Impuls | Künstler*innengagen
Fair ge-/behandelte Kunst
Ein Gastkommentar von Julia Eberz
Der Bund legt Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen für von ihm mehrheitlich geförderte Kulturprojekte fest. Städte wie Stuttgart und Frankfurt führen Ausstellungshonorare ein. Julia Eberz, Vorsitzende im Kulturausschuss der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, sieht darin erste Ansätze zu »fair gehandeltem und behandeltem Kulturschaffen«.
Zweifellos, sehr viele freischaffende Künstler*innen, insbesondere in der bildenden Kunst, aber auch in anderen Kulturbereichen, arbeiten in prekären Verhältnissen. Endlich hat auch die Bundesregierung reagiert und verknüpft die Förderung von Einrichtungen und Projekten, die zu mindestens 50 Prozent vom Bund gefördert werden, mit der Einhaltung von Mindeststandards bei der Entlohnung von Künstler*innen. Dieser Schritt war längst überfällig und es bleibt zu hoffen, dass Länder und Kommunen, die ebenfalls viele Kulturprojekte und -einrichtungen fördern, diesen Schritt nachvollziehen. Erste Schritte da und dort in diese Richtung sind bereits zu verzeichnen. Frankfurt hat zum Beispiel gerade Ausstellungshonorare und neue Stipendien auf den Weg gebracht.
Was für Arbeitnehmer*innen mit dem Mindestlohn inzwischen völlig normal ist, muss auch für freischaffende Künstler*innen gelten. So weit so nachvollziehbar. Aber bringen Honoraruntergrenzen auch Nachteile mit sich? Ja, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Einrichtungen, die nicht oder eben zu unter 50 Prozent vom Bund gefördert werden, sind von dieser Regelung ausgenommen. Die Folge: Es kann nun erst recht ein Ungleichgewicht entstehen zwischen Künstler*innen, die mehr, und Künstler*innen, die weniger Honorar für vergleichbare Leistungen erhalten. Auch Künstler*innen, die ihre Leistungen für ausschließlich kommunal- oder ländergeförderte Einrichtungen anbieten, fallen durch das Raster; wobei es bei Ländern und Kommunen ja bereits einige Ausnahmen gibt, die schon jetzt die Förderung mit Honoraruntergrenzen verknüpfen, wie zum Beispiel NRW oder Stuttgart. Gleiches Geld für vergleichbare Leistungen, wie es eigentlich im Jahr 2024 der Normalfall sein sollte, bleibt daher wohl eher noch Wunschdenken in der Kultur.
Gerne wird zudem eingewandt, dass bei der Zahlung von höheren Honoraren das Kulturangebot sinken könne, da nun mal nicht mehr Mittel zur Verfügung stünden. Dies mag sein, aber hier stellt sich die Frage, ob die Kulturkonsumierenden wirklich mehr Kultur wollen, auch wenn sie auf einem System von (Selbst-)Ausbeutung beruht, oder ob das eigene Gewissen dann doch eher etwas beruhigter ist, wenn bewusst ist, dass der bzw. die Künstler*in auch von der Kunst leben könne, die man/frau sich gerade anschaue. Zahlen wir nicht alle – oder zumindest viele von uns – gerne etwas mehr für »fair gehandelte« Waren? Sollte ein solches »fair trade« nicht auch für Kultur gelten? Auch wird das »Gender Pay Gap«, das gerade in der Kultur besonders groß ist, durch Honoraruntergrenzen kaum verringert. Die meisten freischaffenden Künstler*innen arbeiten im unteren Bereich der Gehaltsskala, wo das »Gender Pay Gap« ohnehin geringer ist als in oberen Gehaltsregionen. Hier sind nach wie vor andere Maßnahmen erforderlich, auf die aber hier nicht weiter eingegangen werden kann.
Kurzum: die Maßnahme der Bundesregierung wird die prekäre Situation vieler Kulturschaffenden nicht beseitigen, denn nur einige sind davon begünstigt. Die überwiegende Anzahl präsentiert ihre Kunst in Einrichtungen, die nicht mindestens zur Hälfte vom Bund gefördert werden. Aber dieser Schritt ist einer in die richtige Richtung, speist er doch die Diskussion über faire und auskömmliche Honorare in anders oder nicht geförderten Einrichtungen und übt Druck auf Länder und Kommunen (und hoffentlich private Einrichtungen) aus, sich ebenfalls um Honoraruntergrenzen zu kümmern. Auch Kunst sollte fair gehandelt, Künstler*innen sollten fair behandelt werden …