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Selten waren für Studierende in der Region in den letzten Jahren Wohnheimplätze so leicht zu finden wie offenbar hier in Fulda 
Quelle: BATIIa • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Uni-Städte ohne Studierende?

Erst mal Inserate studieren

Studierendenbuden werden immer knapper

Seit diesem Semester füllen sich die Hörsäle der Hochschulen in der Region wieder. Zum Glück aber erst langsam. Denn der Wohnungsmarkt ist auch in den Corona-Jahren weiter angespannt. Das spüren vor allem neu hinzukommende Studierende. Aber auch die, die schon da sind. Dazu kommen hausgemachte Probleme. Wohnheimplätze wachsen nicht so schnell nach, wie sie gebraucht werden. Und mancherorts wie in Mainz verschwinden sie sogar unversehens.

Die Überschrift klang gut: »3000 neue Wohnheimplätze« – darüber freuten sich zum Semesterbeginn die hessischen Minister*innen für Wissenschaft und Wohnungsbau. Kleiner Haken: 3.000 Plätze in den letzten zehn Jahren. Rund zwei Drittel davon in den beiden großen Hochschulstädten Frankfurt und Darmstadt. Großer Haken: Gleichzeitig wuchs die Zahl der Studierenden um rund 30 Prozent oder – je nach Lesart – um rund 50.000 bis 70.000 Studierende. An staatlichen Hochschulen stieg die Zahl von 175.000 auf 224.000. Doch Druck auf Studierende machen neben dem Wohnungsmarkt auch die Verdoppelung der Kommiliton*innen an den nicht-staatlichen Hochschulen. Nimmt man diese und den im Rhein-Main-Gebiet nicht unwichtigen Standort Mainz mit der zweitgrößten Universität und einer weiteren Hochschule hinzu, kommt man auf über 300.000 Studierende, davon 170.000 im engeren Rhein-Main-Gebiet. Immerhin hat man in der Wiesbadener Landesregierung erkannt, dass es da eine Schieflage gibt, und will möglichst schnell weitere 1.000 Plätze für die kommenden Jahre bereitstellen.

Auf der anderen Rhein-Seite in Mainz scheint man da nicht so weit zu sein. Auch dort tummeln sich nach drei langen Online-Semestern wieder Studierende auf dem Campus. Doch die könnten bald zum Problem werden. Auch wenn die Wohnheime während der Pandemie bis zu zehn Prozent Leerstand hatten. Die meisten der gut 5.200 Erstsemester brauchten wieder eine Unterkunft am Studienort und füllen die Lücken schnell wieder auf. Umso erstaunlicher war im Sommer die Nachricht, dass das größte Mainzer Wohnheim im Ortsteil Hechtsheim Ende März geschlossen wird. Im August informierte das Studierendenwerk die Bewohner*innen über ihren bevorstehenden Auszug. Wer sich dazu entschied, bereits zu diesem Semester auszuziehen, musste innerhalb von zwei Monaten eine neue Bleibe finden. Gestrichen werden musste bei Auszug übrigens trotzdem – Schließung hin oder her.

Doch warum überhaupt die Schließung? Zu alt und nicht mehr den Ansprüchen an Studierendenwohnraum genügend, lautete die Begründung des Studierendenwerks. Eine Sanierung sei sowohl für die Eigentümerin des Gebäudes als auch für das Studierendenwerk nicht wirtschaftlich. Den mangelhaften Zustand des Wohnheims wird in der Tat kaum jemand abstreiten, der einmal dort gewohnt oder auch nur einen Fuß dort hineingesetzt hat. Angesichts des jahrelangen Versäumnisses, sich um die Instandhaltung oder Modernisierung des Komplexes zu kümmern, ist die bevorstehende Aufgabe des Standortes zwar keine Überraschung, aber eine Belastung. Mainz ist ohnehin eine von der Fläche her vergleichsweise kleine Stadt für ihre über 217.000 Einwohner*innen, von denen 17 Prozent Studierende sind. Kleine Fläche, viele Bewohner*innen – bundesweit liegt die Stadt bereits auf Platz 9 der Städte mit den höchsten Mietpreisen. Zusätzliche Konkurrenz durch »Studi-WGs« könnten die Preise weiter in die Höhe treiben und den Wohnraum weiter verknappen.

Deshalb überrascht die, zumindest vorerst ersatzlose, Schließung des Hechtsheimer Wohnheims. Es ist mit 672 Plätzen nicht nur das größte in Mainz, sondern auch das günstigste. 320 Euro kostet(e) ein Zimmer. 325 Euro sind beim Bafög für Wohnen vorgesehen. Die anderen Wohnheime des Studierendenwerks kosten jedoch bis zu 450 Euro im Monat. Das Studierendenwerk zeigte sich zumindest vorerst entgegenkommend: Wer wollte, konnte bei gleichbleibender Miete in eines der anderen neun Wohnheime ziehen – aber nur für zwei Semester, danach falle die reguläre Miete an. Ein Umstand, den sich nicht jede*r Studierende leisten kann. Nicht wenige haben während der Pandemie ihren Nebenjob verloren. Für dieses Semester scheinen wohl alle Studierende, die sich auf einen Wohnheimplatz beworben haben, auch einen bekommen zu haben. Aber in Corona-Zeiten stagnieren oder sinken überall die Zahlen. Doch wie sieht es nächstes Jahr aus, wenn sich wie all die Jahre zuvor wieder mehr Menschen einschreiben und Studierende aus der ganzen Welt ein Auslandssemester in Mainz machen? 200 bis 300 Bettenplätze würde das Studierendenwerk gerne zusätzlich auf dem Campus schaffen. Doch selbst diese Maßnahme würde den Verlust nur zu einem Drittel kompensieren. Und wann damit zu rechnen wäre, scheint ohnehin offen. Ebenso, was mit dem Gebäude in Hechtsheim passieren soll. Da die Betreiber bisher argumentierten, dass eine Sanierung unrentabel sei, erwarten Beobachter einen Abriss und den Neubau familienfreundlicher Mehrparteienhäuser, wie sie schon in der Nachbarschaft zu finden sind. Sicher gut für die Familien – aber kaum für die Studierenden in der sich so gerne als jugendliche Uni-Stadt präsentierenden Landeshauptstadt (ucm./sfo.).