©
Salim, Rabie, Ramin - eines der Mini-Ensembles von Bridges
Quelle: Anke Karen Meyer©

Impulse für Kultur [4]

Die Umme-Ecke-Konzerte

Nachbarschaftsmusik von Bridges und Kammerphilharmonie

Längst sind sie schon nicht mehr überraschend: kleine Pop-up-Konzerte – »Nachbarschaftsmusik« genannt –, die seit Wochen sonntags auf Plätzen in Frankfurt und der Region aufploppen. Ein bisschen Jazz, anspruchsvolle Klassik, Traditionals, Pop – hinter den Sonntagsständchen stehen Musiker*innen des Bridges-Kammerorchesters und der Kammerphilharmonie Frankfurt, die derart mehr oder minder spontan ihr Publikum (auf-) suchen. In der vierten Folge der »Impulse für Kultur« schreibt darüber Bridges-Geschäftsführerin Anke Karen Meyer. 

Ein Platz, zwei, drei, vier Musiker*innen, vier, acht, sechzehn Zuhörer*innen. Immer wieder sonntags ploppen in diesen Wochen auf Frankfurter Plätzen kleine feine Mini-Konzerte auf. Etwa auf dem Martin-Luther-Platz im Nordend: ein Gitarrist und eine Mezzo-Sopranistin aus dem transkulturellen Bridges-Kammerorchester bespielen 20 Minuten lang den weitläufigen Platz vor der Kirche. Ein paar jazzige Töne, etwas Lateinamerikanisches … Ein paar Passant*innen bleiben stehen, ein paar weitere scheinen gezielt gekommen zu sein. Nach dem Konzert ein kurzer Plausch mit den Künstler*innen. Nach einer guten halben, dreiviertel Stunde ist der improvisierte Konzertsaal wieder aufgelöst, die Musiker*innen sind weitergezogen, die Passant*innen auch, oder sie hängen noch ein wenig der Musik und ihren Gesprächen nach …

»Nachbarschaftsmusik« nennt sich das, was wir von Bridges – Musik verbindet noch bis Ende August gemeinsam mit der Kammerphilharmonie Frankfurt auf Plätze in Frankfurt und Umgebung bringen. Jeden Sonntag ziehen kleine Ensembles durch die Stadt und spielen an drei Orten 20-minütige Miniaturkonzerte. Das Publikum ist eingeladen zuzuhören – oder auch einfach mitzuwandern und mit uns von einem Stadtteil in einen anderen zu wechseln, um einem anderen Ensemble zu lauschen. »Gemeinsam draußen« ist es, was die Nachbarschaftsmusik ausmacht – die Gemeinschaft im Spiel der Musiker*innen und die Gemeinschaft mit dem lang vermissten Publikum. Draußen, wo ein Lüftchen weht und das Publikum den Abstand selbst bestimmen kann. Und genau durch diesen Abstand hat sich auch wieder eine Nähe aufgebaut, werden Bekanntschaften geknüpft, neue Fans gefunden, an einzelnen Plätzen sogar ein »Stammpublikum« entwickelt. Mit dem kleinen Mini-Konzert »umme Ecke« – ohne in diesen Zeiten in Konzertsäle, Busse oder Bahnen zu müssen. Oder ein Konzert-Hopping per Fahrrad: Zum Start etwa mittags in Sossenheim, weiter nach Höchst und dann an der Nidda entlang nach Rödelheim und von dort aus nach Bockenheim oder in die Innenstadt. Alles natürlich nach einem kurzen Vorab-Check in unserer aktuellen Konzerte-Map – aber ohne App und Tests …

Das Konzept der Nachbarschaftsmusik basiert auf einer Idee der Cellistin Anna-Lena Perenthaler und wurde 2020 von der Kammerphilharmonie erstmals in ganz Frankfurt angeboten. Gemeinsam entwickeln wir es gerade weiter. Die Musiker*innen von Bridges sind zusätzlich noch mit der Jungen Szene Frankfurt unterwegs und läuten die Nachbarschaftsmusik mit Mittagskonzerten jeweils um 12, 13 und 14 Uhr exklusiv in Frankfurt Sossenheim ein. Am Nachmittag, jeweils um 16, 17 und 18 Uhr, spielen dann Ensembles der Kammerphilharmonie und von Bridges verteilt über die Stadt und punktuell auch im Rhein-Main-Gebiet. Die Programme reichen vom klassischen Instrumentalstück über Kinderlieder bis hin zu Jazz, Pop und Traditionals. Wie man es von Bridges kennt, klingen die Musikkulturen der Musiker*innen durch: persisch, kolumbianisch, osteuropäisch … So spannen sie ein vielfältiges musikalisches Netz durch die Stadt. Die Nachbarschaftsmusik will auch verstärkt den urbanen Raum für die Gemeinschaft beanspruchen und macht Musiker*innen und ihre Musik endlich wieder in der Stadtgesellschaft sichtbar und hörbar. Ein Ersatz für den Konzertsaal ist das nicht – vielen Zuhörer*innen wird durch die (teils unverhofften) Konzerte aber wieder bewusst, wie gut es tut, Live-Musik zu erleben. Und uns – das sagen wir ehrlich – tut es auch gut …