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Künftig weniger Provisorien im Leben Frankfurter Künstler?
Quelle: Barbara Walzer (bw.)©

#bootsgespräche | Kultur & (mehr) Raum [1]

Ein runder Tisch & ein eckiger Kasten

Ina Hartwig für Ausstellungshalle und mehr Kultur im öffentlichen Raum

Stoffel, Yachtklub, Blaues Haus – Drei Orte der Off-Kultur in Frankfurt, die alle das gleiche Problem haben. Fast das gleiche. Alle drei bieten Tausenden Frankfurtern im Sommer mit viel Herzblut Kultur mitten im Stadtraum und tragen maßgeblich zum besonderen sommerlichen Lebensgefühl in der Main-Metropole bei. Und alle drei kennen je einen Bürger oder eine Bürgerin, die eine andere Vorstellung von urbanem Lebensgefühl haben. Beim Stoffel ist es eine Anwohnerin, die das beliebte Kleinkunst-Festival von 30 auf 18 Tage einschmelzen ließ. Beim Blauen Haus sorgt ein Rentner ein ganzes Stück flussabwärts auf der anderen Main-Seite für Bettruhe um 22 Uhr. Und Hans Romanovs Yachtklub hat neuerdings einen Aufpasser am Weckmarkt. Er findet, dass der Yachtklub zu laut sei. Zur Orientierung: Der Yachtklub liegt auf der anderen Main-Seite hinter der Alten Brücke und der Insel des Ruderclubs. Selbst mit größtem Engagement könnte Romanov den Weckmarkt kaum beschallen …

Doch Städte und urbane Lebenswelten ändern sich. Und eigentlich muss sich mit ihnen auch das Bewusstsein der Menschen in diesen Städten ändern. Ganz in diesem Sinne brach Frankfurts Kulturdezernentin Ina Hartwig bei den 1. Frankfurter #bootsgesprächen vor 120 Menschen auf dem Yachtklub eine Lanze für die sommerlichen Festivals und sagte klipp und klar, dass sie es nicht verstehen könne, wie einzelne Menschen die Lebensfreude von so vielen anderen in dieser Stadt unterlaufen könnten. Und versprach einen Runden Tisch für mehr Kultur für die öffentlichen Plätze in der Stadt. Ein Tisch, an dem man auch mal diskutieren könne, welches schützenswerte Kultur sei und wie man ihr mehr Raum geben könne. Neben dem runden Tisch schwebt der seit einem Jahr amtierenden Kulturchefin aber auch noch ein eckiger Kasten vor. Oder so etwas ähnliches. »Ich wünsche mir«, so Hartwig, »eine Ausstellungshalle für Frankfurter Künstler«. Wo sie herkommen (und hinkommen) soll, sagte sie zwar noch nicht. Doch dass sie eine gute Idee wäre, ist offensichtlich. Atelierräume gibt es zwar viele in der Stadt. Doch Ausstellungsfläche ist in der immer mehr verdichteten Metropole rar. Und oft profitieren von temporär leerstehenden Gebäuden vor allem Städel- und HfG-Schüler. Frankfurter Künstler und Künstlerinnen über 30 gehen hingegen oft lange auf die Suche, wenn sie ausstellen wollen. Apropos Lebenswelten Frankfurter Künstler. Mal dabei, sich einer Agenda für die weiteren Jahre ihrer Amtszeit zu nähern, versprach sie bei den bootsgesprächen auch, zu prüfen, ob man nicht für Künstler das Verbot des Wohnens in Gewerberäumen lockern könnte, und regte mehr Phantasie und Flexibilität bei der Gestaltung von Wohnraum überhaupt an. Denn gerade Künstler und Kulturschaffende brauchten kreative Räume – zum Leben, zum Arbeiten, zum Präsentieren und auch zum Zusammenleben und -arbeiten. Was Hartwig so sagte, hörte sich ganz nach einer Agenda für Frankfurter Künstler an – selbst wenn am Ende der Tisch eckig und die Halle rund sein sollten … (vss.).