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Nur eine Vision? Der Mainkai und die Menschen
Quelle: Moritz Bernoully / Making Frankfurt©

Impuls | Making Frankfurt

Mehr als eine Durchfahrt

Ein Appell für den autofreien Mainkai

Anfang September endete die rund einjährige Sperrung des Frankfurter Mainkais für den Autoverkehr. Mehrere Initiativen setzen sich für die dauerhafte Fortführung des Experimentes ein, sehen darin den Anfang für eine autofreiere und lebenswertere Innenstadt. Urban shorts dokumentiert in leicht gekürzter Form einen Offenen Brief der Initiative Making Frankfurt.  

Am nördlichen Mainufer zwischen Alter Brücke und Untermainbrücke rollen wieder Autos und LKWs. Am 1. September endete das von der Römerkoalition durchgeführte Verkehrsexperiment, den Mainkai für 13 Monate für den Autoverkehr zu schließen. Durch die Corona-Pandemie war es nicht möglich, innerhalb dieses Zeitraums eine wissenschaftlich fundierte Auswertung des Experimentes vorzunehmen. Gleichzeitig konnten wir alle in den letzten Wochen und Monaten erleben, wie die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und unsere Gäste von außerhalb diesen Stadtraum für sich entdeckt und intensiv genutzt haben. Wie sich dort ein buntes und vielfältiges Leben entfaltete, wie aus einem Verkehrs- ein Stadtraumexperiment wurde, wie die Vision einer verkehrsberuhigten und irgendwann auch autofreien Innenstadt sichtbar und manifest wurde – nicht zuletzt als Folge der Corona-Einschränkungen. Wir haben gemerkt: Dieser Ort ist zu weit mehr berufen als für die Durchfahrt. Viele europäische Städte beneiden uns um einen solchen Möglichkeitsraum am Fluss.

Eine klare Mehrheit von 57 Prozent der Frankfurterinnen und Frankfurter ist für eine dauerhafte Sperrung des Mainkais für den Autoverkehr, nur 21 Prozent wünschen sich, dass dort wieder PKW und LKW fahren. Das hat eine von der Stadt in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage ergeben. Und auch unter den Stadtverordneten gibt es dafür eine Mehrheit jenseits von parteipolitischem Koalitionskalkül. Doch die CDU-Fraktion im Römer blockiert hartnäckig eine mögliche Verlängerung der Sperrung und SPD und Grüne wollen einen Koalitionsbruch verhindern. Wir appellieren an die Entscheidungsträger. Verlängern Sie die Sperrung für mindestens zwei weitere Jahre! Machen Sie gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern aus dem Verkehrs- ein Stadtraumexperiment! Ermöglichen Sie temporäre Umbaumaßnahmen, die über die bloße Absperrung hinausgehen und  Aufenthaltsqualität bieten! Rufen Sie zu einem internationalen Ideenwettbewerb für die dauerhafte Neugestaltung des Mainkais auf! Begleiten Sie das Experiment durch bedarfsgerechte Verkehrsmessungen, Studien und Maßnahmen, um die angrenzenden Stadtteile zu entlasten! Organisieren Sie ein Innenstadtforum, in dem Bürgerinnen und Bürger mit Experten und Entscheidungsträgern über die Zukunft der Innenstadt debattieren!

Mit unserem Appell knüpfen wir an die historische Bedeutung des Mainkais für Handel, Kultur, Gesellschaft und Stadtstruktur an. Denn hier am ehemaligen Fahrtor schlug über Jahrhunderte das Herz unserer Stadt – und an eben dieser Stelle soll es auch in Zukunft wieder schlagen! Frankfurt hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, wie bürgerschaftliches Engagement im Schulterschluss mit Politik und Verwaltung zu guten Ergebnissen führt. Ein dauerhaft vom Autoverkehr befreiter Mainkai wäre ein starkes Zeichen! Und ein Anfang. Für mehr Aufenthaltsqualität und neue öffentliche Freiräume für alle in der Innenstadt, für eine selbstbewusste und zukunftsorientierte Verkehrspolitik in Zeiten des Klimawandels und für eine weltoffene, lebenswerte Metropole, die auch über die Stadtgrenzen hinaus Zeichen setzt! Es gilt, gemeinsam mutig zu sein – für ein lebenswertes Frankfurt heute und morgen! Liebe Koalition im Römer, nutzen Sie die historische Chance, das frisch aufkeimende urbane Leben am Mainkai zu unterstützen! Ermöglichen Sie im Sinne der klaren Mehrheit der Frankfurterinnen und Frankfurter eine Fortführung der Autofreiheit am Mainkai! Gehen Sie auf entsprechende Kompromiss-Angebote ein und bauen Sie politische Brücken! Und bringen Sie Ihre Zukunftsideen in das Stadtraum-Experiment ein!