©
Drei der wunderschön gestalteten Perlen aus dem Verlagsprogramm
Quelle: Guggolz Verlag©

Literatur | Guggolz Verlag

Der Lektor der verlorenen Schätze

Sebastian Guggolz sucht die Rufe der Vergangenheit

Zwei feine Dutzend Bücher und eine ungewöhnliche Gründergeschichte. Das ist in boulevardtauglicher Verkürzung der kleine, aber feine und noch recht neue Berliner Guggolz Verlag. Und um in diesem Duktus zu bleiben, der für den Erfolg des Verlages nicht unwesentlich war: Bücherverrückter junger Lektor kämpft für seinen Traum einer Verlagsgründung und verwirklicht ihn mit einem Quizshow-Gewinn: 250.000 Euro bei Johannes B. Kerner im ZDF. Und er hat damit offenbar alles richtig gemacht, denn er wurde seither für sein augenfällig schön ausgestattetes Programm mit viel Aufmerksamkeit und bereits mehreren Auszeichnungen bedacht.

Eine tolle Geschichte, die immer wieder gerne gehört wird. Das Staunen über den damals Einunddreißigjährigen, der mit enormem Optimismus an sein Ziel glaubte und erfolglos zwanzig Banken abklapperte, gehört zur Dramaturgie mit dazu, wenn es um diesen Verlag geht. Denn Aufmerksamkeit und Auszeichnungen sind eigentlich eine Rarität für einen kleinen Verlag. Noch dazu für einen, der gute und schöne Bücher macht. Sebastian Guggolz erzählt die Geschichte deshalb gerne immer wieder – geduldig und ohne ein offensichtliches Zeichen der Müdigkeit. Lächelstarrkrampf eher beim Publikum. Eine kleine Müdigkeit ist ihm höchstens als getriebener Verleger, dem es chronisch an Schlaf mangelt, anzumerken.

Doch die Geschichte alleine hätte wohl nicht gereicht. Viel stärker strahlt Guggolz’ Begeisterung für Literatur und seine Entdeckerlust, bisher allenfalls antiquarisch diffundierende Literaturschätze aufzuspüren. Das nämlich war und ist seine Idee: Alte, längst vergessene Texte zu finden und mit viel Liebe in wunderschön aufgemachten Büchern neu zu präsentieren. Lesend liebkost er jedes Wort der hervorragend übersetzten Texte, wie besonders wertvolle Stücke, die dem Besucher gezeigt und anschließend wieder in der passgenauen Schatulle geborgen werden. Dafür nimmt er in Kauf, ein Ein-Mann-Unternehmen zu sein und noch immer andere Nebenjobs machen zu müssen. Vom Quizgewinn profitieren bisher vor allem die Erben seiner Autoren und seine handverlesenen Übersetzer – und wir als Leser. Denn sein Anspruch ist, den bestmöglichen Text zu veröffentlichen. Mit einem Cover, das schlichtweg schöner ist als andere, und einem Lesebändchen. Keine Kompromisse.

Sein verlegerischer Schwerpunkt liegt auf nord- und osteuropäischer Literatur der klassischen Moderne: Michael Prischwin, Frans Eeemil Sillanpää, James Leslie Mitchell, Amalie Skram. Bislang – zumindest von mir – nie gehörte Namen, darunter allerdings Nobelpreisträger und Autoren, die in ihren Heimatländern als prägende Klassiker gelten. Guggolz hat ein Faible für Landschafts- und Naturbeschreibungen, für ländliche Lebenswelten, aus denen manche der Figuren jedoch in die um die damalige Jahrhundertwende boomenden Städte gingen. Dies ist ganz und gar nicht rückwärtsgewandt. Vielmehr sind es oft sozialkritische Autoren und kämpferische Autorinnen, deren Themen uns heute unverändert bewegen. Aufbruch und Umbruch. Und es bleibt das schönste Wort, die immerwährende Suche nach dem Glück und den Fragen des Menschseins. Wünschenswert ist ein Happy End: nicht zwischen zwei Buchdeckeln, sondern im wahren Leben. Für Sebastian Guggolz und seinen Verlag (pem.).