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Das Modell für die etwas weitere Reise ...
Quelle: sabi©

Wieder gelesen | Der andere Reiseroman

Wo liegt die Schweiz, oder war es Schweden?

Per J. Andersson über eine Reise für die Liebe

Kaum zu glauben, dass die Geschichte »Vom Inder, der mit dem Fahrrad bis nach Schweden fuhr, um dort seine große Liebe wiederzufinden« von Per J. Andersson wahr ist. Doch nach Lektüre des Buches ist sich der Leser ebenso sicher wie die Hauptfigur Pikay, alles zu schaffen, wenn man nur an sich und an seine Bestimmung glaubt. Pikay wird nämlich bei seiner Geburt prophezeit, dass er sich in eine weiße Frau aus einem fernen Land verlieben wird. Und die Prophezeiung sollte aufgehen …

Pikay stammt aus den ärmsten Verhältnissen des indischen Dschungels. Er erzählt seine Lebensgeschichte in zwei Teilen. Zuerst schildert er sein Leben als »Unberührbarer« und nimmt dabei den Leser mit in eine sehr berührende und aufwühlende Gefühlswelt. Eingebettet in die Geschichte Indiens der 60er und 70er Jahre und dessen Suche nach einer modernen politischen Führung sowie den Einflüssen aus der westlichen Welt und der Hippie-Kultur, schildert Andersson das gnadenlose Kastensystem, aber auch dessen Möglichkeiten und Schlupflöcher. Pikay gelingt es, sich in Delhi einen Namen als Porträtzeichner zu machen. Sein größter Erfolg ist die Einladung, Indira Gandhi zu porträtieren. Schließlich trifft er 1975 die Schwedin Lotta, die sich mit Freunden auf einer Indienreise befindet. Pikay verliebt sich in sie und ist sich sicher, dass dies die Frau ist, die ihm bei seiner Geburt prophezeit wurde. Als Lotta nach einer gemeinsamen Zeit wieder nach Schweden zurückkehrt, beschließt Pikay ihr zu folgen. Mangels finanzieller Möglichkeiten mit dem Fahrrad. Auf einem alten Damenfahrrad macht er sich auf die über 7.000 Kilometer lange Reise.

Der zweite Teil des Buches schildert seine Reise durch Indien, Afghanistan, den Iran, die Türkei, Österreich, Deutschland, Dänemark und Schweden. Viele Klippen gilt es zu umschiffen, die er mit Hilfe seiner zahlreichen westlichen Freunde aus einem Hippiecafé in Dehli und deren Tipps, aber auch mittels seiner urteilslosen Neugier auf Menschen meistert. Er erzählt von der unermüdlichen Gastfreundschaft der Orientalen, die selbst nichts haben, ihm aber helfen zu überleben – und von der ungewohnten Distanziertheit und Kälte der Menschen im Westen Europas. Asien versus Europa, Liebe versus Kopf, tiefes, unerschütterliches Vertrauen versus Status und Macht. Pikay legt den Finger auf die Unterschiede zwischen Ost und West wie auf eine Wunde. Und Pikay schafft es. Er erreicht Boras in Schweden und seine Lotta, er findet ein neues Leben, sein Leben. Ruhig und in tiefem Glauben daran, dass alles möglich ist (loe.).