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Vor 60 Jahren - als parkende Autos in Frankfurt noch überschaubar waren
Quelle: Ludwig Wegmann / Bundesarchiv, B 145 Bild-F008589-0006 • CC BY-SA 3.0 (s.u.)©

Kosten der (Im-) Mobilität

Sitzplätze und Stehzeuge

ÖPNV und Autoparken nähern sich an

Städte arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Neuverteilung des Straßenraums. Ein wichtiges Steuerungsinstrument: das Budget der Bürger*innen für ihre Mobilität. Während der ÖPNV billiger werden soll, ziehen die Preise für das Auto-Parken deutlich an. Ein Vergleich zwischen Frankfurt und Stockholm sowie ein Blick auf die Perspektiven des Auto-Parkens in deutschen Städten. 

Frankfurt und Schwedens Hauptstadt Stockholm sind sich erstaunlich ähnlich. Von der Fläche her ist Frankfurt (248 qkm) etwas größer als Stockholm (185 qkm), dafür wohnen in der nordischen Kapitale (945.000) etwas mehr Menschen als in der Main-Metropole (765.000). In beiden Großräumen jedoch leben und arbeiten rund 2,5 Millionen Menschen. In beiden Städten sind das dann zuweilen sehr viele Bürger*innen im dichtbesiedelten Raum. Wer davon sich in diesen Städten regelmäßig mit dem ÖPNV bewegen will, zahlt dafür jeweils gut 900 Euro im Jahr. Knapp 100 Euro weniger werden fällig, wer als Bewohner*in in Stockholm ein Auto in der Stadt abstellen will. Ob zusätzlich oder stattdessen – das ist in der Schweden-Hauptstadt bei dem Preis durchaus eine Überlegung wert. In Frankfurt hingegen muss man darüber bisher kaum nachdenken. Dort kostet Anwohner*innenparken bisher 25 Euro – ebenfalls im Jahr, nicht im Monat. Vor diesem Hintergrund wundert kaum, dass der Anteil von »Blech« an Stockholms Straßenrändern erheblich geringer ist als in Frankfurt. Immerhin könnte man bzw. frau sich in der Main-Metropole für einen ganzjährigen Sitzplatz im ÖPNV locker über 30 Stehplätze an Frankfurter Straßenrändern leisten. Da gehen auch gerne mal ein paar mehr als einer pro Haushalt …

Grund für dieses – übrigens nicht nur im Vergleich zu Schweden, sondern zu weiten Teilen Europas – merkwürdige Missverhältnis ist eine alte Bestimmung, der zufolge Anwohner*innenparken in deutschen Städten nicht mehr als 30,70 Euro im Jahr kosten dürfe. Ein Preis, der oft nicht mal die Verwaltungskosten deckt und den einzelne Wissenschaftler schon auf bis zu 3.000 Euro beziffert haben, wenn er denn marktgerecht erhoben werden würde. Immerhin: Diese Bestimmung ist mittlerweile bundesweit gekippt, Länder und Kommunen können künftig selbst festlegen, was die Plätze für die »Stehzeuge« in ihren Straßen künftig kosten dürfen. »Stehzeuge« halten viele Verkehrsforscher*innen mittlerweile für den besseren Begriff als »Fahrzeuge«, verbringen doch die meisten der Vehikel 23 von 24 Stunden am Tag eben tatsächlich im Stehen. Derzeit geraten mithin die Preise für das tatsächliche Bewegen im ÖPNV sowie für das reine Abstellen eines Verkehrsmittels im Straßenraum erheblich in Bewegung. Genauer: Sie nähern sich wie in anderen Ländern einander an. Während in vielen deutschen Städten – auch in Frankfurt – über das 365-Euro-Jahresticket für Busse und Bahnen nachgedacht wird, sinnieren die gleichen Städte nach halbwegs angemessenen Preisen für den Platz, den ein einzelnes Auto beim Rumstehen so belegen darf. Von gut 800 Euro wie in Stockholm ist hier nicht die Rede. Doch 360 Euro etwa ist durchaus eine gängige Größenordnung. Die Frage ist auch, ob eher nach Stehzeug-Größe oder nach Einkommen der (zuweilen) Fahrenden gestaffelt werden sollte. Tübingens Noch-Grüner OB Boris Palmer möchte mit dieser Summe speziell SUV belegen, und bei anderen Fahrzeugen nach unten staffeln. Nachgedacht wird ebenfalls, ob E-Mobilität oder gar Vielfach-Nutzung mittels Carsharing eine Rolle spielen sollten. Apropos Carsharing. Bisher hatten Mobilitätsforscher*innen oft gestritten, ob das Teilen von Autos deren Zahl in den Städten tatsächlich reduziert. Faktisch nämlich stieg die Zahl der privaten »Stehzeuge« an vielen Orten trotz Carsharing. Weshalb Forscher*innen zuweilen annahmen, dass eher viele bisherige Nicht-Autofahrer*innen das Carsharing zusätzlich zum ÖPNV statt bisherige Autofahrer*innen solches als Auto-Ersatz nutzten. Einen Effekt sahen sie eher in der Abschaffung von Mehrfachfahrzeugen in einzelnen gut bestückten Haushalten. Letzterer Effekt zumindest könnte mit den erhöhten Parkgebühren deutlich beschleunigt werden. Auch der Abbau von sehr selten genutzten Stehzeugen.

Anwohner*innenparken ist nicht die einzige Stellschraube, mit welcher Städte versuchen, die zahllosen Autos an den Straßenrändern zu minimieren. Auch die Gebühren in Parkhäusern und an Parkautomaten rücken ins Blickfeld. Darmstadt hat gerade beschlossen, diese rund um sein neues Weltkulturerbe Mathildenhöhe drastisch auf zehn Euro pro Stunde zu erhöhen. Verkehrsplaner*innen sehen in den neuen Maßnahmen Steuerungsmöglichkeiten, um die Menschen mehr auf zwei Räder respektive Füße sowie in Bahnen und Busse zu bringen. Nicht ohne allerdings darauf zu verweisen, dass dort dann allerdings nicht nur die Mindereinnahmen für die gesenkten Preise ausgeglichen, sondern auch die Qualität und Quantität der Busse und Bahnen ausgebaut werden müssten. Weniger dramatisch schätzen sie übrigens oft die Situation für Zuliefernde, Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Pendler*innen aus dem Umland ein, die alle oft auf ihre Autos angewiesen sind. Diese Autos würden weniger ins Gewicht fallen, wenn die Masse kaum genutzter Stehzeuge abgeschmolzen würde, und könnten ohnehin mit kreativen Lösungen wie Park-and-Ride oder Lastenrad-Diensten aufgefangen werden. Nur im Gesamtpaket macht Verkehrspolitik aus Sicht vieler Expert*innen nämlich wirklich Sinn (vss.).