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Das grüne Monster? Aus einem Stück des Frankfurter Antagon-Theaters
Quelle: bw©

Buch des monats | Januar

Die Grünmacherindustrie

Hinter den Kulissen der Greenwash-Welt

Grün ist eigentlich gut. Doch mittlerweile beschäftigen sich immer mehr Menschen damit, Dinge grün anzustreichen, damit wir glauben, dass sie gut sind …

Willkommen in der Welt von Greenwash Inc.: Thomas Hessel arbeitet in der PR-Agentur Mars & Jung und macht dort Karriere. Fast gleichgeschaltet mit der Agentur und den Kollegen. Mit täglich neu eingedroschenen Glaubenssätzen à la »Mars & Jung – We care for nature / stories / each other / trust / children / change« – alles, was gerade so gebraucht wird für’s gute, grüne Gewissen. Dazu mit Hilfe vieler Tranquilizer und Gute-Laune-Drops. Und mit Hope Stories für die Agenturkunden aus aller Welt, die dringend ein gutes Image brauchen. Dabei spielt er gerne mit dem Schrecken, um hinterher alles reinzuwaschen – mit inszenierten Brandrodungen in Brasilien, völlig verwerflicher Krisenkommunikation in Indien oder heftigsten Aufnahmen zu einem Wiedergutmachungsprojekt für den CO2-Abdruck in Afrika. Für den Erfolg seiner Stories geht Hessel sehr weit – auch über Leichen.

Karl Wolfgang Flender schildert in seinem Roman »Greenwash Inc.« die Skrupellosigkeit und den charakterlichen Zerfall eines Werbers, der für jeden Kunden die nötigen Maßnahmen hat. Es ist kein einfaches, kein schönes Buch. Eigentlich sollte man es auch gar nicht als Roman verkaufen, sondern eher als Sachbuch. Wenn man denn wüsste, ob alles stimmt. Gnadenlos abstoßend, abgestumpft und beißend zynisch schildert Flender den PR-Alltag einer Agentur, die ganz vorne mitmischen möchte im Kampf um die besten und glaubhaftesten CSR-Strategien. Der Leser stellt sich unweigerlich die Frage, ob es wirklich möglich ist, die Welt mit Biokonsum und ökologischer Korrektheit zu retten. Oder ob man nur auf eine grün angestrichene Welt hereinfällt. Und er stellt sich am Ende noch eine zweite Frage. So krass wie die Beispiele Flenders in seinem bewusst als Roman, nicht als Sachbuch ausgewiesenen Buch sind. Sind sie alle wahr – oder nutzt Flender nur die gleichen Mittel wie Hessel für den größtmöglichen Erfolg seines Buches? Ein Buch, das erschreckt und nachdenklich macht. Und bei dem man letztlich nicht weiß, ob man es wirklich empfehlen soll. Denn eigentlich sollte die Empfehlung eher lauten: Mehr Zeit damit zu verbringen, selbst (nach) zu denken – ob mit oder ohne diesem Buch … (loe.).