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Unvollkommene Perfektion
Quelle: MUDE©

Welt-Orte | Das MUDE in Lissabon

Design im verwundeten Haus

Museum für Design, Mode - und Veränderung

Braucht Museales glatte Wände, liebt nur die Off-Kultur es rauh und unverputzt? In Lissabon sieht man das anders. Wer im Zentrum der Stadt hinter der übergroßen Praça do Comércio den klassizistischen Arco do Triunfo durchquert, streift auf der Rua Augusta ein prächtiges Haus aus den 1920er Jahren: das MUDE, das Museum für Design und Mode.

»Mude« steht portugiesisch für »Veränderung«. Und bezeichnender könnte ein Name nicht sein. Das verwundete Innere der Räume ist zunächst ein Schock und krasser Gegensatz zur vollendeten Gestaltung der Objekte. Die ästhetischen Wunden sind Konzept und Thema zugleich. Sie resultieren aus der Geschichte der früheren Handelsbank BNU und dessen Architekten und (Neu-)Gestalters in den 60ern, Christano da Silva. Das MUDE provoziert dadurch eine auch kritische Auseinandersetzung mit Architektur, Design, Kultur und Geopolitik im urbanen Raum.

Nach dem damaligen Auszug der Bank begann ein Investor mit der Sanierung. Doch abgeschreckt durch die Auflagen des Denkmalschutzes wurde das bereits inwändig demontierte Gebäude an die Stadt übergeben. Das Museum richtete sich 2009 mit internationalen Design-Schätzen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart von Le Corbusier über Christian Dior und Yves Saint Laurent bis Arne Jacobson und Tom Dixon im Provisorium ein. Vor allem die riesige Schalterhalle ist unglaublich. Über dem elegant-bombastischen Tresen offene Leitungsschächte und Decken, unverputzte Wände, nackter Raum. Sehenswert auch das seitliche Treppenhaus mit seiner kühlen Klarheit und Pracht im Art Deco. Dazu unbarmherziges Neonlicht, das rohe Betondecken anstrahlt. Und im ersten Stock der mondäne frühere Konferenzraum der Bank.

Von den insgesamt acht Etagen werden bislang erst die unteren bespielt: neben der festen Schau und Wechselausstellungen ist hier auch der Designnachwuchs verortet. Doch auch wegen all der architektonischen Details lohnt ein ausgiebiger Blick über die gezeigten Objekte hinaus. Das MUDE jongliert so mit unseren Sehgewohnheiten und -erwartungen – und füttert gleichermaßen alle Sinne (pem.).