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Cityvista - erster von mehreren Versuchen, Stadt und Zusammenleben neu zu definieren
Quelle: Böll-Stiftung©

Festivals, Kongresse, Aktionstage

Welche Stadt eigentlich?

Initiativen auf der Suche nach der Zukunft

Rettet die Innenstädte – das haben sich derzeit viele auf ihre Fahnen geschrieben. Nicht zuletzt, weil ob fortschreitender Verödung viel Geld dafür zur Verfügung zu stehen scheint. »S.o.u.p.« nennt sich ein »Festival«, das auf diesen Zug aufspringt. Doch auf der Speaker-Liste stehen viele, die bisher Einfluss hatten und die Städte zu dem gemacht haben, was sie sind: Entwickler*innen, Stadträt*innen, Finanzierer*innen. Gefühltes Durchschnittsalter: um die 50. Gefühlte Kompetenz mit Blick auf besagte Innenstädte: eher niedriger. Gefördert wird alles dem Vernehmen nach mit rund 250.000 Euro. Und es gibt Eintrittspreise von mehreren Hundert Euro – nein, nicht für die,  die reden, sondern für die, die zuhören sollen. Dabei ist man eigentlich schon an Albert Einstein erinnert: »Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.«

Ein Konzept, dass zumindest Fragen aufwerfen sollte. Nicht nur, weil die Öffentlichkeit hier gleich doppelt zur Kasse gebeten werden soll. Auch, weil bei dem Ganzen auch noch das Pferd irgendwie von hinten aufgezäumt wird. Denn hier erklären die Verursacher*innen, wie es weitergehen soll, und werden die Bürger*innen zu Zuschauer*innen degradiert. Ein Schuh wird umgekehrt daraus: Wenn die Bürger*innen erst einmal klären, welche Stadt sie überhaupt wollen. Das ist denn auch das Thema einiger ambitionierter Festivals, Think Tanks und Initiativen, die in den kommenden Wochen mit weniger Geld und deutlich mehr Kreativität an den Start gehen. »City Vista« nennt sich ein über vier Wochenenden gestreckter Versuch, die Stadt der Zukunft zu ergründen. Vier Wochenenden, noch dazu draußen auf öffentlichen Plätzen der Stadt – schon ein wesentlicher Unterschied zu den drei Soup-Tagen, die symbolisch und sorgsam abgeschottet in einem der vielen leerstehenden Gebäude der Innenstadt stattfinden. Die Speaker*innen: auffällig viele Menschen, die bisher keine Verantwortung trugen. Gefolgt wird Cityvista im Oktober vom viertägigen Kongress »School of Commons«, bei dem Studierende aus mehreren europäischen Hochschulen die Gesellschaft der Zukunft ergründen wollen und dabei den Gemeinsinn in den Vordergrund stellen. Eine zumindest temporäre Brücke bildet Ende September »Making Frankfurt« – der offene Versuch einer öffentlichen Spielwiese für neue Ideen und Konzepte. Der Ansatz hier: Menschen aufzufordern, sich an diesem Tag mit Aktionen zu beteiligen. Was diese drei Veranstaltungen gemein haben: mehrheitlich Menschen, die Städte neu denken und bisher oft noch nicht gehört und beteiligt wurden. Und: Keine der Veranstaltungen kostet Besucher*innen etwas – außer Zeit, die sie sich nehmen müssen … (vss.).