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Quelle: Natalia Liubchenkova©

Lettre de France (lys.)

Imagine … in Paris

Hoffnung und Zweifeln in Paris

Zu den berührendsten Bildern aus Paris nach den Anschlägen gehörte das des Straßenmusikers Davide Martello, der vor dem Bataclan-Musiktheater »Imagine« von den Beatles spielte. In einem Land, von dem die Politiker sagen, es sei jetzt im Krieg. Tatsächlich ist Frankreich nach den Anschlägen zusammengerückt. Alle schrieben sms nach Paris, um zu erfahren, wie es Familie und Freunden geht. Alle antworteten sofort, die meisten schrieben: »Wir sind okay, aber betroffen, aufgewühlt, durcheinander.« Alle fragten: Warum? Wie ist es möglich, dass ein in einer Pariser Vorstadt geborener junger Mann mit einer Kalaschnikow wahllos junge Menschen tötet. Die Lebensbedingungen in den Vorstädten haben sich in den vergangenen 20 Jahren verschlechtert. Einige sind wahre Ghettos. Aber kann das als Erklärung dienen für unvorstellbare Gewalt?

Es bleibt die Frage: In welcher Welt wollen wir leben? Viele bringen noch immer Blumen und Kerzen an die Anschlagsorte und zu französischen Vertretungen in aller Welt. Einige schreiben »Das ist nicht unser Krieg.« Dabei haben sich im September mehr als 60 Prozent der Franzosen in einer Umfrage für einen Militäreinsatz – sogar für französische Bodentruppen – in Syrien ausgesprochen. Die Fußballfans haben nach den Explosionen beim Verlassen des Stade de France die martialische Nationalhymne gesungen. Facebook hat den Usern angeboten, die Tricolore-Farben über das Profilfoto zu legen. Eine französische Kollegin lehnt das ab: »Im Januar war ich Charlie. Ich bin Paris, aber ich bin auch Syrerin, Jesidin, Bosnierin und Tutsi.« Und in Paris spielt ein in Lörrach geborener Weltbürger eine der Hymnen der Friedensbewegung in einem nicht sehr friedensbewegten Land … (lys.).