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Viel los gerade so ...
Quelle: Barbara Walzer (bw.)©

Kultur | Die Saisonstarts

Rentrée in RheinMain

Theaterfeste, Vernissagen & Festivals

Der Begriff »Rentrée« ist eigentlich in Frankreich zu Hause. In jenem Land also, das immer im Sommer kollektiv und gleichzeitig in Urlaub und Schulferien entschwindet und damit für einige Wochen mehr oder minder lahm liegt. Und das zur Rentrée – meist Ende August – dann kollektiv wieder zurückkehrt, vor allem in die Schulen. Rentrée meint nämlich zuerst einmal den Beginn des neuen Schuljahrs. Doch es ist irgendwie auch der Zeitpunkt, an dem überhaupt »das Leben» zurückkehrt. Davor ist übrigens die Zeit der Festivals. Meist im Süden, wo das in Avignon wohl das bekannteste ist. Und das allerdings erst mit der Rentrée  stattfindende Festival International du Photojournalisme in Perpignon vielleicht das eindrucksvollste. Doch eigentlich hat fast jeder südfranzösische Ort irgendein sommerliches Kulturfestival. 

Irgendwie scheint die Rentrée mittlerweile auch in Deutschland angekommen. Vor allem in FrankfurtRheinMain sind nach den sommerlichen Wochen der ebenfalls längst etablierten Festivals wie Sommerwerft oder Stoffel und der vielen freien Parkplätze die Menschen wieder alle da. Und irgendwie scheinen die Kulturszenen das als kollektiven Startschuss zu sehen. Wohin man Ende August auch schaut: Saisonstarts, Eröffnungen, Festivals. Alle Wochenenden sind vollgepackt mit »Events« und »Ereignissen«. Es beginnt bereits am letzten August-Wochenende nicht nur mit dem großen Museumsuferfest in Frankfurt, sondern ebenfalls mit viel Theater in der Region. Fast alle großen Häuser in Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Darmstadt oder auch Kassel laden nämlich an diesen Wochenenden zum Theaterfest. Sie öffnen für einen oder mehrere Tag(e) (fast) alle Türen, geben Kostproben aus den anlaufenden Programmen und lassen die Gäste buchstäblich hinter die Kulissen schauen. Den Anfang machen im August die Staatstheater. Um den 1. September herum sind es Oper und Schauspiel Frankfurt sowie der Mousonturm, der die Spielzeit gleich mit einem kompletten Festival beginnt: Unfuck my Future. Besonders apart sind in diesem Reigen zwei kleinere Bühnen: Centralstation Darmstadt und Stadttheater Gießen verteilen das kostenlose (R)Entrée in die Saison mit Appetithappen über mehrere Tage.

Kaum sind die Theater am Laufen, ziehen die Bildenden Künste nach. Anfang September eröffnen Frankfurts Galerien rund um die Fahrgasse mit einem Rundgangs- und Vernissagen-Wochenende. Allerdings wollen auch sie – im 25. Jahr dieses Saisonstarts – der Eventisierung nicht nachstehen und füllen das Wochenende gleich noch mit einem »Event« namens »Frankfurt Art Experience« voll mit Walks und Talks, einer Fair, unzähligen Begegnungen sowie angeblich entspannter Atmosphäre. Diesmal sind übrigens auch zahlreiche entlegene Galerien und sogar mindestens eine Privatsammlung dabei. Wobei der geneigte Betrachter sich fragt, warum bei einem Saisonstart der Galerien sich jetzt auch schon Käufer zur Schau stellen. Wem so viele (An-) Reize noch nicht genug sind, bekommt en gros in diesen Tagen noch jede Menge mehr oder minder künstlerisch angehauchte Straßenfeste mit Brückenwall, Rotlintstraßenfest oder Gemeinsam Gallus frei Haus geliefert. Man könnte meinen: Wer da nichts findet im großteils kostenlosen Kulturfeuerwerk, ist selber schuld. Einziges Problem: Nach zwei, drei Wochen Kultur nonstop sehnt man und frau sich wahrscheinlich erst mal nach Ferien. Unser Geheimtipp dazu: Annette Glosers (fast rentrée-begleitende) Straußwirtschaft an der oberen Berger Straße in Frankfurt … (vss.).