Das Refugees' Kitchen mitten im Leben
Quelle: Christoph Stark / KITEV©

Orte für Menschen [2]

Lebendige soziale Skulptur

Das Refugees' Kitchen in Oberhausen

Das Refugees’ Kitchen in Oberhausen könnte man tatsächlich als eine lebende soziale Skulptur bezeichnen: Ein eigenwilliger multifunktionaler Kubus wird zur Heimat für geflüchtete Menschen, von der aus sie über ihr Essen und ihre Kultur eigene Kompetenzen in die hiesige Gesellschaft einbringen können. Refugees’ Kitchen blieb dabei offenbar nicht nur ein »Kunstprojekt«, sondern brachte laut den Organisatoren bisher auch allen Geflüchteten Arbeitsplätze in lokalen Unternehmen. 

Die Idee: Eingebettet in zahlreiche weitere Aktivitäten des Kulturkollektivs KITEVKultur im Turm e. V. – nutzt Refugees‘ Kitchen einen umgebauten Kleinlaster mit einer Container-Küche als mobile Kantine. Refugees‘ Kitchen soll ein funktionelles Kunstwerk sein. Essen und Trinken werden bei jedem Catering von der basalen Erfüllung von Grundbedürfnissen zum performativen Akt, der den Austausch über Kultur, Politik und die sozialen Hintergründe der jeweils Kochenden fördern soll. Das Integrationsprojekt gibt Geflüchteten die Rolle der Gastgeber*innen – ein gewollter Bruch mit dem zugewiesenen Status der Geduldeten.

Der Ort:  Refugees‘ Kitchen hat als mobiler Ort begonnen. In einer Industriehalle wurde monatelang an dem Küchentruck geschraubt und lackiert, fachliche Kenntnisse ausgetauscht, soziale Kontakte zwischen Geflüchteten, dem Kollektiv KITEV und beteiligten lokalen Handwerker*innen geschaffen und Deutsch geübt. 2016 führte die »Jungfernfahrt« auf die bekannte Zeche Zollverein. Wo immer das Küchenmobil seither Station machte, entstand mit dem Essen die Möglichkeit zu Verständigung, Miteinander und Dialog, eröffnet von den Köch*innen, die ihre Geschichten mit den Gerichten verknüpfen – und Gesprächsrunden und Begegnungen ebenso wichtig finden wie das leibliche Wohl. Seit einiger Zeit gibt es zudem die »KüfA«, die »Küche für alle«, in einem selbstverwalteten Stadtteil- und Nachbarschaftszentrum in der Oberhausener Innenstadt, und Ende 2020 wurde eine prominent im Bahnhofsgebäude platzierte dauerhafte gastronomische Einrichtung eröffnet.

Programm: Kochen und gemeinsames Essen sind zentrale programmatische Elemente von Refugees‘ Kitchen, verbunden mit Möglichkeiten des Spracherwerbs, des Zuverdienstes für die Köch*innen sowie der Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Das Projekt ist mit einer Vielzahl von Vorhaben des Kollektivs KITEV vernetzt, die 2006 mit der Umnutzung des Wasserturms am Oberhausener Hauptbahnhof begannen. Empowerment des lokalen sozialen Umfelds sowie Interventionen in den urbanen Raum mit den Mitteln der Kunst bilden den roten Faden zwischen den einzelnen Projekten. Migration und Fluchterfahrung sind für diese Projekte ein zentrales Thema.

Akteur*innenKITEVKultur im Turm e. V. – besteht seit 2006 und führt als Verein vielfältige künstlerische Partizipationsprojekte durch. Bis heute ist der Trägerverein stark geprägt durch die Gründer*innen, eine Architektin und einen Künstler. Sie sehen sich als Vernetzer*innen und den Verein als eine Plattform für alle, deren Vorhaben zu den kulturellen und integrativen Vereinszielen passen. Am Bau des Küchenmobils haben ungefähr 50 Geflüchtete mitgewirkt, mitgekocht haben weit über 100 Geflächtete, von denen fast alle mittlerweile in Betrieben und Firmen tätig sind. Die Anzahl der ausgegebenen Essen interessiert die Macher*innen dabei weniger als die Bandbreite der Nutzer*innen: Refugees‘ Kitchen wurde etwa von Künstler*innen wie von Karnevalist*innen eingeladen …