So viel Verkehrswende wie dieser Tage war selten in den Straßen von Frankfurt. Teils hat es mit dem Klima zu tun, teils mit der nahenden Wahl, für die wohl alle (regierenden) Parteien noch mal Handlungsfähigkeit zeigen wollen. So staunen der und die gemeine Frankfurter*in derzeit nicht schlecht. Zum Beispiel über täglich neue Tempo-40-Schilder. Autos dürfen nämlich ab Januar in der Innenstadt in der Regel nicht mehr schneller fahren – wenn nicht ohnehin Tempo 30 angesagt ist. Oder über neue Nachtbus-Strecken, auf denen teils sogar noch neue Busse durch die Stadt kreuzen. Busse und Bahnen fahren nämlich wie in vielen Metropolen der Welt nun auch in Frankfurt auf den Hauptstrecken die ganze Woche rund um die Uhr. Damit nicht genug: Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen erhalten auf einer weiteren Straße mehr sichtbaren und sicheren Platz auf und neben dem Weg – angedacht als nächstes für den ohnehin beschaulichen, aber auch unübersichtlichen Oeder Weg.
Bisher war die Main-Metropole im internationalen Vergleich eher ein williges Bashing-Ziel, schaffte sie es etwa im Sommer nicht einmal, ein einzelnes Stück Mainufer autofrei zu halten – während sich anderswo Metropolen, Groß- und Kleinstädte einen Wettlauf liefern, wer Innenstädte schneller verlangsamt und/oder lebenswerter macht. Sichtbarste Neuerung in Frankfurt dürfte Tempo 40 in der City sein. Ohne Karenz-Zeit übrigens, wie die Verkehrsbehörden mitteilen. Richtig innovativ ist es nur bedingt. Andere Städte wie Freiburg sind bereits auf dem Weg zur flächendeckenden 30er-Zone. In Frankfurt musste sich erst noch die CDU erwärmen. Das tat sie, weil es das kleinste Übel im Katalog der Luftreinhalte-Maßnahmen war, um drohende Fahrverbote zu verhindern. So können immerhin alle Seiten irgendwas vermelden – und sei es eine Verhinderung. Mit der Neugestaltung des Oeder Weges kommt derweil das Grünen-Lieblingsthema Fahrrad von der Stelle, und bekommt die beschauliche, aber unübersichtliche Einkaufsstraße mit engen Fuß- und unschönen Radwegen künftig mehr Grün, mehr rote Markierungen, mehr Platz für Fußgänger*innen und durch neue Verkehrsführungen weniger Autos. Den Nachtverkehr schreibt sich derweil vor allem die SPD auf die Fahnen. Passt auch ganz gut zur Geschichte der Partei, hat schließlich was Revolutionäres, wie sich die Metropole nun auch beim ÖPNV internationalen Standards nähert. Allerdings gab es auch eine Altlast aufzuräumen. Auf Betreiben des Oberbürgermeisters war flüssiger Nachtverkehr bisher nur in »Party-Nächten«, also von Freitag bis Sonntag, möglich. Dass es auch arbeitende Bevölkerung gibt, die in einer Metropole nachts den ÖPNV braucht, hatte der OB der einstigen Arbeiterpartei wohl weniger auf dem Schirm. Nun aber gibt es nachts Bahnen (am Wochenende) und Busse (unter der Woche) – ein wenig Unterschied zwischen Party- und sonstigem Volk muss wohl noch sein – rund um die Uhr auf den gleichen Strecken. Dazu kommen weitere sogenannte Metrobusse, die ebenfalls künftig »24/7« als Regelbetrieb haben. Sie fahren auf einem guten halben Dutzend der bisher meist befahrenen Strecken der Stadt. Damit löste man endlich ein antiquiertes Nachtbus-System auf, das bisher recht sinnbefreit konträr zu den Hauptstrecken die Stadt durchzog. Da konnte man mit einer S-Bahn aus der Region schon mal zu genau dem Zeitpunkt drinnen am Bahnhof ankommen, an dem draußen der Nachtbus in die Stadt abfuhr. Und das zu einer Zeit, als es überhaupt nur eine S-Bahn und einen Nachtbus am Hauptbahnhof gab. Sieht man sich die ganzen Veränderungen in der Stadt so an, könnte diese eigentlich gleich weiter machen mit dem Verkehrs-Wenden. Und manches würde sich sogar rechnen (was womöglich auch den in Corona-Zeiten sparsamen CDU-Kämmerer überzeugen könnte). Mit Tempo 30 im ganzen Stadtgebiet ließen sich etwa unzählige Schilder einsparen. Sparsamer wäre nur noch gewesen, dies vor einem Beschluss zu Tempo 40 umzusetzen … (vss./sfo.).