Felix Große-Lohmann: Kultur-Förderer und Material-Recycler in seinem Ausstellungsraum
Quelle: Alexander Paul Englert©

Serie • Möglich-Macher*innen

Felix Große-Lohmann … lässt kreativ sein

Ein Kulturschaffender, der für andere Materialien sammelt

Künstler*innen brauchen Materialien, mit denen sie arbeiten können. Veranstalter*innen brauchen Bühnen, Podien und anderes. Museen, Unternehmen und andere haben Bühnen oder Materialien, die sie oftmals nicht mehr brauchen. Felix Große-Lohmann sammelt, lagert zwischen, bringt beide und beides zusammen und lässt Kreative und Künstler*innen damit arbeiten. Er hilft Kolleg*innen, der Umwelt, sich selbst und, ach ja, eigentlich auch Institutionen und manchem Unternehmen …

Felix Große-Lohmann hat die Türen zu seinem freien Ausstellungsraum »Husselhof« in einem Hinterhaus an der Koblenzer Straße im Gallus weit geöffnet. Der Blick fällt auf die keramischen Skulpturen der in Frankfurt lebenden Künstlerin Filippa Pettersson, die auf dem Boden installativ angeordnet sind. »Creatures« nennt sie die Objekte, die sie organisch anmutend ausgeformt hat. Den nicht-kommerziellen Ausstellungsraum hat Große-Lohmann 2013 eröffnet, um zeitgenössischen Kunstproduktionen einen Raum zu geben. Den Hintergrund als Ausstellungsmacher – also jemand, der die Sorgen und Nöte des Kunstbetriebes selbst gut kennt – muss man wissen, ist er doch auch der Hintergrund einer weiteren Idee, die Große-Lohmann seit gut drei Jahren verfolgt …

»MFA« heißt das Projekt ganz kurz – und ist längst mehr als ein Projekt. Die Abkürzung steht für »Material für Alle«. Dahinter steht der Gedanke, erst einmal Materialkreisläufe nachhaltig zu gestalten; vor allem mit Fokus auf Kunst und auf Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet. Große-Lohmann sammelt Materialien, die zum Beispiel bereits für Ausstellungen in Museen oder für Veranstaltungen genutzt wurden: MDF-Platten, Teppiche, Sockel oder Rahmen. Und er stellt sie Künstler*innen, Kreativen oder sozialen Projekten kostengünstig zu fairen Preisen wieder zur Verfügung. Zuletzt etwa war er für das Setting des urbanen Festivals Cityvista zuständig, sorgte mit drei portablen Veranden für Sichtbarkeit, Regen- und auch noch Sonnenschutz. »Material für Alle« ist eine Idee, von der nicht nur alle Beteiligten profitieren, sondern die eben auch besonders nachhaltig ist, indem dadurch die Materialien vor der Entsorgung gerettet werden und Müll vermieden wird. Ausstellungshäuser etwa haben meist keine Kapazitäten, um Materialien zu lagern und müssten diese sonst kostenpflichtig entsorgen, erklärt Große-Lohmann.

Kennengelernt habe er die Idee selbst einige Jahre zuvor bei einem Besuch eines befreundeten Künstlers in New York. »Material for the Arts« heißt das städtische Programm, das Ende der 70er Jahre in der US-amerikanischen Metropole ins Leben gerufen wurde. »Ich war begeistert, dass es in New York so ein Angebot gibt, und habe mich auf dem Rückflug gefragt, warum so etwas bisher noch nicht in Frankfurt realisiert wurde«, erzählt er. Ende 2018 sei der Startschuss seines MFA-Projekts gefallen. Um es langfristig auf die Beine zu stellen, habe er von Beginn an den Gedanken verfolgt, es auch wirtschaftlich aufzubauen. Dafür hat er ein rund 90 Quadratmeter großes Lager im Gewerbegebiet von Frankfurt-Seckbach gemietet, das er mit den gesammelten Materialien füllen kann. »Und es funktioniert«, sagt er. Um die Idee zu etablieren und zu verstetigen, sei aber langfristig ein größeres Lager unumgänglich. Doch das müsse eben auch erst einmal finanziert werden. Auch die Möglichkeiten der Digitalisierung möchte er nutzen. Eine MFA-App gibt es bereits, über die im Lager zur Verfügung stehende Materialen abgefragt werden können. Auf seinem Handy zeigt er, wie die App noch eingesetzt werden kann. Zum Beispiel bei einem Holzbalken, den er virtuell in 3D vor seiner Galerie ablegen kann. So könne jeder selbst prüfen, ob das Material für ein geplantes Projekt geeignet sei, ohne selbst vor Ort vorbeischauen zu müssen. »Die Digitalisierung löse viele Probleme des analogen Recyclings«, schaut er auch bereits über den Tellerrand hinaus. Über Schnittstellen zu grafischen Gestaltungsprogrammen etwa möchte er den Künstler*innen künftig die Möglichkeit geben, Modelle direkt mit den ausgewählten Materialien aus dem Lager am PC zu entwickeln. So könne die Liste der für die Umsetzung notwendigen Materialien bereits mitgeplant werden. Außerdem möchte er Möglichkeiten zur digitalen Vernetzung der Akteure untereinander schaffen. Überhaupt ist Große-Lohmann sehr interessiert an neuen, zukunftsorientierten Konzepten. Er hat an der Frankfurter Goethe-Universität Kunst­päd­ago­gik und Englisch auf Lehr­amt studiert und entwickelte in dieser Zeit eine große Affinität zur Gegenwartskunst, sammelte praktische Erfahrungen im Galeriebetrieb, knüpfte Kontakte zu Künstlern und entschied sich schließlich, trotz der erfolgreich abgeschlossenen beiden Staatsexamina, einen ganz anderen Weg in die Selbständigkeit zu gehen (alf.).