Ein Thema, zwei Wochen, vier Städte
Quelle: D. Matvejevas / Tanzfestival RM©

Festivals | Tanzfestival

Durch die Lücke(n) tanzen

Darmstadt, Frankfurt, Offenbach, Wiesbaden

»Mind The Gap« – Vordergründig kennt man die Worte aus der U-Bahn. »Auf die Lücke(n) achten« könnte aber fast auch schon ein Zeitmotto sein. »Lücken« – an manchen Stellen könnte man auch von »Gräben« sprechen – , sie tun sich in unserer Gesellschaft derzeit gar vielfältig auf. Nicht schlecht, wenn es da öfter jemanden gäbe, der zum Schließen, zum Überwinden, zumindest aber zum Beachten aufrufen, noch besser: »beitragen«, würde. »Mind The Gap« ist somit ein gut gewähltes Motto. Gerade für das Tanzfestival RM (RM für ein RheinMain, das oft selbst nur mühsam seine Lücke(n) schließt), das auf den Bühnen auf Lücken aufmerksam machen kann, das aber auch mit Kreativität, mit Miteinander, nicht zuletzt mit dem kühnen Sprung der Tanzenden Lücken überwinden kann. »Mind The Gap« – Gute zwei Wochen lang loten beim diesjährigen Tanzfestival RM Ensembles aus der Region und aus der ganzen Welt Lücken aus. Fast ikonisch stand direkt am Anfang mit »Core« die Rückkehr der Choreographen-Größe Rui Horta, eine der legendären Figuren der Frankfurter Tanzszene der 1990er Jahre, in die Stadt, die seinen Ruhm begründete. Nicht nur in »Core« arbeitet sich Horta am Zusammenführen von Menschen mit Menschen zusammen ab, lässt Profis und (scheinbare) Laien auf seinen Bühnen gemeinsam wirken und Lücken suchen und schließen. »Lücken« sind auch das Thema der nordirischen diesjährigen Spotlight-Künstlerin Oona Doherty. Und das schon fast im Dutzend billiger. Schon das Thema ihres zentralen Stückes »Hard to be soft« über den nordirischen Arbeiter*innen-Alltag steht pars pro toto und reiht Lücke an Lücke: die zwischen Männern und Frauen, zwischen Klassen, Religionen, frühen Gender Gaps ebenso wie tiefen gesellschaftlichen Rissen. Zwei Stücke ebenso pars pro toto für viele Spotlights auf die vielen Lücken und die vielen Versuche des Lückenschlusses in und durch die Kultur in dieser Gesellschaft, pardon: diesen Gesellschaften. Ach ja: Eine Lücke ganz eigener Art schließt das Festival höchstselbst: (fast) alle Stücke sind für Einheitspreise von 17 oder 25 Euro auf allen Plätzen zu besuchen. Und eine Lücke gibt es zumindest nicht zu beklagen: die eines guten Tanzfestivals in der Region … (vss.).