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»Thinking Tools« – aus einer anderen Zeit?
Quelle: Barbara Walzer©

Kunststücke | Lamy, Moleskine & Co.

Wider den digitalen Trend

Wahrer Luxus: Buchkalender und Schreibgeräte

Gegen Ende (m)eines jeden Jahres gibt es einen Moment, an dem das alte und das neue Jahr wie ein offenes Buch vor mir liegen. Pardon: wie zwei offene Bücher. Es ist der Moment, in dem neben den treuen Begleiter des alten der neue – noch jungfräuliche – des noch nicht begonnenen Jahres den Platz auf dem Schreibtisch einnimmt. Der neue, der nun Anfang des Jahres diesen Platz alleine innehaben wird, wenn er nicht gerade selbst den Weg zu den vielen Terminen findet, die sich im Laufe des Jahres auf seinen jetzt noch weißen und leeren Seiten ansammeln werden. Was ihn noch erwartet, davon zeugt der Vorgänger. Ein pralles, nunmehr volles Arbeits- und Lebensjahr hat ihn breiter und runder gemacht. Da er nicht nur auf dem Tisch lag, hat er manche Schramme abgekommen. Doch nicht nur außen bezeugt er Leben. Mehr noch innen mit unzähligen Terminen, Gedanken, Notizen, Zitaten, Telefonnummern, Erinnerungen …

Vielleicht ist es gerade die schnelllebige Welt um uns herum, die manche von uns nicht von solchen steten Begleitern lassen lässt. Was bei mir der Moleskine, ist bei anderen der Filofax oder der Semikolon. Einer, der einen nicht mit Piepstönen zum nächsten Termin jagt. Der zwar runterfallen kann, aber niemals abstürzen. Der Viren nicht fürchtet und dem Rotwein Patina verleiht. Er weiß vielleicht mehr über einen als der beste Freund / die beste Freundin. Wenn er erzählen würde – oder andere das Gekrakel lesen könnten. Und kein edler Kalender ohne elegantes Schreibgerät. Ob Lamy, Montblanc oder Pelikan. Ebenfalls seit Jahren das gleiche, mit dem jeder Termin und jede Notiz sorgsam verewigt werden. Frankfurter Ausstellungsmacher (des Museums Angewandte Kunst) hatten vor einigen Jahren solche Schreibgeräte einmal als »Thinking Tools« betitelt – was gleichermaßen übrigens auch für die Buchkalender gilt. Für mich sind sie zusammen ein Stück Stetigkeit und Luxus. Vielleicht auch analoger Widerstand gegen die allgegenwärtige »Allsynchronität« der digitalen Terminatoren. Und apropos. Schon mal gehört, dass einem der Terminkalender geklaut wurde? Und wenn er wirklich mal verloren geht, wird einem nur bewusst, welches die wirklich wichtigen Termine darin waren. Die, die man auch im Kopf hat … (vss.).