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Der Mixer: fast unscheinbar am Rande
Quelle: Mixer©

Orte & Menschen | Fahrgasse

Kunst im Schaufenster

Frankfurts bescheidene Galerien-Szene

Die Fahrgasse ist so etwas wie das Herz der Frankfurter Galerien-Szene. Und sie war selbst im tiefsten Lockdown einer der wenigen Orte, um Kunst nicht nur digital zu sehen. Leider muss man sagen, dass »die Szene« daraus manchmal wenig macht. Immerhin: Drei, vier Orte geben immer wieder Anlass, einmal vorbeizuschauen. Allen voran – nicht nur geographisch, wenn man vom Main her kommt – die Galerie Brigitte Maurer. Die Doyenne dieser Kunst-Straße belegt ein ums andere Mal, dass man auch mit konservativer Kunst innovativ-anspruchsvolle Akzente setzen kann. In vergangenen Jahren ließ sich dies oft an fein-kunstvollen Papierarbeiten sehen, für die sie ein besonderes Händchen zu haben scheint. Aktuell zu sehen etwa mit Werken von Dorthe Goeden und Verena Freyschmidt. Eine ähnlich haptisch-sinnliche Note strahlen aber auch immer wieder Skulpturen oder feine Holzarbeiten aus, wie etwa jene von Aja von Loeper, Joseph Stephan Wurmer und Paul Diestel, die als »Konturen der Natur« Anfang vergangenen Jahres bei Maurer zu sehen waren. Malerei gehört allerdings auch zu den Schwerpunkten.

Den Gegenpol im wahrsten Wortsinn bildet künstlerisch und am anderen Ende der Straße wie so oft Andreas Greulich. Man muss das, was er zeigt, nicht mögen. Aber man muss ihm Respekt zollen, immer wieder eigenwillige Künstler*innen zu präsentieren, die offenbar auch ihre Kundschaft finden. Im vergangenen Jahr etwa waren es die grell-extravaganten Arbeiten von Tessa Wolkersdorfer, Isabel Friedrichs »Bumerang oder das Gedächtnis für Gerüche« oder auch Orakelhaftes von Sebastian Meschenmoser. Anfang des Jahres experimentierte Greulich mit »Pixposure – A Generative NFT-Art Show«. Und manchmal gar konterkariert er das Außergewöhnliche mit Außergewöhnlichem: Derzeit ist eine kleine Foto-Ausstellung von Anna Lehmann-Brauns zu sehen, welche ungewöhnliche und zugleich ungewöhnlich gute Aufnahmen Istanbuls jenseits vieler Klischees zeigt. Doch damit ist man fast schon durch mit dem, was man für eine geballte Galerien-Szene unweit des Museumsufers erwarten würde. Während neben Maurer und Greulich sonst sehr viel einfallslose Gebrauchs-Kunst die Straße füllt, gibt es wenigstens noch drei, vier »Outsider«, welche den Ort immer wieder zumindest beleben und so etwas wie »Szene« ausstrahlen. Zwei davon sind das 1822-Forum und der »Mixer«. Beide hatten in Lockdown-Zeiten auch mal mit Schaufensterausstellungen experimentiert oder die Räume untervermietet. Auch bei ihnen lohnt es, immer wieder mal einen Blick reinzuwerfen – in die Räume oder in die Schaufenster. Das Forum zeigt oft neue Künstler*innen in ihren ersten Einzelausstellungen. Der Mixer setzt gerne originelle Akzente. Dort lief 2021 ein Projekt zur Frage von Kunst und Markt mit Symposium und Ausstellungen. In diesem Jahr stellte der Mixer einen Berliner Späti aus.

Und auch dort, wo die Kunst selbst nur Untermieter ist, gibt es immer wieder etwas zu sehen. Das »Maria«, deren Besitzerin eigentlich Mode verkauft, hält sich immer wieder einmal eine Wand für originelle Zeichnungen frei. Und das »YokYok«, das kleine Kunst-Kiosk, schwankte in Corona-Wochen zwischen Kiosk mit Kunst sowie Schaufenster-Galerie mit Getränke-Verkauf. Seit Ende des Lockdowns sind Kunst und Getränke wieder gleichberechtigt. Immerhin: Zumindest das Sextett aus Maurer, Greulich, 1822, Maria, Mixer und YokYok lohnt oft einen Abstecher. Egal, ob man im ersten Lockdown-Winter durch die großen Schaufenster noch einiges an Kunst auf engem Raum erhaschen konnte – oder wenn sie seit dem vergangenen Sommer auch ihre Pforten wieder an manchen Wochenenden für die Galerien-Rundgänge oder ansonsten für einzelne kleine Kunst-Dates öffneten; vor kurzem etwa für einige Ukraine-Benifiz-Konzerte in den Galerieräumen. Auch in diesen Tagen ist gerade diese Straße wieder der Hybrid-Kunst-Ort schlechthin: Kunst zum (Fast-) Anfassen und Kunst durchs Schaufenster gleichermaßen. Und manchmal findet sich ja auch zwischen besagtem Sextett dann doch noch das eine oder andere Kunstwerk … (vss.).