©
Luxemburgs Bahnen - Schrittmacher für Europa ?
Quelle: Smiley.toerist • CC BY-SA 4.0 (s.u.)©

Blaupause | Verkehr

ÖPNV wie in Luxemburg

Das Land macht kostenlosen Nahverkehr vor

»ÖPNV kostenlos für alle geht nicht«, heißt es immer wieder. »Geht doch«, meint das kleine Luxemburg. Allerdings gilt es bestimmte Dinge zu beachten, damit dies auch zu einem Erfolgsmodell werden kann. 

Was haben Frankfurt und das Großherzogtum Luxemburg gemein? Nun, beide haben für ihre Verhältnisse als Land und als Stadt eine sehr kompakte Größe. Hier wie dort leben etwa gleich viele Menschen, 620.000 in Luxemburg, 750.000 in Frankfurt. Und als Wirtschaftsmetropolen ziehen beide täglich weitere Hunderttausende an. Und leiden mithin schon seit geraumer Zeit an massiven Verkehrsproblemen. Was macht Frankfurt dagegen? Führt jedes Jahr für einen halben Tag sogenannte »Sommerstraßen« ein und sperrt rigoros ebenfalls Jahr für Jahr eine komplette Straße in der Innenstadt für den Autoverkehr. Eine komplette Straße? Na ja. Ein Stück Straße zwischen zwei Brücken, immer wieder mal für ein paar Wochen im Sommer. Und in dieser Zeit wurde viel darüber diskutiert, ob man das »Stück Straße« überhaupt brauche. Über Ausweitungen reden wenige.

Richtige »Verkehrswende« findet eher in Luxemburg statt. Als erstes Land der Welt hat das Großherzogtum den öffentlichen Nahverkehr zur öffentlichen Domain erklärt und kostenlos gestellt. Bereits vor Corona wurden Ticketautomaten abgebaut und Kontrolleur*innen umgeschult. Bürger*innen wie Pendler*innen aus ganz Europa dürfen seither in Zügen, Trams und Bussen kostenlos mitfahren. Die Kosten waren schnell ermittelt. 41 Millionen Euro pro Jahr, kurzerhand verfügt durch eine Ampelkoalition aus Liberalen, Grünen und Sozialisten, die mit dem aufsehenerregenden Schritt die Verkehrswende starten wollten. Weitere Maßnahmen für die kommenden Jahre: ein um 60 Prozent auf 800 Millionen Euro pro Jahr gesteigerter Mobilitätsetat, der Ausbau des Tram- und Busnetzes sowie eine Verdoppelung der Park-and-Ride-Plätze an den Landesgrenzen. Noch zwei Zahlen: 600 Euro pro Einwohner sollen in den Ausbau des Nahverkehrs fließen (in Deutschland sind es rund ein Zehntel), und die Taktung der zentralen Straßenbahn soll in Stoßzeiten von fünf auf drei Minuten verdichtet werden, um Fahrpläne überflüssig zu machen. Apropos Straßenbahn. Es gibt zwar erst eine Strecke quer durch die Hauptstadt. Aber die kommt schick und hochmodern daher, wurde sie doch erst 2017 in Betrieb genommen.

Verkehrsexperten bestätigen Luxemburg, mit diesem Gesamtkonzept für die Zukunft auf gutem Wege zu sein. Einzelmaßnahmen – so ihr einhelliges Credo – nützen wenig, wenn etwa neben den Gratisfahrten nicht auch Komfort wie Takt, Kapazitäten und Sauberkeit bei den Bahnen und flankierende Maßnahmen drumherum hinzukommen. Das hört man auch immer wieder, wenn man sich für Frankfurt mit Verantwortlichen des regionalen Verkehrsverbundes RMV unterhält. Zwar wird auch rund um die Mainmetropole mittlerweile ernsthaft über ein flächendeckendes 365-Euro-Jahresticket als Einstieg diskutiert und könnte ein 49-Euro-Ticket ein erster Versuch sein. Doch aus dem RMV ist zu hören, dass die Politik für eine dauerhafte Lösung nicht nur den Einnahmeausfall zu den bisherigen Jahrestickets (für Frankfurt etwa stolze 900 Euro) und eben jenen 49-Euro-Tickets bewerkstelligen, sondern auch zumindest Gelder zum Ausbau der Kapazitäten für das erhoffte Mehraufkommen bereitstellen müsste. Denn schon jetzt stoßen Züge und Busse außerhalb in Stoßzeiten an ihre Grenzen. Ansonsten könnte sich der Umstieg schnell als Luftnummer erweisen. Auch den Luxemburger*innen kommt bei ihrer jetzigen Gratis-Maßnahme entgegen, dass zuvor ihre hochmoderne Tram ihren Dienst aufnahm und Lust zum Umsteigen machte. Um diesen konzeptionellen Umstieg aber zu gewährleisten, bedarf es politischen Willens und vor allem Handelns. Ersteres scheint in Frankfurt mittlerweile zumindest vorhanden zu sein … (vss.).