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Werkswohnungen der Nachkriegszeit in Rheine
Quelle: Heinrich Bartmann, Architekt und Fotograf©

To Link | Süddeutsche

Comeback der Werkswohnung?

München: Sozialunternehmen übernehmen Soziales

Man glaubt es nicht so wirklich. Aber offenbar kommen große Unternehmen trotz der Not ihrer eigenen Mitarbeiter*innen am Wohnungsmarkt überhaupt nicht auf die Idee, Wohnungen für diese Mitarbeiter*innen zu bauen. Lieber geben sie horrende Summen aus, um ihrer Belegschaft Wohnungen zu mieten – oder zahlen ihnen einfach höhere Gehälter. Nicht von ungefähr spricht die Süddeutsche von einem »Leuchtturmprojekt«, zu dem sich sieben Münchner Sozialunternehmen zusammengeschlossen haben und das die Zeitung kürzlich ausführlich vorstellte. Sieben Sozialunternehmen vom Arbeiter-Samariter-Bund bis zum Sozialpsychiatrischen Zentrum haben sich zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen und wollen vorerst einmal 60 Wohnungen für ihre Mitarbeiter*innen im überhitzten Wohnungsmarkt München bauen. Denn ihr gemeinsames Problem: Sie bekommen sonst praktisch kein Personal mehr, da dieses sich Mieten bis zu 20 Euro pro Quadratmeter schlicht nicht mehr leisten kann. Eine Besonderheit, neben einem günstigen Preis von etwas über 10 Euro pro Quadratmeter, haben die Wohnungen deshalb. Sie sollen in der Regel nur auf zwei oder drei Jahre vermietet werden, um sie nicht sofort wieder vom Markt zu nehmen.

Sollte das Münchner Konzept aufgehen und Nachahmer finden, wäre es der Wiedereinstieg in das gute alte Konzept der »Werkswohnungen«, das in Deutschland einmal weit verbreitet war, in der Zwischenzeit allerdings praktisch ausgestorben ist. Beteiligte sich einst die Creme de la creme der deutschen Wirtschaft von BASF bis Krupp am Werkswohnungsbauen und förderte zu Hochzeiten in den 70er Jahren 450.000 Wohnungen zu Tage, so sind es heute bestenfalls noch 100.000. In »Wohnen beim Chef«, einem weiteren Artikel vom vergangenen Jahr, beleuchtet die Süddeutsche den Markt etwas ausführlicher. In der Tat gibt es bundesweit etwa 200 bis 300 neuere Projekte dieser Art. Doch die wirklich großen Unternehmen scheinen sich auch hier vornehm zurückzuhalten. Einzig Volkswagen wird mit ein paar Hundert neuen Wohnungen genannt. Sonst sind es oft öffentliche Unternehmen wie die Bahn oder Stadtbetriebe, die auf diese Art und Weise Mitarbeiter*innen binden. Oder kleinere Betriebe auf dem Land wie ein Großbäcker in Memmingen. Erstaunlich, dass die Idee noch immer ein Mauerblümchendasein zu fristen scheint – trotz des steten Bedarfs an Fachkräften einerseits und des vielerorts überhitzten Wohnungsmarktes andererseits (red.).