Bundestagswahlen

Bundeskanzlerin Nicole Wähler?

Warum sie das nicht wird - und was ihre Wähler damit entscheiden

Alle reden vor der Wahl von Angela Merkel, Martin Schulz und der AfD. Niemand redet von Nicole Wähler. Ihre Partei jedoch könnte die Wahl entscheiden. Sie könnte Kanzlerin werden. Sie wäre auf jeden Fall Oppositionsführerin. Mit allem, was dies mit sich brächte: Macht, Einfluss, Aufmerksamkeit, Pfründe und Geld. Sie wird allerdings nichts davon werden. Und doch maßgeblich mitentscheiden. Sie wird es nicht werden, weil es »Nicole Wähler« nicht gibt. Und ihre Partei der »Nicht-Wähler« auch nicht. Wenn sie jedoch anträten würde, würde sie mit 25 bis 30 Prozent der Stimmen mit der Union um die Rolle der stärksten Partei ringen. Die hätte dann – heruntergerechnet – auch nur noch 25 bis 30 Prozent. Abgeschlagen wären die SPD (rund 15 Prozent) und die vier Splitterparteien Linke, Grüne, FDP und AfD (mit jeweils sechs bis acht Prozent).

Da die Partei der »Nicht-Wähler« aber nicht antritt, überlässt sie die Macht anderen. Und ihre (Nicht-) Wähler überlassen ihr Schicksal auch anderen. Wobei: Einige Entscheidungen treffen die Nicht-Wähler schon. Sie machen statt Nicole Wähler sehr wahrscheinlich Angela Merkel (ihre heimliche Kanzlerkandidatin) wieder zur Regierungschefin. Denn damit wird die Union stärkste Partei und fehlen ihr für eine Mehrheit von dann nur noch bestenfalls 37 oder 38 Prozent (gemessen an allen Wahlberechtigten) nur noch rund zehn Prozent von anderen Parteien. Durch das Nicht-Antreten der Nicht-Wähler geht es also wohl nur noch um die Frage: Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb oder Schwarz-Gelb-Grün oder Schwarz-Grün-Gelb oder (der unwahrscheinlichste Fall) Schwarz-Grün? Nur wenn die Nicht-Wähler massiv ihre Stimmen einbringen würden, wäre dies aufzubrechen und wären auch andere Konstellationen nach der Wahl möglich. Inklusive anderer Regierungschefs oder -chefinnen.

Doch Nicole Wählers Partei entscheidet nicht nur darüber. Würden die 15 bis 20 Millionen Nicht-Wähler (von 61,5 Millionen Wahlberechtigten) geschlossen zur Urne gehen, müssten womöglich alle Parteien, die nun am 24. September weniger als sieben Prozent erhalten, um den Einzug ins Parlament fürchten. Vielleicht sogar die AfD. Und damit um Macht und Einfluss, aber auch um Aufmerksamkeit und vor allem um viel Geld. Doch auch unter denen, die ins Parlament kommen, werden weniger Stimmen über die nicht unwesentliche Reihenfolge der Parteien entscheiden. Und damit über die Frage, wer bei einer Fortsetzung der Koalition aus Union und SPD drittstärkste Partei würde. Die nämlich wäre dann statt der Nicht-Wähler stärkste Opposition – mit allen Rechten und Pfründen. Sie stellte etwa den Vorsitz im Haushaltsausschuss des Parlaments. Und sie hätten immer im Parlament erstes Rederecht nach der Regierung. Mit entsprechender Aufmerksamkeit. Und ganz nebenbei sorgen die Nicht-Wähler für noch ein Paradoxon und vielleicht für einen zweifelhaften Rekord. Die Zahl der Abgeordneten wird deutlich wachsen mit den zusätzlichen Parteien – von aktuell 630 auf wahrscheinlich weit über 680. Selbst über 700 sind möglich. Der Deutsche Bundestag könnte damit das größte demokratische Parlament der Welt werden. Und auch wiederum einiges mehr kosten. Ob die Nicht-Wähler also zuweilen wissen, worüber sie entscheiden … (vss.)?