nicht selten der Moment zweier erstaunlicher, zuweilen tiefer, zuweilen auch skurriler Symbiosen – und allein für diesen Moment festgehalten. Urbans shorts – Das Metropole Magazin präsentiert einige dieser Momente in obiger Galerie zum Durchklicken. Weitere Ausschnitte des Œuvres sind derzeit in einer Retrospektive im Foyer des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach zu sehen (vss.).

Zur Schau | Darmstadt

Eine Fotografin

Milli Baus 5.000 km Bilder

Sie reiste im VW-Bus alleine um die Welt. Sie startete bereits in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einer dreijährigen Südamerika-Expedition. Sie war unterwegs in Nordafrika, in Sibirien, im Nahen Osten. Und immer dabei: Fotoapparat und Schreibmaschine. Emilia »Milli« Bau war eine der frühen unermüdlichen Reisereporter*innen und Reiseschriftsteller*innen unserer Zeit. Immer wieder hielt sie mit der Kamera Orte, Menschen, Momente fest, publizierte und dokumentierte sie für ihre Zeitgenoss*innen und für die Nachwelt. Stets auf einem hohen Niveau. Davon zeugt dieser Tage die Schau »Milli Bau. 5000 Km bis Paris.« im Kunstforum der TU Darmstadt. Rund 800 Fotografien füllen den vergleichbar kleinen Raum – eindrucksvoll, manchmal auch fast ein wenig übervoll. Auf jeden Fall zeugen sie von einer großen Fotografin. Und wer über die Bilder hinaus (noch) mehr erfahren will über die Frau hinter der Kamera, für den gibt es noch eine begleitende zweite Ausstellung im Stadtarchiv Darmstadt: »Mit der Schreibmaschine um die Welt – Aus dem Nachlass von Milli Bau«. Apropos: In gewisser Weise stehen die Ausstellungen über die große Darmstädter Fotografin pars pro toto für eine dritte Schau, in welcher in Frankfurt mit »Stadt der Fotografinnen. Frankfurt 1844 bis 2024« mehr oder minder Frankfurter Fotografinnen aus fast zwei Jahrhunderten fast von den Anfängen der Fotografie bis in die Gegenwart zu sehen sind … (sfo.).

Orte & Menschen

Im Garten der Welt

Offenbachs Interkulturelle Gärten

Der Ort hat in vielerlei Hinsicht etwas von einer »Nische«. Etwas eingeklemmt auf einer Grundstücksbrache zwischen Bahndamm, Busbahnhof und einem grauen Häuserblock nahe dem alten Offenbacher Hauptbahnhof. Zugleich eine Nische mitten in der Stadt. Nur etwas weitläufiger für eine Nische. Und wo sonst vieles grau, versiegelt, wenig einladend ist, hat sich fast buchstäblich »in einer Ecke« – genauer: auf einem Eckgrundstück, das eigentlich ziemlich versiegelt war – ein Biotop aufgetan. Mit fünf Hügeln, Hochbeeten, Bauwagen, Bäumchen, Grünflächen, Spielflächen, Lichterketten – und einer bunten Schar von Menschen. Neben Menschen, die im Grünen werkeln und plaudern, sind es heute viele, die zwischen improvisierten Tischen mit allerlei Gerät, Büchern und Klamotten schlendern. Flohmarkt ist angesagt an diesem Wochenende in Offenbachs kleinem Biotop, den »Interkontinentalen Gärten«.

Die »Interkontinentalen Gärten« sind mehr als ein Nischenprojekt. Im Gegenteil: Sie setzen ein klares Zeichen für Offenbachs Vielfalt und Gemeinschaft. Das Projekt startete im Frühjahr. Auf dem von der Stadt gestellten Gelände entstanden in Kooperation mit Scape°, dem Amt für Planen und Bauen sowie engagierten Bürger*innen erste Gärten. In einer Stadt, die oft als die internationalste in Deutschland gilt, werden auf einer fast vergessenen Brachfläche am Rande der Innenstadt gemeinsam mit diesen Bürger*innen diese Gärten angelegt. Fünf bepflanzte Hügel bilden das Herzstück einer lebendigen Landschaft aus Beeten, Hochbeeten und Spiel- und Aufenthaltsflächen. Bauwagen, bunte Tische, Grillplätze und Lichterketten sorgen für eine einladende Atmosphäre. Das Besondere: Es dominieren Zier- und Nutzpflanzen aus den Herkunftsländern der Menschen. Diese Gärten, die die fünf Kontinente repräsentieren, sind mehr als nur Orte des Anbaus – sie stehen für Offenbachs interkulturelles Miteinander und sind Ausdruck der Geschichte(n), welche die Bewohner*innen mitbringen. Jeden Donnerstag um 18 Uhr versammeln sich Nachbar*innen, Aktivist*innen und Interessierte, um gemeinsam zu gärtnern, Feste wie Hochzeiten zu feiern oder gemütliche Abende am Feuer zu verbringen.

Doch nicht nur an diesen Abenden oder am Wochenende ist hier etwas los. Das Projekt, initiiert vom bereits an anderen urbanen Stellen aktiven Team des »Diamant Offenbach« um HfG-Professor Heiner Blum sowie die beiden Projektmacher*innen Sonja Drolma Herrmann und Jihae An, hat viele Facetten. Eine »Interkontinentale Schule« etwa begleitet das Garten-Biotop mit Workshops und Veranstaltungen für alle Altersgruppen. Kinder und Jugendliche können Insektenhotels und Vogelhäuser bauen, Gemüse pflanzen, Erntedankfeste feiern und bei Expeditionen die Stadt und Natur erkunden. Vormittags gibt es ein spezielles Programm für Schulklassen, während nachmittags AGs und offene Projektgruppen angesprochen werden. Workshops und Vorträge zu Themen wie Fermentieren oder Einwecken bereichern das Angebot. Die Schule ist zugleich ein naturnaher Spielplatz, der Kindern und Jugendlichen mitten in der Stadt eine Alternative zu digitalen Medien bietet. Und sie steht symbolisch für das, was »die Gärten« sein sollen: ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der gemeinsamen Gestaltung – offen für Menschen aller Kulturen und jeden Alters. Ein Ort, an dem man nicht nur Pflanzen, sondern eben auch sich selbst einbringen kann. Allerdings: Die Zukunft dieses Ortes ist wohl endlich. Ende des Jahres wird die Brache wohl zur Baustelle. Dann wird man sehen, wo die Saat dieser Idee an anderer Stelle neu aufgehen wird … (set.).


Viele Fäden in der Hand – Doch sehr selten stellt Nazim Alemdar sich wirklich in den Mittelpunkt
Quelle: Barbara Walzer©

SERIE • MÖGLICH-MACHER*INNEN

Offen für alle, die offen sind

Nazim Alemdar: Gibt's nicht gibt's nicht

Eigentlich könnte Nazim Alemdar die berühmte Atlas-Figur des Bildhauers Gustav Herold, die auf der Spitze des Hauptbahnhofes steht, aus dem Schaufenster heraus sehen. Eigentlich. Denn die Fensterfronten seines weit über Frankfurt hinaus bekannten Kultkiosks »Yok Yok«, der sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite an der Adresse Am Hauptbahnhof 6 befindet, sind mit Aufklebern übersät. Aufkleber, die Kunden und Passanten daran aufgebracht haben. »Das hat sich so schon am alten Standort in der Münchner Straße entwickelt«, erzählt Alemdar. Als sie im vergangen Jahr mit ihm und dem Kiosk an den Hauptbahnhof gezogen seien, ging es dort mit den Aufklebern weiter. Täglich schaue er aber, dass an den Schaufenstern nichts klebt, was in irgendeiner Weise dem rechten Spektrum zugeordnet werden könne. »Hier«, so Alemdar, »gibt es keinen Platz für Nazis und für Dealer«. Das Yok Yok sei ein Ort, der offen ist für alle, die offen sind …

Die »Sticker-Wall«, wie sie heißt, bekommt auch an diesem Tag »neues Futter«. Alemdar, den alle nur Nazim nennen, steht hinter dem Verkaufspult im Kiosk, in dem 22 Kühlschränke mit Getränken vor sich hin brummen. Obwohl es noch früher Nachmittag ist, schauen bereits viele Gäste vorbei und unterhalten sich mit dem Inhaber, den die meisten seit langem kennen, quasi mit ihm und seinem Kiosk an den Hauptbahnhof »umgezogen« sind – Menschen unterschiedlicher Berufe und gesellschaftlicher Schichten, Künstler*innen, Studierende, Banker, Anwälte, Eintracht-Fans oder einfach Reisende. Die Gäste, wie er sie nennt, sind für ihn auch Familie. Nicht wenige sehen es ähnlich. Respekt begleitet ihn, wenn er hier, am vielleicht schwierigsten Punkt des schwierigen Bahnhofsviertels vor die Tür tritt. Einige verweilen an dem Nachmittag an den Tischen, die direkt vor der Tür stehen – mitten im Trubel, der rund um den Bahnhof herrscht und genießen die zugleich besondere Atmosphäre des Ortes und des Viertels. Das »Yok Yok«, was aus dem Türkischen übersetzt so viel heißt wie »Gibt’s nicht – gibt’s nicht«, ist ein Treffpunkt, ein Ort, an dem Begegnung und Austausch möglich ist, aber auch ein Platz, der zeigt, dass das Bahnhofsviertel nicht nur Kriminalität und Drogenkonsum ist. Und: eine Institution, obwohl erst Monate an dieser Stelle …

Auch »Nazim« ist eine Institution. Jemand, der Menschen zusammenbringt. Verbindet. Ein Gefühl für Orte hat. »Die Tische, die draußen stehen«, so Nazim, »stammen noch aus einem alten Fischgeschäft aus der Münchner Straße. Die waren ganz früher sogar mal Hoflieferant«, erzählt Alemdar, der Ende der 1970er Jahre nach Deutschland kam und das Bahnhofsviertel sehr gut kennt. In früheren Jahren habe er dort einen Großhandel für VHS- und Musikkassetten gehabt und habe die Produkte von Kopenhagen bis nach Sydney vertrieben. Das Internet habe aber alles verändert. Aber am Ende auch dazu geführt, dass er das »Yok Yok« in der Münchner Straße eröffnet habe. Als Vorsitzender des im Bahnhofsviertel ansässigen Gewerbevereins macht er sich für ein Miteinander im Viertel stark. Dafür, dass sich Menschen mit Respekt begegnen. Die Menschen schätzen seine offene Art, auf jeden zuzugehen und sie miteinander zu verbinden, durch Gespräche. Und durch die Kunst, die auch in den Räumen am Hauptbahnhof ihren Platz gefunden hat – in der »Treppengalerie«, wie er sie selbst nennt, hinter dem Verkaufsraum. Kunst – und das dürften längst nicht alle seiner Gäste hier im Schatten des Hauptbahnhofs wissen – gehört zu Nazim wie Kiosk. Ausstellungen haben im »Yok Yok« Tradition. Gerade denen, die nicht in Museen hängen, gab er schon immer Raum. Und sei es nur eine Wand. Bereits in der Münchner Straße, wo er 2008 eröffnet hatte, gehörte die Kunst mit dazu, ließ er Wände bespielen. Legendär seine Dependance in der Fahrgasse. Mitten in der Frankfurter Galerienstraße mischte er einen etwas besseren Kiosk mit einem Kunstort. Jeder Zentimeter Wand wurde zur Ausstellungsfläche: Fotografien, Zeichnungen, Malerei. In einem sehr viel feineren Ambiente, auf den dunkelgrünen Wänden, mit dem Schreibtisch als Theke, den Fensterbänken als Sitzgelegenheit. Auch Konzerte in Anlehnung an die 1920er gab es dort. Ein Hauch von Bohème. Fast eine Ironie des Schicksals, dass er ging, als sich in der Galerienstraße die Cafés, Eisdielen und Biertastings ausbreiteten. Ein Hauch dessen, was die Fahrgasse war, ist auch wenige Meter vom Yok Yok entfernt, das lauschige Parkcafé Yok Yok Eden, das er mitinitiiert hatte, wenn auch nicht selbst betreibt. Auch dort gab es Musik und Lesungen unter Bäumen. Was die Ausstellungen anging, seien es rückblickend wohl bisher an die 70 Schauen gewesen – und das soll immer weitergehen. Viele Frankfurter Künstler wie den 2018 verstorbenen Max Weinberg habe er in den vergangenen Jahren gezeigt. »Ich fühle mich auch als ein Teil der Frankfurter Kunst- und Kulturszene«, beschreibt er es. Viele aus dieser Szene würden das sofort unterschreiben. Paradox: Sein Name steht wahrscheinlich in keinem Kunst- und Kulturführer der Stadt. Und doch hat er mehr Frankfurter Künstler*innen Raum gegeben als viele Bekanntere. Und das mit sehr bescheidenen Mitteln. Nur mit viel Wohlwollen …

»Deutschland hat mir viel gegeben und ich habe hier ein tolles Leben«, betont Nazim Alemdar. »Volles Leben« wäre wohl auch nicht falsch. Für ihn sei es aber wichtig, auch wieder etwas zurückzugeben. Sein Credo laute, alles, was er mache, von Herzen zu tun und Negatives in Positives umzuwandeln und aktiv mitzugestalten. Was die Drogenproblematik im Viertel betreffe, so wünsche er sich ein Frankfurter Modell 2.0., unter anderem mit mehr sicheren Räumen für den Konsum. Es sei außerdem wichtig, die Integration stärker zu fördern und nicht immer nur zu fordern. Sagt’s und geht raus und zeigt uns, was »wir« hier um die Ecke in der Kaiserstraße gerade wieder alles vorhaben. Weniger Autos, mehr Sicherheit, Sitzgelegenheiten – Kleinigkeiten, für die er sich tagein, tagaus einsetzt. Rührig im besten Sinne. Viele Politiker*innen reden gerne, was sie im Bahnhofsviertel tun (würden). Alemdar handelt. Einen Traum, den hat er noch. Ihn erzählt er, wer ihn lange kennt. »Ein, zwei Jahre eine Halle, ein altes Gebäude bespielen. Muss nichts besonderes sein. Für einen Platz, an dem Menschen sein können, reden, tanzen, Kunst sehen, trinken …«. Noch hat er einen passenden Ort noch nicht gefunden … (alf.).