Orte der Kunst III

Die Neuzeit ab der Jahrtausendwende

Eine Sonderstellung nehmen die folgenden vier Kunstorte ein. Das AtelierFrankfurt, 2004 auf unabhängige Initiative eines Architekten im ehemaligen Polizeipräsidium eingerichtet, ist es Frankfurts erstes Atelierhaus mit 40 Studios und Veranstaltungsräumen. Geleitet von Corinna Bimboese, bespielt das Atelierhaus seit 2014 insgesamt 11.000 Quadratmeter im Frankfurter Ostend, mit 140 Ateliers und mehreren Projekt- und Ausstellungsräumen. Träger sind bei allen vier Kunstorten gemeinnützige Vereine, allerdings agiert die Produktions- und Ausstellungsplattform basis als weiteres Atelierhaus durch die Organisation des städtischen Artist-in-residency-Programms semi-institutionell. Es positioniert sich durch die Vermittlung künstlerischer Inhalte und die Befragung der Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Die Klosterpresse, eine 1967 gegründete interdisziplinäre Künstler- und Druckwerkstatt, ehemals im Karmeliterkloster beheimatet,
wird institutionell gefördert, ebenso die Ausstellungshalle 1A, in einer ehemaligen Wäscherei, von Dr. Robert Bock.

Unter den von Künstler*innen betriebenen Projekträumen, die schon länger bestehen und bis heute Bestand haben, sind die 1996 von Richard Köhler ins
Leben gerufene Galerie Zement, die Freitagsküche von Thomas Friemel & Michael Riedel – seit 2004 der beste Ort für ein Abendessen unter Künstlern, stilvollen und trendigen Menschen, der 2007 von den Künstlern Mirek Macke und Anja Czioska gegründete Kunstverein Familie Montez, seit 2008 der saasfee* Ausstellungspavillon des Künstlerkollektivs um Alex Oppermann und Moni Friebe und der seit 2013 von Felix Große-Lohmann betriebene husslehof. In diesem so kontextualisierten Kunstfeld eröffneten 2003 fünf Künstler in einem kleinen Ausstellungsraum im Frankfurter Stadtteil Bornheim unseren Kunstverein EULENGASSE – inzwischen sind es 56 kunstschaffende Mitglieder. Einige von ihnen haben ihre Arbeitsräume im AtelierFrankfurt oder in anderen Atelierhäusern. Viele Künstler*innen der genannten Atelierhäuser waren schon an Ausstellungen in EULENGASSE beteiligt. Zu den meisten der hier genannten Kunstorte gibt es vielfältige persönliche Beziehungen der Mitglieder. EULENGASSE hat in der Vergangenheit gemeinsame Projekte realisiert mit basis Projektraum, AtelierFrankfurt, Klosterpresse, MATO, Zement, Familie Montez u.a. Ein wachsendes, sich selbst erhaltendes Netzwerk.

Neuere Gründungen der Freien Szene sind die seit 2016 die von YRD.Works in Offenbach betriebene Kressmann-Halle, 2017 Atelier Wäscherei in Offen –
bach um die Künstler*innen Carolin Liebl und Nikolas Schmid-Pfähler u.a., 2018 Orbit24 von Eva Weingärtner und DeDe Handon sowie newnow artspace
von Gabriel & Andra Stoian, 2019 gründete sich in Offenbach Mañana Bold als nomadisch ausgerichteter Kunstverein, um gemeinsam mit bereits existierenden Initiativen und Räumen künstlerische Impulse in Offenbach, für das Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus zu setzen. Der 2019 ins Leben gerufene Synnika space um Naomi Rado ist interessiert, Verbindungen
mit Protagonist*innen aus unterschiedlichen Kontexten herzustellen und visuelle Installationen, Workshops, Diskussionen und andere Formate der Zusammenkunft auszurichten, die sich auf die gemeinsame Umwelt beziehen, deren urbane Realitäten einerseits zunehmend für Isolation und Vereinzelung stehen, andererseits auf globaler Ebene immer vergleichbarer werden. Und das sind sicherlich nur einige, nun gibt es nach der Pandemie einige neue Entwicklungen und bestimmt sind uns viele Räume bislang verborgen
geblieben. Hier setzt die von EULENGASSE-Mitgliedern angestoßene Initiative »Artist Run Frankfurt« an: die Vernetzung von bestehenden Projekträumen mit den Zielen einer besseren Sichtbarkeit dieser nicht-Institutionellen Kunstorte in der Kulturszene, einer gegenseitigen Unterstützung bei der Durchführung von Projekten, sowie einer strukturellen Stärkung, um
– gemeinsam mit der Frankfurter Koalition der Freien Szene – kulturpolitische Forderungen nach einer gerechten Fördermittelvergabe und Ausstellungshonoraren eine laute Stimme zu geben.