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Stadtteilfeste - Orte und Momente, in denen sich die Anwohner näher kommen sollen
Quelle: Barbara Walzer (bw.)©

Frankfurt(s) Feste im Wandel

Viertel wandeln sich, Feste auch

Gallus | Bahnhofsviertel | Brückenwall | Frankfurt

Frankfurt verändert sich rasant. Alle Zahlen über das Wachstum an Gebäuden und Menschen müssen immer wieder korrigiert werden. Kratzte man vor fünf Jahren noch an der 700.000-Grenze, so sind es längst mindestens 730.000 Menschen mit Hauptwohnsitz in dieser Stadt. Über Tag – und auch zuweilen abends – schwillt die Zahl der Menschen locker auf 1,5 bis zwei Millionen an. Und bei den Bewohnern kommen jedes Jahr rund 10.000 neu hinzu. Mit ihnen wächst Frankfurt auch in anderer Hinsicht. Ganze neue Quartiere wie das Europaviertel oder der Riedberg entstanden. Weitere sind angedacht. Viertel, deren Antlitz aber irgendwie an einstige sozialistische Zuckerbäcker- oder neue asiatische Retortenstädte en miniature erinnert. Und mit ihnen kommen viele Menschen, die erst noch Frankfurter werden müss(t)en. Oder solche, die es auf dem Durchzug durch diese Stadt eigentlich gar nicht werden wollen.

Das alles verändert Frankfurt. Gegenhalten könnten die alten Viertel. Doch auch sie verändern sich mit. Wie sehr, kann man an den Quartiersfesten sehen. Urban shorts-Redakteurin Petra Manahl hat sich mal einige der Feste (und deren Viertel) angesehen. Feste, die gerade wieder anstehen. Sie war im Gallus, das derzeit die heftigste Gentrifizierung der Stadt erlebt. Mit dem benachbarten Europaviertel »upgradet« es sich derzeit monatlich so schnell wie früher andere Stadtteile in einem Jahr – mindestens. Und nirgendwo treffen die Milieus härter aufeinander. Das urig-alternative und noch ursprüngliche Koblenzer Straßen-Fest scheint da fast ein Relikt. Doch die anstehende Verdrängung der das Fest tragenden Stadtteilinitiative Siks aus ihren Büros wirkt bereits wie ein Menetekel. Manahl war auch in Brückenwall- und Bahnhofsviertel. Dort ist alles längst schicker und sind die Preise längst merklich teurer. Dort zeigt sich auf den Festen bereits ein Graben. Da sind die mehr oder minder Alteingesessenen, die ihr Viertel-Image vom bunten Bahnhofs- oder hippen Brückenwall-Quartier transportieren wollen. Eigentlich ist schon das im Ansatz falsch, werden damit doch Quartiere zur Schau gestellt, wo die Feste eigentlich der Integration dienen sollten. Doch selbst das mit dem Image gelingt nur bedingt, wird konterkariert von Party-Massen. Irgendwie nähern sich auch diese Feste denen auf der Berger oder Schweizer, wo von den Anwohnern wenig zu sehen ist, weil Menschen von außerhalb den Ton angeben.

Bezeichnend die jüngste Pressekonferenz, auf welcher das Programm der Bahnhofsviertelnacht vorgestellt werden sollte. Auf dem Podium: ein Oberbürgermeister (aus Kalbach), ein Tourismuschef (Nidderau, hat zumindest eins seiner Büros im Viertel) und ein Stadtmarketingleiter (Bonames). Genau eine Minute sprachen die drei Herren im Anzug über die 50 Programmpunkte. Ansonsten beantworteten OB & Co. Fragen, die keiner gestellt hatte. Wir erfuhren, dass der OB nicht möchte, dass »Anzugträger« das Viertel überschwemmen, dass er selbst nach acht abends mit seinem Baby ins Viertel kommt und sich wundert, dass das Baby nicht negativ aufgenommen wird (was auch immer er damit sagen wollte), und dass mindestens zwei der drei Herren ihre Friseure im Viertel haben. Nur über die Programmpunkte erfuhren wir nichts. Kunststück: Von den 50 eigentlichen Akteuren war keiner auf dem Podium vorgesehen … (vss.).