Kultur in Corona-Zeiten
Gemeinsam draußen dabei
Sommerfestivals mit neuen Konzepten
Viele Festivals werden diesen Sommer abgesagt oder verschoben. Vielfach haben Städte dafür Gemeinschafts-Festivals initiiert. Und einige wenige Akteure wagen es trotzdem, Corona zu trotzen …
[> Beitrag auf eigener Seite lesen] Für viele Menschen in Frankfurt und in der Region ist es das Sommerfestival schlechthin. Die »Sommerwerft«, die jedes Jahr das Ufer des Mains im Schatten der EZB mit ihrem alternativen Straßen-Theater-Festival mit Tausenden Menschen und Dutzenden Ensembles aus aller Welt verzaubert und mit Theatern, Gauklern, Performance- und Impro-Künstler*innen sowie viel fahrendem Volk gegen den Mainstream anspielt. Lange war auch dieses Festival in diesem Sommer fraglich. Doch das ausrichtende Antagon-Theater stemmte sich erfolgreich gegen alle Corona-Widrigkeiten. Wenn auch mit etwas verändertem Konzept. Statt zwei Wochen allein das Ufer zu bespielen, ist man dort nur elf Tage rund um die Wochenenden präsent – diesmal mit Einlass und Sicherheitsvorkehrungen. Aber trotzdem mit spektakulärem Theater, Poetry Slams oder Singer-Songwritern. Und für die, die es nicht vor Ort sehen können, gibt es diesmal ein Streaming. Montags bis mittwochs ziehen die fahrenden Theaterleute in die Region, treten auf Plätzen in Darmstadt, Offenbach oder Wiesbaden auf. Und hier wie dort gilt: Eintritt zwar frei, Zutritt aber nur bedingt …
In der Tat ist die Sommerwerft fast das einzige wirklich große Festival dieser Art in der Region, das sich erfolgreich gegen die Krise stemmt. Lediglich die Lichter-Sommerkinos ziehen noch mit zwei Ausgaben für insgesamt zumindest 500 Menschen in Frankfurt und Rüsselsheim nach. Andere Schwergewichte wie der ebenso legendäre Stoffel in Frankfurt oder das Open Ohr in Mainz mussten passen. Manche wie etwa die Burgfestspiele in Bad Vilbel versuchen es mit einem arg reduzierten Programm oder wie der Stoffel und das Kurzfilmfestival Shorts at Moonlight zumindest mit einer Online-Version 2020. Statt der vielen großen Festivals machen viele Städte in der Region mittlerweile gemeinschaftliche Open Airs, auf denen mehrere, sonst auch konkurrierende Akteure sich mit Hilfe ihrer Stadt eine Bühne teilen. Ganz besonders aktiv ist Mainz. Die Gutenberg-Stadt hat gleich zwei Bühnen: die Kulturbühne auf der Zitadelle und die KulturGärten im KUZ und im Schloss. Hinter beiden stehen neben der Stadt auch der Frankfurter Hof und das Kulturzentrum KUZ. Halb Stadt, halb Kulturverein: In Oberursel hat der Verein Kunstgriff erneut eine leicht modifizierte Version des Orscheler Sommers mit viel Hilfe der Stadt auf die Beine gestellt und bespielt diesmal vor allem den Hof einer Schule und einige andere Orte mit Kino, Musik und Poetry Slam. Ähnlicher Ansatz: In Rüsselsheim hat das Kulturzentrum »das Rind« mit der Kulturbühne für die Stadt im Adamshof (im Opel-Altwerk) für fünf Wochen ein Open-Air-Festival auf die Beine gestellt. Ab Anfang August findet dort übrigens auch das Sommerkino statt, veranstaltet von der Crew des Lichter Filmfests aus Frankfurt. Ein paar Nummern kleiner, aber mit der gleichen Idee findet in Offenbach in den Parkside Studios das Parkside im Hof-Festival mit Filmen und Konzerten statt, an dem sich auch Lederpalast, Rebell(i)sche Studiobühne, Filmklubb oder afip beteiligen. Neben diesen Ersatzfestivals – teils sogar mit freiem Eintritt, aber fast immer mit Online-Ticketing und eingeschränktem Zutritt – sind es die eher kleinen Festivals, die es trotz Corona versuchen. Dazu gehören in Frankfurt die Dramatische Bühne im Grüneburgpark und die Comoedia Mundi am Main oder in Wiesbaden der Impro-Sommer und Poesie im Park. Jetzt müssen nur noch Wetter und Virus mitspielen. Wobei letzteres genauer gesagt eigentlich heißt: die Menschen. Denn von ihrem Verhalten wird abhängen, ob diese Festivals alle in diesem Sommer wie geplant stattfinden können … (vss. • Artikel aktualisiert • 07.08.2020)