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Schauspieler vor Kabuki-Theater in Edo. Farbholzschnitt, um 1860/70
Quelle: Museum angewandte Kunst©

Ffm. | Begegnung der Kulturen

Ost blickt West blickt Ost

Japan und der Westen - eine Ausstellung

Wenn zwei Kulturen sich begegnen, führt dies zuweilen zu sehr skurrilen Blicken aufeinander. Ein schönes, weil auch üppig illustriertes Bild dessen zeigt derzeit das Museum angewandte Kunst in Frankfurt. Die Ausstellung spielt im und mit dem Japan des ausklingenden 19. und teils auch beginnenden 20. Jahrhunderts. Mit jener Zeit also, in der sich das lange abgeschottete Inselreich langsam zum Westen hin öffnete. Und dabei zugleich nicht nur zwei Welten, sondern auch zwei Medien aufeinandertrafen. Auf der einen Seite der alte traditionelle und in dieser Kultur auch im Alltag einen hohen Stellenwert besitzende Holzschnitt. Auf der anderen Seite das im Westen gerade aufkommende und nun auch in Japan ankommende junge Medium Fotografie. Zwei Medien, die in ihrer Kultur und Zeit fast Leitmedien waren, gleichsam später Fernsehen oder Zeitungen.

Die Ausstellung stellt die beiden Medien nebeneinander. Die bildmächtigen farbigen Holzschnitte, welche die große Politik wie den Alltag oft gleich einer Tageszeitung spiegelten, nicht selten auch mit den Mitteln der Karikatur. Daneben das faszinierende neue Schwarz-Weiss-Medium, das neben Menschen oft auch das panoptikumartige Neue und Fremde festzuhalten versuchte. Nicht selten in einem paradoxes Nebeneinander unterschiedlicher, aber für derartige Kulturbegegnungen keineswegs untypischer Blickwinkel und Blicke aufeinander. »Da ist zum einen«, so der Asien-Experte und Kurator der Ausstellung, Stephan von der Schulenburg, »der neugierig-staunende, manchmal auch amüsierte Blick der Japaner auf die fremdartigen Verhaltensmuster der Menschen aus dem Westen, wie auch auf die Segnungen der westlichen Zivilisation und deren zunehmende Ausbreitung in ihrem Land«. Nicht von ungefähr spielen die Holzschnitte mit den neuen Brücken und Eisenbahnen sowie den Japanern in westlicher Kleidung. »Ein ganz anderes Land«, so Schulenburg, »tritt uns in der zunächst von Europäern eingeführten, bald jedoch auch von deren japanischen Schülern mit großem Erfolg betriebenen Fotografie entgegen. Japan wird hier inszeniert als ein geheimnisvolles Märchenland, mit seinen atemberaubenden Naturschönheiten ebenso wie mit sorgsam im Studio inszenierten Genrebildern von schönen Frauen, Rikscha-Fahrern, Handwerkern oder Straßenhändlern. Oftmals stimmungsvoll koloriert, tritt uns hier ein romantisches Idealbild einer in dieser Form bereits im Verschwinden begriffenen Zeit entgegen. Die größten und erfolgreichsten dieser Studios befanden sich in Yokohama. Denn hier kamen die meisten internationalen Reisenden an, die wichtigsten Kunden für Bilder dieser Art«. Fast ein Lehrstück für das Aufeinandertreffen von Kulturen und deren Blicke aufeinander. Und ganz nebenbei erahnt man mit Blick auf diese meisterhaften und sehr populären (auch gut verkauften) Holzschnitte, warum heute in Japan die Manga-Kultur so hochentwickelt ist (vss.).