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Aus der vielleicht letzten Einladung zu einem Koblenzer Straßenfest?
Quelle: © SIKS©

Ein Brief aus dem Gallus (pem.)

Gallus-Gallier ohne Zaubertrank

Das Gallus, seine Nachbarn und sein Straßenfest

Bevor der böse Geist der Gentrifizierung ins Gallus waberte, war es einmal ein industriell-gewerblich geprägter, multikultureller Stadtteil für Menschen, die günstige Wohnungen oder Nischen für Kreatives suchten. Inklusive sozialer Konflikte. Heute ist das Gallus mit dem argwöhnisch betrachteten neuen Europaviertel, das sich wuchtig zwischen altem Gallus und der Messe hineindrängt, vielleicht die Blaupause für das rasante Wachstum Frankfurts. Das politische Bemühen um ein Zusammenwachsen des alten und des neuen Viertels und um Integration ist groß – und zwar um eines, das über die Magie der neuen Mega-Shopping-Mall für die Gallus-Kids hinausgeht. Allerdings drängt die Zeit, denn das Gallus gentrifiziert sich erschreckend schnell – schneller als das restliche Frankfurt.

Doch es gibt auch noch immer »das andere Gallus«, das sich aufbäumt gegen all das neue Glatte, ach so Dynamische und gegen eine Fixierung auf Profit und die Vertreibung der Vielfalt. Beispielgebend engagiert sich seit über einem Jahrzehnt der Verein Stadtteilinitiative Koblenzer Straße e.V. (SIKS) für die aktive Gestaltung des öffentlichen Raumes und des Lebens im Viertel durch die Bewohnerinnen und Bewohner selbst. Er stellt engagierten Menschen eine Plattform zur Verfügung, mit deren Hilfe vielfältige kulturelle, künstlerische und soziale Veranstaltungen gemeinschaftlich umgesetzt werden können. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Aktivitäten, die weder profit-orientiert, kulturell-national noch konfessionell sind – sondern die das Gemeinschaftliche fördern. Das honorierte die Stadt Frankfurt 2006 mit ihrem Integrationspreis.

Zum guten Zusammenleben gehört es auch, miteinander feiern zu können. So wie einmal im Jahr Ende August auf Einladung der Stadtteil-Initiative beim längst legendären Koblenzer Straßenfest. Mit Livemusik, diversen DJs, Kunstausstellungen, Essen und Getränken, Spaß für kleine und große Menschen, einem Flohmarkt, Bingo und mehr. Und bunte Vögel sind auch dabei: Sie ziehen von drinnen nach draußen, um sich den öffentlichen Raum zu eigen zu machen und ihn miteinander zu teilen. So wie es auch auf einem Plakat des Festes im letzten Jahr 2016 zu sehen war. Aber in diesem Jahr hat alles Feiern einen bitteren Beigeschmack. Das SIKS muss Ende 2017 sein angestammtes Laden-Domizil inmitten der Koblenzer Straße verlassen. Gekündigt. Um nicht zu sagen: gentrifiziert. Und wie es mit dem Fest dann weitergeht, ist damit auch offen. Offen sprachen die Macher bereits für 2017 vom »letzten Koblenzer Straßenfest«. Bleibt zu hoffen, dass das SIKS seine Arbeit fortsetzen kann. Es wird im Gallus mehr denn je gebraucht. Und auch das Koblenzer Straßenfest … (pem.).